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<strong>Fo</strong><br />

F o r s c h u n g s e n t w i c k l u n g / -p o l i t i k<br />

Tim Flink<br />

Außenwissenschaftspolitik: ein neues Handlungsfeld?<br />

Tim Flink<br />

2009 ist das Jahr der deutschen Außenwissenschaftspolitik<br />

(AWP). Der Startschuss zur „Initiative Außenwissenschaftspolitik<br />

2009“ wurde am 19. Januar im Rahmen der internationalen<br />

Konferenz „Wissenswelten verbinden“ im Auswärtigen<br />

Amt (AA) in Berlin gegeben. Die Hauptaussage der<br />

Konferenz: „Nur mit Unterstützung der Wissenschaft werden<br />

viele wichtige Probleme – seien es Wirtschaft, Energieoder<br />

Klimafragen – gelöst werden können.“ Da Deutschland<br />

arm an Rohstoffen sei, müsse es „[…] in die intellektuellen<br />

Fähigkeiten und geistigen Kapazitäten seiner Menschen<br />

investieren.“ 1 Am Rande der skizzierten Konferenz<br />

bemerkte ein Innovationsforscher lakonisch, es sei recht<br />

merkwürdig, dass politische Entscheidungsträger mittlerweile<br />

die Internationalität von Wissenschaft entdeckt hätten.<br />

Und in der Tat: AWP stellt im internationalen Vergleich<br />

keine Neuerung dar, auch wenn sie innerhalb der letzten<br />

zehn Jahre einen regelrechten Konjunkturschub erfahren<br />

hat. 2 In diesem Zeitraum machten sich andere hochtechnisierte<br />

Staaten bereits auf, ihre AWP personell und programmatisch<br />

zu verstärken. Versucht man einen internationalen<br />

Vergleich von AWP aufzustellen, stößt man zunächst auf<br />

ein Problem:<br />

Es ist schwierig, AWP klar zu definieren, fällt doch unter<br />

dem Begriff eine Vielzahl von Zielen und Handlungsfeldern,<br />

die sich mitunter konterkarieren. Insgesamt bezeichnet<br />

AWP außenpolitisches Handeln in Relation zu Wissenschaft<br />

bzw. <strong>Fo</strong>rschung und technologischer Entwicklung (F&E). In<br />

enger Definition bezieht sich AWP allenfalls auf staatliches<br />

Handeln, so z.B. durch Außen- und <strong>Fo</strong>rschungsministerien.<br />

In ihrer Erweiterung schließt sie die Aktivitäten von intermediären<br />

und privaten Organisationen mit ein, die aufgrund<br />

der politisch-institutionellen Verfasstheit Aufgaben<br />

der AWP entweder staatlich kommissioniert oder in Eigenregie<br />

übernehmen.<br />

Was aber betreiben Organisationen, staatliche wie nichtstaatliche,<br />

durch AWP und welche Ziele verfolgen sie? Bereits<br />

ein kleines Wortspiel mit der englischen Begrifflichkeit<br />

„science diplomacy“ suggeriert drei Kernfunktionen des<br />

Handlungsfeldes.<br />

Erstens legt „diplomacy for science“ nahe, dass diplomatische<br />

Maßnahmen internationale wissenschaftliche Aktivitäten<br />

und Kooperationen fördern sollen, dies kann in<br />

einer weit gefassten Definition auch anwendungsrelevante<br />

F&T und innovationsorientierte Marktprozesse mit einbeziehen,<br />

so z.B. Standortmarketing und Standorterschließungen.<br />

Zweitens unterstellt die Umkehrung der ersten Funktion,<br />

nämlich „science for diplomacy“, eine Instrumentalisierung<br />

von Wissenschaft für politische und gesellschaftliche Belange,<br />

die sich zunehmend auf die internationale Ebene verlagern.<br />

Dieser Aspekt bezieht sich v.a. auf die Bearbeitung<br />

von grenzüberschreitenden Herausforderungen: die Verbreitung<br />

von Seuchen und Gefährdung von Lebensressourcen,<br />

die globale Erderwärmung, Desertifikation und Umweltverschmutzung,<br />

internationaler Terrorismus usw. scheinen<br />

in ihrer Komplexität Ausmaße erreicht zu haben, deren<br />

Bearbeitung nicht nur politischen Handlungswillen sondern<br />

auch wissenschaftlichen Sachverstand und technische Unterstützung<br />

bedürfen.<br />

Drittens geht AWP als „science in diplomacy“ auf den viel<br />

zitierten Terminus „soft power“, zu deutsch „sanfte Macht“<br />

(Nye 1990) zurück. So stellt Nye die traditionellen Hand-<br />

1 Die Konferenz wurde von über 350 Gästen aus 60 Staaten besucht. Siehe:<br />

http://www.auswaertigesamt.de/diplo/de/Aussenpolitik/KulturDialog/<br />

Aussenwissenschaftsinitiative2009/AktuellesAWP/090119-konferenz,navCtx=264428.html<br />

(12.10.2009).<br />

2 In historischer Perspektive lassen sich Elemente von AWP seit dem Kalten<br />

Krieg festmachen. Sie betreffen einerseits das friedenspolitische Engagement<br />

von Wissenschaftlern und wissenschaftspolitischen Eliten, wie sie<br />

beispielsweise die Pugwash-Bewegung von 1957 darstellt (Wunderle<br />

2007). Andererseits lassen sich v.a. wirtschaftspolitische Elemente von<br />

AWP spätestens seit Mitte der 1980er Jahre feststellen. Durch verbesserte<br />

Kommunikationswege und der damit rapide voranschreitenden Internationalisierung<br />

von Märkten erweiterten Unternehmen nicht nur ihren Handlungsspielraum.<br />

Unter dem Schlagwort „global localization“ wurde aber<br />

auch auf ihre immer stärker ausgeprägte funktionale Arbeitsteilung und<br />

somit ihre organisatorische Dezentralisierung hingewiesen (Doremus et al.<br />

1998). Die Produkte und Dienstleistungen wettbewerbsfähiger Unternehmen<br />

sind dabei nicht nur technologie- und letztendlich wissensintensiver<br />

geworden, sondern müssen auch, um international absatzfähig zu sein, an<br />

die jeweiligen regionalen Bedürfnisse angepasst werden. Zudem kommen<br />

Elemente einer AWP immer dann ins Spiel, wenn sich Wissenschaft oder<br />

staatlich verordnete, zumeist ergebnisorientierte F&E internationalisierten.<br />

Europäische Beispiele beschränken sich dabei nicht nur auf bi- und multilaterale<br />

<strong>Fo</strong>rschungsanstrengungen und die Einrichtung von Großforschungsinfrastrukturen,<br />

die ein erhebliches Maß an Koordinierung, neuer<br />

Jurisdiktionen, wie das Aushandeln von Regeln zum Schutz des geistigen<br />

Eigentums, wissenschaftsethischer Standards, Modifikationen in der Sozialgesetzgebung<br />

und v.a. den politischen Willen partizipierender Staaten<br />

und ihrer wissenschaftlichen Akteure abverlangten und diese immer noch<br />

voraussetzen (Guzzetti 1997).<br />

<strong>Fo</strong> 3+4/2009<br />

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