DER NEUE MENSCH - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen ...
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INTERVIEW | Prof. Dr. André Reis<br />
„Das Designerbaby ist eine Utopie“<br />
<br />
<br />
<br />
mehr Segen ist als Fluch.<br />
Interview: Ilona Hörath<br />
Eines ist in der Medizin längst Gewissheit: An vielen Erkrankungen,<br />
deren Ursachen wir in der Vergangenheit schwer einordnen<br />
konnten, trägt eine genetische Prädisposition die Schuld – oder<br />
jedenfalls eine Mitschuld. Humangenetiker wie Prof. Dr. André<br />
Reis, Direktor des Instituts für Humangenetik an der FAU, sind<br />
heute in der Lage, zumindest monogene Krankheiten deutlich<br />
besser zu verstehen. Zwar gibt es kaum Möglichkeiten, in das<br />
eigentliche Genmaterial einzugreifen – dafür aber bei einigen Erkrankungen<br />
schon vielversprechende Ansätze, um wenigstens<br />
die negativen Auswirkungen, die ein bestimmter Gendefekt hervorruft,<br />
gezielt zu bekämpfen.<br />
Herr Prof. Reis, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />
rer<br />
DNA, inwieweit sind unsere Gene für derlei Volkskrankheiten<br />
verantwortlich?<br />
Reis: Die Gene spielen eine wichtige Rolle, sind aber nicht aus-<br />
-<br />
infektionen,<br />
ein zu hoher Fett- oder Zuckerkonsum oder<br />
<br />
der rund 22.000 Gene, die der Mensch hat, benötigt er nicht<br />
<br />
Menschwerdung, zur Aktivierung von Stoffwechselprozessen<br />
oder für die Immunabwehr. Das Zusammenspiel der Gene und<br />
ihrer Genprodukte, also der Proteine, gleicht dabei dem Spiel<br />
krankung<br />
Morbus Crohn ist aufgrund fehlerhafter oder fehlgesteuerter<br />
genetischer Faktoren die Abwehr von Keimen aus unserem<br />
Darm gestört, sodass es zu einer Entzündung kommt.<br />
Die Forschung hat gezeigt, dass hierbei meistens eine Störung<br />
in der Orchestrierung vorliegt, nicht aber ein einzelnes Gen allein<br />
dafür verantwortlich ist. Eine einzelne Genmutation ist vor<br />
allem bei den sogenannten seltenen Krankheiten der wesentliche<br />
Grund, weshalb diese ausbrechen – nicht aber bei den<br />
Volkskrankheiten. Hier führen die Veränderungen unseres Erbguts<br />
eher dazu, dass unser Organismus gegenüber bestimmten<br />
Umweltfaktoren anfällig ist.<br />
Sie sind auf die Erforschung von monogenen Krankheiten<br />
spezialisiert, deren Ausbruch auf ein einziges Gen, das „de-<br />
<br />
der Gene und was leistet die Forschung?<br />
Reis: Etwa die Hälfte aller monogenen Erkrankungen ist bereits<br />
-<br />
schwund)<br />
treten schon im Kindesalter auf. Diese gravierenden<br />
Störungen können später nicht mehr aufgefangen werden. Einer<br />
unserer Schwerpunkte ist es, bei seltenen Erkrankungen, die<br />
<br />
auftreten, die Gendefekte und die zellulären Prozesse oder, besser<br />
gesagt, die fehlgeleiteten Signalwege zu erforschen, die für<br />
die Krankheiten verantwortlich sind. Wenn wir verstehen, wie<br />
<br />
rapeutischen<br />
Konsequenzen aus unserer Forschung neigen wir<br />
Forscher gerne dazu, die Erwartungen hochzuschrauben und<br />
vielleicht zu viel zu versprechen. Wir müssen aber fairerweise<br />
spiel<br />
Robert Koch 1882 den Tuberkulose-Erreger entdeckte,<br />
dauerte es bis 1929, ehe das Antibiotikum Penicillin zum ersten<br />
Mal beschrieben wurde. Die Forschung braucht eben ihre Zeit.<br />
<br />
ist das Marfan-Syndrom, das auf einer einzelnen Genmutation<br />
64 friedrich – forschungsmagazin der <strong>Friedrich</strong>-<strong>Alexander</strong>-<strong>Universität</strong>