DER NEUE MENSCH - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...
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WIE KOMMUNIZIERT <strong>DER</strong> <strong>NEUE</strong> <strong>MENSCH</strong>? | Haben wir uns verstanden?<br />
Sprachwandel ist nicht gleich Sprachverfall – das gilt auch für die<br />
Neuen Medien. Mit Kulturpessimismus macht man es sich zu<br />
einfach. Wenn Jugendliche direkte Gespräche meiden und fast<br />
nur per Smartphone Kontakt halten, wird es jedoch bedenklich.<br />
Aber Twitter kann auch zum Forum für den unkomplizierten<br />
Austausch unter Wählern werden und Parteien mit bestimmten<br />
<br />
sind widersprüchliche Tendenzen zu konstatieren. Vier Disziplinen<br />
nehmen vier Facetten der Medienkultur ins Visier.<br />
Die Sprachforscherin<br />
E-Mails, Chatprotokolle, Gästebucheinträge, Forenbeiträge,<br />
<br />
Milliarden zählen: „Die schriftliche Kommunikation in den Neuen<br />
Medien kann erst ansatzweise wissenschaftlich beurteilt werden“,<br />
sagt Prof. Mechthild Habermann. Täglich ergießt sich die<br />
<br />
und auf die Schnelle getippt, mal mehr und mal weniger gedankenlos,<br />
mal mehr und mal<br />
weniger sorgfältig.<br />
Was schon bei der Einführung<br />
der Postkarte im 19.<br />
Jahrhundert beklagt wurde<br />
– sie würde das Ende der<br />
sprachlich und stilistisch<br />
munikation<br />
bedeuten – gilt<br />
erst recht für die ersten<br />
E-Mails, die durch den „Cyberspace“<br />
geschickt wur-<br />
<br />
„Denglish“ und durch den<br />
nachlässigen Umgang mit<br />
<br />
Sprachverfall. Eine These,<br />
der Mechthild Habermann, Sprachhistorikerin mit Schwerpunkt<br />
Spätmittelalter und Frühe Neuzeit sowie Grammatik-Expertin an<br />
der FAU, nicht zustimmen kann. „Seitdem es Sprache gibt, wird<br />
darüber geklagt, dass sie verfalle. Doch Sprache ist wie ein lebendiger<br />
Organismus – sie wandelt sich. Aber sie verfällt nicht.“<br />
„Erst 1871 ging die Bahn zu<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
Reisende löste statt eines ‚Billets‘<br />
<br />
<br />
Der Wortschatz des Deutschen wandle sich wohl in Wellen,<br />
sagt Habermann und erinnert daran, dass anfangs die lateinische<br />
Sprache den Stellenwert besaß, den heute Englisch hat.<br />
nische<br />
brach und immer mehr deutsche und französische Wör-<br />
<br />
später die deutsche Sprache „Vorreiter für die deutsche Nation<br />
sein“, während gleichzeitig an den Höfen des 18. Jahrhunderts<br />
noch immer Französisch gesprochen wurde. Erst 1871 haben<br />
<br />
dem „Passagier“ wurde der „Fahrgast“, man betrat nicht mehr<br />
-<br />
den<br />
„Tickets“.<br />
sinnung<br />
auf die deutsche Sprache und heute, im Zeitalter der<br />
Globalisierung, der Rückgriff auf ein „globales Englisch“. Jüngs-<br />
<br />
Mode“ aufgriff und Fahrauskünfte nur noch am „Service Point“<br />
erteilte. Schon nach wenigen<br />
Jahren entschied sich das<br />
Unternehmen, wieder zu seinen<br />
Sprachwurzeln zurückzukehren.<br />
Nun geht der<br />
<br />
„Schalter“ und nicht zum<br />
„Counter“. „Man darf ge-<br />
<br />
Vorreiter dient und es wieder<br />
zu einer allgemeinen Rückbesinnung<br />
aufs Deutsche<br />
kommt“, sagt die Sprachforscherin.<br />
Der Sprachwandel, den im<br />
21. Jahrhundert digitale Medien<br />
herbeiführen, geht einher<br />
mit einer Medienrevolution, deren Zeugen wir werden. „Es<br />
<br />
drucks<br />
statt“, erklärt Mechthild Habermann. „Erst durch den<br />
-<br />
Foto: www.shutterstock.de<br />
30 friedrich – forschungsmagazin der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong>