DER NEUE MENSCH - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...
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WIE LEBT <strong>DER</strong> <strong>NEUE</strong> <strong>MENSCH</strong>?<br />
Wo bleibt das Salz im Körper?<br />
Offenbar ist es auf mehrere Speicher<br />
verteilt, auch in Haut und Muskeln.<br />
zeitdaten konnten nie zuvor erhoben werden.“ Im Speiseplan<br />
jeder Person im Team ist die Salzdosis vorgeschrieben. Drei<br />
Tagesmahlzeiten mit unterschiedlichem Salzgehalt wechseln<br />
sich über die Wochen hinweg ab. So lässt sich die Natriumchlorid-Aufnahme<br />
mit der Konzentration von Natrium im Urin direkt<br />
vergleichen.<br />
Das Ergebnis ist völlig unerwartet. Die Mediziner stellen fest,<br />
dass die klinische Praxis, auch ihre eigene, auf fragliche Annahmen<br />
aufgebaut war. Innerhalb von 24 Stunden weichen Zufuhr<br />
und Ausscheidung von Natrium oft deutlich voneinander ab, im<br />
Widerspruch zu jeder bisherigen ärztlichen Überzeugung. Statt-<br />
<br />
Zugleich kann die alleinige Zuständigkeit der Niere für die Regulation<br />
des Kochsalz-Stoffwechsels nicht mehr so uneinge-<br />
<br />
Konzept her weder Kanalsysteme noch antennenbewehrte Lebewesen<br />
entdeckt werden konnten, nimmt sich dagegen unerheblich<br />
aus.<br />
Schon früher war die Erlanger Nachwuchsgruppe Hinweisen<br />
nachgegangen, dass dieses Elektrolyt, dessen Konzentration in<br />
Wissenschaft und Klinik über ein Jahrhundert fast ausschließ-<br />
<br />
Haut gespeichert wird. Da die Niere keinen direkten Zugang zu<br />
diesen Speichergeweben hat, kam ihr Thron als alleiniger Regulator<br />
des Natriumstoffwechsels gehörig ins Wanken. Unbestrit-<br />
<br />
passiert ihre reinigenden Filter. Schadstoffe werden ausgesondert,<br />
die verbliebenen Stoffkonzentrationen gelangen in alle<br />
durchbluteten Körperregionen, und überschüssiges Salz sowie<br />
Wasser werden in den Urin ausgeschieden. Aber es sind zusätzliche<br />
Sicherungen eingebaut. Nicht einmal auf den annähernd<br />
wöchentlichen Natrium-Ausgleich ist wirklich Verlass.<br />
Haut und Muskeln speichern die Substanz offenbar über Monate<br />
hinweg, ganz unabhängig von der Kochsalzzufuhr und ohne<br />
Veränderung des Wassergehalts im Körper. „Spooky“, geister-<br />
<br />
deshalb für den Salzstoffwechsel eingefallen ist: Was so lange<br />
als gesichert galt, ist jetzt nicht mehr fassbar.<br />
Allein damit hätten die Erlanger Forscher genug zu tun, doch an<br />
<br />
immer neue Schätze. Demnach mischen auch Immunzellen und<br />
Lymphgefäße im Salzstoffwechsel mit. In einer zusätzlichen<br />
Studie auf genetischer und molekularer Ebene hat Titzes Team<br />
dies an Mäusen überprüft, um Vorbehalten der Fachwelt gegen<br />
eine so unkonventionelle Sicht zu begegnen. „Es kann sein,<br />
dass wir zunächst nicht recht ernst genommen wurden“, ver-<br />
<br />
solche Zweifel auszuräumen.<br />
Demnach schalten sich Phagozyten ein, wenn eine salzreiche<br />
Kost dazu führt, dass sehr viel Natrium in der Haut angesam-<br />
<br />
<br />
<br />
erhöhter Salzkonzentration aktivieren sie aber außerdem ein<br />
Protein, das seinerseits die Freisetzung eines Wachstumsfaktors<br />
aus Immunzellen stimuliert, der letztendlich Gefäße des<br />
Lymphsystems anregt, verstärkt Natrium und Chloride aus dem<br />
Körper zu spülen. Ist das zum Protein gehörige Gen ausgeschaltet<br />
oder können die Lymphgefäße das Signal nicht empfangen,<br />
weil ihre „Antenne“ gekappt wird, lagern sich Elektrolyte<br />
<br />
Kann man prall gefüllte Salzspeicher im Gewebe deshalb als<br />
Krankheit bezeichnen? Sind sie ein Zeichen dafür, dass Herzinfarkt,<br />
Schaganfall oder andere arterielle Erkrankungen drohen?<br />
sonen<br />
sollen dazu künftig fünf Jahre lang von medizinischen<br />
Untersuchungen begleitet werden.<br />
Fotos: www.shutterstock.de<br />
22 friedrich – forschungsmagazin der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong>