Aktuelles Sonderheft: Speicher des Wissens - Universität Rostock
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Schätze und Sammlungen<br />
Die Restaurierung der Bibliothek<br />
<strong>des</strong> Herzogs Johann Albrecht I.<br />
Cornelia Chamrad<br />
Links, vorher:<br />
De praescriptonibus tractatus,<br />
Giovanni Francesco<br />
Balbo, Köln 1565 (Signatur:<br />
Je-3282). Starker Substanzabbau<br />
mit Verlusten, verursacht<br />
durch Schimmelbefall.<br />
Rechts, nachher: Zustand<br />
nach der Restaurierung.<br />
Unter den Beständen der <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
<strong>Rostock</strong> nimmt die Büchersammlung<br />
<strong>des</strong> mecklenburgischen Herzogs<br />
Johann Albrecht I. (1525 – 1576)<br />
eine herausragende Stellung ein. Die<br />
Bibliothek umfasste ursprünglich ungefähr<br />
6.000 Bände, von denen etwa<br />
4.000 erhalten sind. Dass die Büchersammlung<br />
in diesem Umfang heute<br />
noch existiert, ist dem Bibliothekar Oluf<br />
Gerhard Tychsen (1734 – 1815) zu verdanken.<br />
Da Johann Albrechts Nachfolger<br />
wenig Interesse an der Bibliothek<br />
zeigten, wurde sie aus dem Schweriner<br />
Schloss ausgelagert und geriet allmählich<br />
in Vergessenheit.<br />
Auf der Suche nach Büchern für die<br />
Bibliothek der 1760 gegründeten <strong>Universität</strong><br />
in Bützow entdeckte Tychsen<br />
die Bücher Johann Albrechts in katastrophalem<br />
Zustand auf einem Dachboden<br />
wieder. Viele Bände waren<br />
durch eindringen<strong>des</strong> Wasser, Insekten<br />
und Nagetiere beschädigt. Nach der<br />
Schließung der Bützower <strong>Universität</strong><br />
1789 wurde die wertvolle Sammlung in<br />
den Bestand der <strong>Rostock</strong>er <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
übernommen. Damit war<br />
der Leidensweg der Sammlung jedoch<br />
noch nicht beendet. Nach Schließung<br />
der Juristischen Fakultät der <strong>Universität</strong><br />
<strong>Rostock</strong> im Jahr 1950 wurde der nun<br />
nicht mehr benötigte juristische Teil der<br />
Johann-Albrecht-Bibliothek in einen<br />
Kellerraum ausgelagert. Zu den bereits<br />
vorhandenen Schädigungen kamen<br />
weitere durch Klimaschwankungen und<br />
Wassereinbrüche hinzu. Die vielfältigen<br />
Schadensbilder reichen von zerstörten<br />
Einbänden bis hin zu von Schimmelpilzen<br />
zerfressenen Buchseiten.<br />
1992 kehrten diese Bestände in die <strong>Universität</strong>sbibliothek<br />
zurück und werden<br />
heute unter vorbildlichen Bedingungen<br />
in klimatisierten Magazinen aufbewahrt.<br />
Die Bücher befanden sich bei ihrer<br />
Rückkehr in schlechtem Zustand, waren<br />
verschmutzt und beschädigt. Nach<br />
der ersten Sichtung wurde ein Katalog<br />
mit Maßnahmen zur Bestandserhaltung<br />
erstellt. In einem durch das Arbeitsamt<br />
geförderten Projekt konnten die Bucheinbände<br />
gereinigt und mit Umschlägen<br />
aus alterungsbeständigem Papier versehen<br />
werden. Stark verschimmelte Bände<br />
wurden separiert und durch Gammabestrahlung<br />
sterilisiert. Die Restaurierung<br />
der zahlreichen geschädigten Bücher<br />
erfolgt seitdem schrittweise.<br />
Eine große Hilfe in diesem langwierigen<br />
Prozess war 2010 eine Förderung durch<br />
Mittel <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und der Länder zur<br />
Erhaltung <strong>des</strong> schriftlichen Kulturgutes,<br />
die die Restaurierung von 18 besonders<br />
stark geschädigten Büchern ermöglichte.<br />
Durch all diese Schritte ist es bis<br />
heute gelungen, einen Teil der Schäden<br />
an der wertvollen Büchersammlung Johann<br />
Albrecht I. zu beheben und so ein<br />
Stück mecklenburgische Buchkultur <strong>des</strong><br />
16. Jahrhunderts zu retten und wieder<br />
erlebbar zu machen. <br />
■<br />
Kontaktbox Cornelia Chamrad,<br />
vgl. S. 53<br />
46<br />
Traditio et Innovatio – Sonderausgabe 2013