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Aktuelles Sonderheft: Speicher des Wissens - Universität Rostock

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Orte, Räume, Pläne<br />

und die Arbeitsräume für die Mitarbeiter<br />

gebaut werden, wobei die Neue Wache<br />

in das Gebäude integriert werden sollte.<br />

Die <strong>Rostock</strong>er waren von der Geschwindigkeit<br />

<strong>des</strong> Baus beeindruckt, wie<br />

ein zeitgenössischer Zeitungsartikel<br />

belegt: „Mitte Mai [1938] war mit den<br />

Ziegelarbeiten begonnen worden und<br />

jetzt bereits [am 5. Juli 1938] steht das<br />

Gebäude in seinen sechs Geschossen<br />

im Rohbau. Ist diese kurze Zeit an sich<br />

schon bemerkenswert, so erhöht sich<br />

die Bedeutung noch dadurch, dass der<br />

Bau von nur acht Maurern hochgebracht<br />

wurde, da mehr Maurer nicht zu bekommen<br />

waren. Der Dachstuhl entstand in<br />

fünf Tagen unter den Händen von vier<br />

Zimmerern und einem Gesellen. [...] Bei<br />

der kurzen Richtfeier bezeichnete der<br />

Polier den Neubau launig als ‚staatlichen<br />

Bücherschrank‘.“<br />

Im Februar 1939 war das Gebäude fertiggestellt<br />

und das neue Magazin konnte<br />

bezogen werden – die Bücher wurden<br />

von Hand aus dem Hauptgebäude herübergetragen.<br />

Im Erdgeschoss wurde<br />

eine provisorische Leihstelle eingerichtet,<br />

die Ausleihe von Büchern begann<br />

im Mai 1939. Da der Stahl infolge der<br />

Kriegsvorbereitungen rationiert war,<br />

konnten nicht alle Regalböden geliefert<br />

werden. Später wurden provisorisch<br />

Holzböden von einheimischen Firmen<br />

und Mitarbeitern der Bibliothek, aber<br />

auch von Schülern in den sogenannten<br />

Unterrichtstagen der Produktion angefertigt.<br />

Die Halterungen mit den Metallnasen<br />

wurden entsprechend dem Original<br />

der Pohlschröder-Regale gefeilt.<br />

Erst 1991, nach der deutschen Einheit,<br />

konnten die fehlenden Regalböden von<br />

der Firma Pohlschröder aus Dortmund<br />

nachgeliefert werden.<br />

Ein Magazingebäude<br />

ohne Lesebereich<br />

Heute ist der Begriff „Bücherspeicher“<br />

ein Wort, das nur noch <strong>Rostock</strong>er Bibliotheksbenutzer<br />

kennen. Der Grund ist<br />

einfach: Die Arbeiten am Bibliotheksbau<br />

wurden mit Kriegsbeginn eingestellt und<br />

trotz mehrfacher Planungsansätze nicht<br />

wieder aufgenommen. Der Bücherspeicher<br />

ist daher bis heute ein solitäres Gebäude<br />

mit reiner Magazinfunktion ohne<br />

direkte baulich funktionale Anbindung<br />

an andere Gebäude und Bereiche der<br />

Bibliothek. Man erkennt sofort, dass es<br />

sich um einen Torso handelt: Er ist ein<br />

fast schmuckloser, unverputzter Ziegelbau,<br />

der am <strong>Universität</strong>splatz etwas<br />

zurückgesetzt steht. Seine Ecken sind<br />

mit lichtgelbem Muschelkalk ausgebildet,<br />

die fast trutzig wirkende Fassade<br />

und die massive Erscheinung <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />

sind an die Architektur norddeutscher<br />

<strong>Speicher</strong> angelehnt. Die<br />

kontrastreiche Materialästhetik und die<br />

streng gegliederte Fassade, in der die<br />

Fenster in einem gleichmäßigen Raster<br />

angeordnet sind, bilden das prägende<br />

Element <strong>des</strong> sechsgeschossigen Bauwerkes.<br />

Deutlich erkennbar ist bis heute<br />

die erforderliche, aber fehlende Giebelanbindung<br />

nach Norden. Umgeben von<br />

einer massiven Gebäudehülle besteht<br />

die Gebäudekonstruktion aus einem<br />

sechsgeschossigen Stahlregalsystem<br />

der Firma Pohlschröder mit eingehängten<br />

Deckenplatten (Bimsbetonhohldielen)<br />

für die Laufgänge.<br />

Die Benutzungs- und Mitarbeiterräume<br />

befanden sich auch nach der Errichtung<br />

<strong>des</strong> Bücherspeichers weiterhin im<br />

Hauptgebäude. Später kamen der Lesesaal<br />

im Palais, der Katalograum und ein<br />

zweiter Lesesaal im ehemaligen Hotel<br />

„<strong>Rostock</strong>er Hof“ hinzu. In der räumlichen<br />

Zersplitterung war die Bibliothek<br />

als Einheit sehr schwer zu erkennen und<br />

stellte die Leser und die Mitarbeiter immer<br />

wieder vor große Probleme. Obwohl<br />

die <strong>Rostock</strong>er Innenstadt im Zweiten<br />

Weltkrieg stark bombardiert und zerstört<br />

Im Februar 1939 wurde der Bücherspeicher fertiggestellt.<br />

Hier: Bücherspeicher, Hof- und Südseite, 1939<br />

Umzug der Bücher vom Hauptgebäude in den Bücherspeicher<br />

am 1. März 1939 (<strong>Rostock</strong>er Anzeiger vom 2. März 1939)<br />

34<br />

Traditio et Innovatio – Sonderausgabe 2013

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