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<strong>Fo</strong><br />
F o r s c h u n g s g e s p r ä c h e<br />
Gespräch mit Thomas Brunotte,<br />
VW-Stiftung, zuständig für die Förderinitiative<br />
„Deutsch plus - Wissenschaft ist mehrsprachig”<br />
Thomas Brunotte<br />
<strong>Fo</strong>: Herr Brunotte, die VolkswagenStiftung hat sich mit dem<br />
Rückgang des Deutschen als Wissenschaftssprache - ja<br />
überhaupt mit dem Rückgang der Nationalsprachen als<br />
Wissenschaftssprachen beschäftigt und 2006 eine Förderinitiative<br />
eingerichtet, für die 2007 die ersten Anträge eingereicht<br />
worden sind. Eine in drei Sätzen zusammen gefasste<br />
Defizitanalyse und die Ziele stehen auf der Webseite.<br />
Sie lauten:<br />
„Der Gebrauch der englischen Sprache ist bei wissenschaftlichen<br />
Veröffentlichungen und auch bei Tagungen in<br />
Deutschland in vielen Disziplinen gang und gäbe. Doch<br />
Denkstil und Sprache sind eng miteinander verknüpft, und<br />
die schlichte Übersetzung einer wissenschaftlichen Arbeit<br />
in eine andere Sprache ist nicht selten mit deutlichen Veränderungen<br />
und Einbußen in Ausdruck, Akzentuierung und<br />
Bedeutung verbunden. Gerade über die jeweils verwendete<br />
Sprache finden spezifische Begriffe, Erkenntnis- und Deutungsmuster<br />
Eingang in die Prozesse von <strong>Fo</strong>rschung und<br />
Lehre. Das Ziel dieser Förderinitiative ist es, im Kontext<br />
wissenschaftlicher Mehrsprachigkeit dem Deutschen als<br />
Wissenschaftssprache und den in deutscher Sprache erarbeiteten<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen international angemessenen<br />
Raum und mehr Gewicht zu geben.”<br />
Können Sie die vorausgehenden Überlegungen einmal<br />
etwas weniger knapp schildern?<br />
Thomas Brunotte (TB): Die Förderinitiative „Deutsch plus –<br />
Wissenschaft ist mehrsprachig“ versteht man am besten<br />
vom Förderansatz der VolkswagenStiftung her: Die VolkswagenStiftung<br />
ist in erster Linie ein impulsgebender <strong>Fo</strong>rschungsförderer.<br />
Mit ihrer Förderinititative „Deutsch plus“<br />
ist die VolkswagenStiftung daher selbst noch auf der Suche<br />
nach den geeigneten Wegen, das Deutsche als Wissenschaftssprache<br />
dort zu stärken, wo es sinnvoll ist. Dementsprechend<br />
offen ist auch das Förderangebot. In jedem Fall<br />
möchte die Stiftung verhindern, dass Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler international weniger beachtet werden,<br />
nur weil sie auf Deutsch schreiben. In vielen Bereichen<br />
kann das Festhalten am Deutschen oder auch einer anderen<br />
weniger verbreiteten Wissenschaftssprache durchaus geboten<br />
sein. Nämlich überall dort, wo sprachliche und kulturelle<br />
Prägungen wissenschaftliches Denken und Arbeiten beeinflussen<br />
und eine Perspektive auf einen Gegenstand aufrechterhalten,<br />
die anders nicht eingenommen werden<br />
kann. Daher haben für die Stiftung die <strong>Fo</strong>rschungsprojekte<br />
zu den sprachlichen und kulturellen Prägungen wissenschaftlichen<br />
Denkens und Arbeitens, die mit dieser Förderinitiative<br />
angeregt werden sollen, eine ganz zentrale Bedeutung.<br />
Sie schaffen letztlich die wissenschaftliche Grundlage<br />
und Legitimation für einen Förderimpuls, der wissenschaftliche<br />
Mehrsprachigkeit und in diesem Kontext auch die<br />
Verwendung des Deutschen als Wissenschaftssprache zu<br />
stärken sucht. Gerade in Zeiten der Umorientierung der<br />
akademischen Lehre wie etwa im Bologna-Prozess, bei dem<br />
es auch um einen verstärkten internationalen Austausch der<br />
Studierenden untereinander gehen soll, sind integrierte<br />
Studiengänge, bei denen die fachliche Ausbildung mit dem<br />
Erwerb mehrsprachiger Kompetenz verzahnt ist, besonders<br />
wichtig. Die VolkswagenStiftung wünscht sich, dass Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler ausgebildet werden,<br />
die (mindestens) zwei Wissenschaftssprachen (und natürlich<br />
ihr eigenes Fachgebiet) sicher beherrschen. Dabei sollte<br />
die Fremdsprachenkompetenz am Gegenstand des eigenen<br />
Fachs ausgebildet werden. Darüber hinaus gibt es das<br />
als Wettbewerb ausgeschriebene Übersetzungsangebot, bei<br />
dem Fördergelder für die fachkundige und professionelle<br />
Übersetzung herausragender deutscher wissenschaftlicher<br />
Arbeiten in eine andere Welt- und Wissenschaftssprache<br />
eingeworben werden können. Ein Veranstaltungsprogramm,<br />
das zur Diskussion über die sprachlichen und kulturellen<br />
Prägungen wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens<br />
anregt, ergänzt dieses Förderangebot. Hier können<br />
sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit Unterstützung<br />
durch die VolkswagenStiftung sprachpolitisch<br />
Gehör verschaffen und versuchen, Einfluss auf bestimmte<br />
Entwicklungen zu nehmen.<br />
<strong>Fo</strong>: Diesen vier Förderlinien kann man einiges Positive abgewinnen.<br />
Gab es weitere Überlegungen zu Programmbestandteilen,<br />
von deren Förderung man aber vorläufig abgesehen<br />
hat? Und wenn ja, was waren die Gründe?<br />
TB: Für die VolkswagenStiftung sind der Transfer und der<br />
Austausch zwischen den Sprachen und Kulturen im Wissenschaftsbereich<br />
besonders wichtig. Dieser Gedanke durchzieht<br />
das gesamte Förderangebot, prägt aber besonders die<br />
auslandsorientierte Förderung. So ermöglicht es die VolkswagenStiftung<br />
beispielsweise im Rahmen eines Fellowship-<br />
Programms Postdoktoranden, ein Jahr am Humanities Center<br />
der Harvard University zu verbringen. Die Stiftung ist<br />
sich dabei bewusst, dass das dortige Humanities Center ein<br />
weltweit beachteter „Umschlagplatz“ für geisteswissenschaftliche<br />
<strong>Fo</strong>rschung ist, an dem auch deutsche Wissenschaftlerinnen<br />
und Wissenschaftler präsent sein sollten. Die<br />
Harvard-Fellows müssen dort nicht Deutsch sprechen oder<br />
auf Deutsch schreiben, wichtig ist vielmehr die internatio-<br />
<strong>Fo</strong> 3+4/2009<br />
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