Ausgabe 47 - 07 Das Stadtmagazin . BLOG
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28<br />
Juni 2013<br />
| dnt weimar |<br />
Verdrängte Leidenschaften<br />
und vergebliche Hoffnungen<br />
Fotos: Thomas Müller<br />
Zum Saisonabschluss bringt das Deutsche Nationaltheater Weimar im großen Haus William Shakespeares<br />
»Kaufmann von Venedig« und Giacomo Puccinis »Madama Butterfly« auf die Bühne.<br />
Vom »Wintermärchen« über »Falstaff«<br />
und »Viel Lärm um Nichts« bis hin zu<br />
den Sonetten — das Deutsche Nationaltheater<br />
Weimar hatte in der aktuellen Spielzeit<br />
jede Menge Shakespeare im Programm.<br />
Und mit der bitter-tragischen Komödie »Der<br />
Kaufmann von Venedig« kommt in einer<br />
Neuinszenierung von Claudia Meyer zum<br />
Saisonende noch ein weiteres Stück des großen<br />
englischen Dramatikers hinzu.<br />
Obwohl er momentan Liquiditätsprobleme<br />
hat, erklärt sich der venezianische Kaufmann<br />
Antonio bereit, seinen Freund Bassanio bei<br />
der Brautwerbung um die schöne und reiche<br />
Portia zu unterstützen. Die notwendigen finanziellen<br />
Mittel dafür leiht er sich bei seinem<br />
Feind, dem Juden Shylock. Der von allen<br />
verachtete Geldverleiher verlangt dafür nur<br />
einen Pfand: Sollte Antonio seine Schulden<br />
nicht begleichen, darf Shylock ihm ein Pfund<br />
Fleisch aus dem Körper schneiden. Seiner<br />
Sache sicher, unterschreibt Antonio bedenkenlos,<br />
denn in Venedig werden heilige Eide<br />
häufig geschworen und gebrochen, ernsthafte<br />
Versprechen leicht gemacht und sofort vergessen.<br />
Doch Shylock ist fremd in der Lagunenstadt<br />
…<br />
Ausgehend von Shakespeares Venedig<br />
führt Regisseurin Claudia Meyer in die Gegenwart<br />
des globalen Kapitalismus. In dieser<br />
Welt ist jedes Mittel recht, um den Gegner fertig<br />
zu machen. Die Kaufmänner sind allesamt<br />
Haie und skrupellose Individualisten, aber<br />
unter ihren knallharten, smart-kontrollierten<br />
Oberflächen herrschen ungestüme Leidenschaften,<br />
Sehnsüchte und Abgründe. In der<br />
Verbindung von Schauspiel und Musik dringt<br />
das Ensemble in diese verdrängten Aspekte<br />
der menschlichen Seele vor und bringt deren<br />
unhörbare Stimmen an die Oberfläche.<br />
Madama Butterfly<br />
Als letzte Neuproduktion der Saison erlebt<br />
Giacomo Puccinis »Madama Butterfly« ihre<br />
Premiere. Die 1904 auf dem Höhepunkt der<br />
europäischen Japanmode uraufgeführte Oper<br />
erzählt die tragische Geschichte der Geisha<br />
Cho-Cho San, genannt Butterfly, die sich nach<br />
Liebe und einem neuen Leben im Land der<br />
unbegrenzten Möglichkeiten sehnt. Doch ihre<br />
Vorstellung vom heroischen, für die Ewigkeit<br />
liebenden Amerikaner, der ihr diesen Traum<br />
erfüllen könnte, ist eine Illusion. Denn der<br />
Marineoffizier Pinkerton will nur Spaß haben,<br />
mehr nicht. Ihn fasziniert Butterfly als<br />
Verkörperung seines Bildes einer perfekten<br />
Japanerin, weniger als eine reale Frau aus<br />
Fleisch und Blut. Nachdem Pinkerton am<br />
Ende seiner Militärzeit Japan verlassen hat,<br />
glaubt Cho-Cho San fest an seine Rückkehr.<br />
Unbeirrbar wartet sie darauf, dass er sie und<br />
das inzwischen geborene, gemeinsame Kind<br />
in seine Heimat nachholt. Als sie erkennt,<br />
dass ihre Hoffnung vergeblich ist, begeht sie<br />
Selbstmord.<br />
Die Protagonisten — und damit auch das<br />
Japan und der Westen — wie Puccini sie entwirft,<br />
sind sich ähnlicher, als man zunächst<br />
denkt. Die Liebesgeschichte basiert auf einem<br />
ebenso tragischen wie emphatisch verteidigten<br />
gegenseitigen Missverständnis. Dieser<br />
Spur folgt die Regisseurin Eva-Maria Höckmayr<br />
in ihrer Neuinszenierung des Werks,<br />
dessen musikalische Leitung in den Händen<br />
des ersten Kapellmeisters Martin Hoff liegt.<br />
(sle)<br />
Premiere »Der Kaufmann von Venedig«<br />
01.06., 19 Uhr, großes Haus<br />
Weitere Vorstellungen: 06., 16. und 28.06.,<br />
<strong>07</strong>.<strong>07</strong>.2013<br />
Premiere »Madama Butterfly«<br />
22.06., 19 Uhr, großes Haus<br />
Weitere Vorstellungen: 27.06. und<br />
04.<strong>07</strong>.2013<br />
Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel<br />
Von Theresia Walser/Regie: Daniela Kranz<br />
Auf einer Pressekonferenz treffen drei<br />
Gattinnen ehemaliger Diktatoren zusammen,<br />
um über die geplante Verfilmung<br />
ihrer Biographien zu diskutieren. Während<br />
Frau Leila sich vorstellen könnte, von<br />
Nicole Kidmann gespielt zu werden, sieht<br />
Frau Imelda ihr Leben eher als große Oper.<br />
Frau Margot wiederum hält sich partout<br />
für ›nicht darstellbar‹ und will wenn nötig<br />
ein Gesetz dagegen erlassen. Mit der Zeit<br />
geraten die drei Frauen immer heftiger<br />
anei nander und verstricken sich mehr und<br />
mehr in den Erinnerungen an die grausamen<br />
Taten ihrer Vergangenheit und die ihrer<br />
Ehemänner …(skl)<br />
Premiere: 14.06., 20 Uhr, e-werk<br />
Weitere Vorstellungen: 15., 22. und<br />
25.06., 04.<strong>07</strong>.2013<br />
<strong>Das</strong> gesamte Programm, weitere<br />
Informationen und Karten:<br />
www.nationaltheater-weimar.de<br />
Tel: 03643 – 755 334