PC Games Magazin Ravens Cry (Vorschau)
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Die Medal of Honor-Reihe von Electronic Arts legte lange Zeit<br />
großen Wert auf eine historisch möglichst akkurate Darstellung.<br />
es brauchen, und die tatsächliche<br />
Geschichte außen vor lassen.<br />
Daniel Vávra allerdings ist kein<br />
Freund von faulen erzählerischen<br />
Kompromissen. „Ich möchte keinen<br />
klischeehaften Mist über das dunkle<br />
Zeitalter mit schmutzigen, gewalttätigen<br />
Menschen und Rittern, die<br />
nicht richtig in ihrer Rüstung laufen<br />
können, erschaffen. Diese Epoche<br />
war sehr anders, als das, was wir in<br />
den meisten Filmen über sie zu sehen<br />
kriegen.“ Er bezieht sich hierbei<br />
natürlich auf das Mittelalter, genauer<br />
gesagt auf das frühe 15. Jahrhundert,<br />
denn Vávra arbeitet gerade<br />
mit seinem Studio Warhorse in der<br />
Tschechischen Republik an Kingdom<br />
Come: Deliverance. Das durch<br />
Crowdfunding finanzierte Projekt<br />
soll die Ära so realistisch wie möglich<br />
darstellen und auf stereotype<br />
Vorstellungen gänzlich verzichten.<br />
„Virtuelle Zeitmaschine“<br />
Mit sogar zwei angekündigten<br />
Assassin’s Creed-Spielen (Unity und<br />
Rogue), die beide noch dieses Jahr<br />
erscheinen sollen, liegt der Schluss<br />
nahe, dass Videospiele mit historischem<br />
Bezug mehr im Trend liegen,<br />
als jemals zuvor. Die Vision von Vávra<br />
und Warhose, eine schnörkellose<br />
historische Story zu erzählen,<br />
scheint allerdings eher die Ausnahme<br />
zu sein.<br />
„Es ist eine der<br />
interessantesten<br />
Epochen unserer<br />
Geschichte und auch<br />
der Geschichte Europas,<br />
die leider außerhalb<br />
unseres Landes<br />
nicht sehr bekannt<br />
ist. Die Jahre hinter<br />
dem Eisernen Vorhang<br />
verhinderten es<br />
leider, dass jemand<br />
diese Geschichte in<br />
die Welt hinaustragen konnte. Ich<br />
habe immer davon geträumt, diese<br />
Geschichte in all ihrem Glanz wieder<br />
aufleben zu lassen. Quasi eine virtuelle<br />
Zeitmaschine zu konstruieren,<br />
die es jedem ermöglicht, in dieses<br />
vergangene Zeitalter einzutauchen.<br />
Man kann hier nicht einfach<br />
schreiben, was einem in den Sinn<br />
kommt, sondern man muss vor und<br />
während des Schreibprozesses viele<br />
Nachforschungen anstellen. Alles,<br />
was man über die heutige Welt<br />
weiß oder sich für eine Fantasie-<br />
Welt ausdenken könnte, ist vollkommen<br />
hinfällig.<br />
Natürlich ist alles davon abhängig,<br />
wie tief man in die Materie<br />
eindringen möchte. Vielen Filmemachern<br />
sind Details absolut egal, wir<br />
hingegen möchten etwas erschaffen,<br />
das die Vergangenheit akkurat<br />
und lebendig zurückbringt und den<br />
damaligen Zeitgeist einfängt.“<br />
Expertenrat<br />
Spiele mit historischem Setting<br />
sind allerdings kein erst jüngst aufkommender<br />
Trend. Schon seit den<br />
Anfängen der Spiele-Entwicklung<br />
ziehen Designer ihre Inspiration<br />
aus unserer Weltgeschichte. Ob<br />
die Flugkampf-Simulation Spitfire<br />
Ace aus den frühen Achtzigern, der<br />
Klassiker Sid Meier’s Pirates später<br />
im Jahrzehnt oder auch moderne<br />
Spieleserien wie Dynasty Warriors,<br />
Assassin’s Creed oder die im Zweiten<br />
Weltkrieg spielenden Call of<br />
Duty-Teile: Überall sind historische<br />
Bezüge klar erkennbar.<br />
Für die nötigen Nachforschungen<br />
sind aber nicht immer allein<br />
die Entwickler-Teams zuständig,<br />
oftmals holen sie sich auch Hilfe<br />
von außerhalb. Dan Ward, der Autor<br />
des Buches A Tomb Called Iwo Jiwa,<br />
war beispielsweise während der<br />
Entwicklung von Medal of Honor:<br />
Rising Sun in beratender Funktion<br />
für EA tätig.<br />
„Als ich einmal das Planes of<br />
Fame Flugzeugmuseum<br />
in Chino besuchte,<br />
fielen mir zwei<br />
Männer auf, die Aufnahmen<br />
von einem<br />
dort ausgestellten<br />
Typ-52-Zero-Sakae-<br />
Motor machten“, erzählt<br />
uns Ward. „Wie<br />
sich herausstellte,<br />
waren die beiden von<br />
Electronic Arts und<br />
suchten jemanden,<br />
der sie bei japanischen Militärmaschinen<br />
beraten konnte. Kurze<br />
Zeit später war ich Teil des Teams.<br />
Die Jungs von EA arbeiteten hingebungsvoll<br />
daran, dass das Spiel<br />
gleichzeitig so spaßig und realistisch<br />
werden sollte, wie es Technik,<br />
Budget und Zeit zuließen. Ich war<br />
außerdem schwer beeindruckt davon,<br />
wie respektvoll sich das Team<br />
sowohl den Alliierten als auch den<br />
Achsenmächten gegenüber verhielt.<br />
Wenn es einmal Fragen gab,<br />
hielt sich das Team strikt an die<br />
Antworten der angestellten historischen<br />
Berater, um das Spiel so akkurat<br />
und realitätsnah wie möglich<br />
umzusetzen.“<br />
Maxime Durand bemüht sich,<br />
uns zu erklären, wie die Planung für<br />
die Assassin’s Creed-Spiele funktioniert:<br />
„Die historischen Nachforschungen<br />
richten sich nach dem<br />
erzählerischen Weg, den wir mit<br />
<strong>Cry</strong>teks Ryse: Son of Rome erzählt die Geschichte vom fiktiven<br />
General Marius, der gegen eine Invasion der Barbaren ankämpft.<br />
unserer Serie einschlagen. Wir forschen<br />
und recherchieren zur selben<br />
Zeit, in der sich für ein Setting entschieden<br />
wird und eine Thematik<br />
aus unserer Konzeptionsphase entsteht.<br />
Unser Haupt-Team liest üblicherweise<br />
eine Menge über diese<br />
Zeit oder bekommt manchmal auch<br />
Kopfüber in die Geschichte: Die Assassin’s Creed-Reihe nutzte schon viele historische Szenarien als<br />
Setting. In Black Flag erlebt ihr die Zeit der Freibeuter und Piraten hautnah mit.<br />
10 | 2014<br />
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