Aktuelles Sonderheft: Speicher des Wissens - Universität Rostock
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Zahlen, Daten, Fakten<br />
Der Gründer<br />
Nathan Chytraeus (1543 – 1598)<br />
Robert Zepf<br />
Im Urteil späterer Zeiten steht Nathan<br />
Chytraeus immer etwas im Schatten<br />
seines großen Bruders, <strong>des</strong> bedeutenden<br />
Theologen David Chytraeus<br />
(1530 – 1600). Der Ruhm von David, der<br />
in Wittenberg im Haus von Philipp Melanchthon<br />
aufwuchs, war mit entscheidend<br />
für die internationale Ausstrahlung<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>Rostock</strong> in der zweiten<br />
Hälfte <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts. Aber auch<br />
mit Nathans Namen verbinden sich bleibende<br />
Leistungen auf einer Vielzahl von<br />
Gebieten. Er zählt zu den bedeutendsten<br />
Pädagogen, Philologen, Theologen<br />
und Dichtern Norddeutschlands und<br />
mit knapp 160 zu Lebzeiten publizierten<br />
Drucken zu den produktivsten Autoren<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>Rostock</strong> in dieser Zeit.<br />
Einzelne seiner Werke werden bis heute<br />
nachgedruckt, vor allem sein 1582<br />
in <strong>Rostock</strong> erschienenes lateinischniederdeutsches<br />
Wörterbuch, der Nomenclator<br />
latinosaxonicus. Als Gründer<br />
der ersten <strong>Universität</strong>sbibliothek Norddeutschlands<br />
ist er außerdem in die<br />
Bibli otheksgeschichte eingegangen.<br />
Das Norddeutsche war Chytraeus nicht<br />
in die Wiege gelegt: Seine Wurzeln liegen<br />
im Kraichgau, einer von der Kurpfalz,<br />
Baden und Württemberg sowie<br />
kleinen ritterschaftlichen Territorien geprägten<br />
süddeutschen Landschaft. Am<br />
15. März 1543 wurde er in dem kleinen<br />
Ort Menzingen als Sohn von Matthäus<br />
Kochhafe geboren. Sein Vater war dort<br />
seit 1530 im Autrag der Herren von Menzingen<br />
evangelischer Pfarrer der ersten<br />
Generation.<br />
Eine prägende Schulbildung erhielt er<br />
in der Schola Argentoratensis, der berühmten<br />
evangelischen Lateinschule<br />
von Johannes Sturm in Straßburg. 1555<br />
kam er zum Studium nach <strong>Rostock</strong>, wo<br />
sein Bruder als Professor lehrte. Nach<br />
einer Zeit in Tübingen, wo er 1562 den<br />
Grad eines Magister Artium erwarb, wurde<br />
er zum Professor für lateinische Sprache<br />
in <strong>Rostock</strong> berufen. 1565 bis 1567<br />
führte ihn dann eine akademische Reise<br />
durch weite Teile Europas – über seine<br />
Eindrücke aus Paris, England, Venedig,<br />
Rom, Neapel, aber auch aus Deutschland,<br />
den Niederlanden und der Schweiz<br />
publizierte er einen Reisebericht, Hodoeporicon,<br />
das in <strong>Rostock</strong> auch Grundlage<br />
von Lehrveranstaltungen an der<br />
Philosophischen Fakultät war. Als ein<br />
weiteres Ergebnis seiner Reise veröffentlichte<br />
er eine oft nachgedruckte<br />
Sammlung historischer Inschriften.<br />
Während dieser Europareise besichtigte<br />
Chytraeus zahlreiche öffentliche und wissenschaftliche<br />
Bibliotheken – eine Idee,<br />
die er nach seiner Rückkehr nach <strong>Rostock</strong><br />
aufgriff: Auf seinen Vorschlag hin<br />
beschloss das Konzil der <strong>Universität</strong> die<br />
Errichtung einer collectio bibliothecae,<br />
einer gemeinsamen Büchersammlung,<br />
die durch Geschenke der <strong>Universität</strong>sangehörigen<br />
aufgebaut werden sollte.<br />
Auch eine zweite <strong>Rostock</strong>er Bildungseinrichtung<br />
kann sich auf Nathan Chytraeus<br />
berufen: Die Große Stadtschule,<br />
das heutige Innerstädtische Gymnasium.<br />
1579 wurde Chytraeus nämlich zu-<br />
Nomenclator<br />
latinosaxonicus von<br />
Nathan Chytraeus, das<br />
erste niederdeutsche<br />
Wörterbuch der Neuzeit<br />
(Signatur: Cd-877)<br />
Titelblatt Platon,<br />
Opera von Nathan<br />
Chytraeus, 1556<br />
6<br />
Traditio et Innovatio – Sonderausgabe 2013