Aktuelles Sonderheft: Speicher des Wissens - Universität Rostock
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Orte, Räume, Pläne<br />
Das Michaeliskloster<br />
Schatzhaus der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
Robert Zepf<br />
Das Michaeliskloster in der Altbettelmönchstraße<br />
ist heute eines der ältesten<br />
Gebäude der <strong>Universität</strong> <strong>Rostock</strong>. Nach<br />
einer wechselvollen Geschichte beherbergt<br />
es heute wichtige Teile der <strong>Universität</strong>sbibliothek:<br />
die Fachbibliothek<br />
Geschichte, die Lese- und Arbeitsräume<br />
der Abteilung Sondersammlungen sowie<br />
ein klimatisiertes Sondermagazin für<br />
die wertvollsten und ältesten Bestände.<br />
Errichtet wurde das Gebäude zwischen<br />
1480 und 1502 als Fraterhaus der Brüder<br />
vom gemeinsamen Leben, einer<br />
christlichen Erneuerungsbewegung.<br />
Ihren Lebensunterhalt verdienten sie<br />
durch eigene Arbeit, z. B. durch das<br />
Abschreiben und Binden von Büchern.<br />
Viele ihrer Niederlassungen entstanden<br />
daher gezielt in der Nähe von <strong>Universität</strong>en.<br />
Die <strong>Rostock</strong>er Niederlassung wurde<br />
1462 von Münster aus gegründet. 1472<br />
wurde auf dem Gelände <strong>des</strong> heutigen<br />
Michaelisklosters eine Kapelle gebaut,<br />
die dem Erzengel Michael geweiht war.<br />
Michaeliskloster nach dem Wiederaufbau,<br />
1999 (Foto: Ulrike Wittig,<br />
UB <strong>Rostock</strong>)<br />
1476 brachten die Michaelisbrüder den<br />
Buchdruck nach <strong>Rostock</strong>: Am 9. April<br />
1476 erschien eine Ausgabe der Werke<br />
<strong>des</strong> Kirchenvaters Lactantius. In den<br />
folgenden Jahrzehnten druckten sie<br />
eine Reihe von Büchern überwiegend<br />
kirchlichen Inhalts – in lateinischer, niederdeutscher<br />
und dänischer Sprache.<br />
1533 wurde den Brüdern das Drucken<br />
vom Rat untersagt: Die Brüder hatten<br />
versucht, eine niederdeutsche Ausgabe<br />
<strong>des</strong> Neuen Testaments <strong>des</strong> Luther-<br />
Gegners Hieronymus Emser in Umlauf<br />
zu bringen. Auf Drängen Martin Luthers<br />
wurde der Druck dieser Ausgabe vom<br />
Herzog verboten, doch die Brüder setzten<br />
ihn heimlich fort – der Drucker wanderte<br />
dafür ins Gefängnis.<br />
Michaeliskloster in den 1970er-Jahren,<br />
der Westteil war 1961 der <strong>Universität</strong><br />
übergeben worden<br />
Nachdem sich die Reformation in Mecklenburg<br />
durchgesetzt hatte, verließen<br />
die Brüder 1559 <strong>Rostock</strong> und übergaben<br />
ihr Haus der Stadt. Seit 1560 wurde<br />
es von der <strong>Universität</strong> für Lehrveranstaltungen,<br />
als Mensa und als Studentenwohnheim<br />
genutzt. Nach einem Brand<br />
im Jahre 1594 jahrelang ungenutzt,<br />
diente es in den folgenden Jahrhunderten<br />
zuerst als Korn- und Waffenlager,<br />
seit 1839 als Lagerhaus für Wolle. Seit<br />
dieser Zeit ist auch der Name „Wollmagazin“<br />
geläufig. Im 20. Jahrhundert erfolgte<br />
ein Umbau als Umspannstation<br />
<strong>des</strong> Elektrizitätswerks und Gerätelager<br />
der Stadtreinigung.<br />
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude<br />
bis auf die Umfassungsmauern<br />
zerstört. Der Ostteil – der Kirchenflügel<br />
– wurde 1952 wieder aufgebaut<br />
und wird seither von der evangelischmethodistischen<br />
Kirche genutzt. Am<br />
11. Oktober 1989 fand hier die Gründungsversammlung<br />
<strong>des</strong> Neuen Forums<br />
in <strong>Rostock</strong> statt.<br />
Der Westteil wurde 1961 der <strong>Universität</strong><br />
übergeben und bis 1992 notdürftig<br />
instandgesetzt als Sporthalle genutzt.<br />
Im Dezember 1992 begann der Wiederaufbau,<br />
der in drei Bauabschnitten<br />
die äußeren Formen <strong>des</strong> Gebäu<strong>des</strong><br />
wiederherstellte. Anlässlich <strong>des</strong> 425.<br />
Jubiläums der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
wurde der erste Bauabschnitt im Oktober<br />
1994 zur Nutzung für die Bestände<br />
<strong>des</strong> Faches Geschichte übergeben. In<br />
einem zweiten Schritt wurden bis 1999<br />
die Obergeschosse wieder hergestellt,<br />
die heute der Arbeit mit den historischen<br />
Beständen dienen. Forscher aus <strong>Rostock</strong><br />
und aus aller Welt haben hier Zugang<br />
zu den wertvollsten Beständen der<br />
<strong>Universität</strong>sbibliothek – vor allem aber<br />
profitieren die <strong>Rostock</strong>er Studierenden<br />
von den Schätzen ihrer <strong>Universität</strong>:<br />
In Lehrveranstaltungen und Praktika<br />
lernen sie, die historischen Quellen zu<br />
verstehen und für die heutige Zeit zu erschließen.<br />
■<br />
Kontaktbox Robert Zepf, vgl. S. 7<br />
36<br />
Traditio et Innovatio – Sonderausgabe 2013