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<strong>Fo</strong>rschungsentwicklung/-politik<br />
<strong>Fo</strong><br />
lung, dass Referenten aus dem BMBF in Außenstellen entsendet<br />
werden.<br />
Der politische Bezugsrahmen deutscher AWP wird seit nunmehr<br />
vier Jahren entwickelt. Die in der Einleitung skizzierte<br />
„Initiative Außenwissenschaftspolitik 2009“ versteht sich<br />
als Anschluss der Bundesregierung an die „Konzertierte Aktion<br />
Internationales Marketing für den Bildungs- und <strong>Fo</strong>rschungsstandort<br />
Deutschland“ und soll der Hightech-Strategie<br />
vom August 2006 sowie ihrer Internationalisierungsstrategie<br />
vom Februar 2008 einen neuen programmatischen<br />
Bezugsrahmen geben. Gleichzeitig wird sie als<br />
Schwerpunkt mit der Initiative Auswärtige Kulturpolitik<br />
2009 des AA verzahnt. Insgesamt 43 Millionen Euro stellt<br />
das Ministerium 2009 für die internationale Vernetzung des<br />
Wissenschaftsstandortes Deutschland zur Verfügung. Nicht<br />
zuletzt werben aber die zuständigen Ministerien, Auswärtiges<br />
Amt (AA) und Bundesministerium für Bildung und <strong>Fo</strong>rschung<br />
(BMBF), mit der Initiative AWP gegenüber der Bundesregierung<br />
und dem Bundestag, die Personalpräsenz so<br />
genannter Wissenschaftsreferenten an deutschen Botschaften<br />
aufzustocken. Zum anderen fällt die Initiative, Personalpräsenz<br />
für F&E im Ausland zu erweitern, nicht einfach vom<br />
Himmel: begleitet wird sie durch strategische Analysen,<br />
Wissenschaftsreferenten in solche Regionen zu entsenden,<br />
von denen sich F&E-Stakeholder in Deutschland gewinnbringende<br />
Partnerschaften erhoffen.<br />
Dass sich die deutsche AWP derzeitig in einer Phase des<br />
Umbruchs befindet zeigt bereits ein Vergleich der Dienstanweisungen<br />
des AA für Wissenschaftsreferenten von 1991<br />
und 2007. Erstere definierte noch die Informations- und<br />
Kontaktpflege als deren wichtigste Aufgabe. In den Entwürfen<br />
von 2007 für eine Vereinbarung zwischen dem AA und<br />
dem BMBF über ihren Einsatz wird die Anweisung nicht nur<br />
präzisiert, sondern zumindest ansatzweise in eine breitere<br />
politische Agenda eingebettet: der deutschen <strong>Fo</strong>rschung<br />
müsse Zugang zur internationalen <strong>Fo</strong>rschung und internationalen<br />
Partnern verschafft und Deutschland als <strong>Fo</strong>rschungsstandort<br />
international sichtbar gemacht werden. Ferner sollen<br />
internationale Entwicklungstrends in Wissenschaft,<br />
Technologien und Innovationsprozessen frühzeitig analysiert<br />
werden, um Kooperationspotenziale für die deutsche Wissenschaft<br />
und Wirtschaft zu erschließen. Klar erkennbar ist,<br />
dass das BMBF und das AA die Zeichen der Globalisierung<br />
erkannt haben: die Rahmenbedingungen für Technologieund<br />
Innovationsförderung sowie für <strong>Fo</strong>rschung haben sich<br />
massiv verändert. Daher wurde zwischen den beiden Ministerien<br />
vereinbart, die Berichterstattung über forschungs und<br />
technologiepolitische Entwicklungen in den Mittelpunkt zu<br />
stellen. Auffällig ist, dass im Gegensatz zu einigen anderen<br />
Staaten, z.B. Großbritannien, keine thematischen Prioritäten<br />
in Kombination mit wichtigen Zielregionen definiert werden,<br />
auf die sich die Arbeit der Referenten konzentrieren<br />
sollte. Auch ist nicht ersichtlich, ob und wie die allgemeinen<br />
Handlungsanweisungen für die Wissenschaftsreferenten der<br />
Vielzahl politischer <strong>Fo</strong>rderungen an eine neue AWP – so z.B.<br />
friedenspolitisches Engagement, wissenschaftsbasierte Diplomatie<br />
als kultureller Dialog oder als Nachhaltigkeitsinstrument<br />
zur Bearbeitung grenzüberschreitender Probleme<br />
usw. – entsprechen können.<br />
Auch bleibt ungeklärt – dies beklagen zuweilen die in den<br />
Außenvertretungen tätigen Referenten –, wem die gewonnenen<br />
Informationen von Nutzen sein sollen. Ein dem britischen<br />
System entlehntes Global Science and Innovation<br />
<strong>Fo</strong>rum unter Beteiligung aller in Deutschland agierenden<br />
Wissenschafts- und Technologieinstitutionen als strategischer<br />
Aufgabenverteiler und Informationsabnehmer ist aber<br />
noch nicht in Sicht, zumindest wenn AWP jenseits ihrer<br />
wissenschafts- und forschungspolitisch proklamierten Ziele<br />
auch andere Funktionen erfüllen soll. Dabei wäre eine solche<br />
interministerielle und intergorganisationale Plattform<br />
gerade aufgrund der Ausdifferenziertheit und des Wandels<br />
des deutschen Wissenschaftssystems (Knie/Simon 2010, S.<br />
27-30) und den individuellen Bedarfslagen seiner Wissenschaftsorganisationen<br />
und anderer F&T-relevanter Akteure<br />
ratsam. 11 Positiv zu bewerten ist hingegen die Entwicklung<br />
deutscher Wissenschafts- und Innovationshäuser (DWIH)<br />
im Ausland. Finanziert durch das AA mit rund 3 Mio. Euro,<br />
erfolgt ihr Aufbau in Zusammenarbeit mit der Allianz der<br />
deutschen Wissenschaftsorganisationen und dem Deutschen<br />
Industrie- und Handelskammertag. 12 Hier scheinen<br />
die Schweizer SWISSNEX-Häuser Modell gestanden zu<br />
haben, ob sie jedoch Erfolg haben werden, hängt nicht zuletzt<br />
davon ab, ob sich die deutschen F&T-Organisationen<br />
nicht aufgrund ihrer Profilierungsstrategien und ihren z.T.<br />
starken Autonomieansprüchen nicht gegenseitig im Weg<br />
stehen werden. 13<br />
Gemeinsamkeiten und Unterschiede der AWP<br />
Worin unterscheiden sich die beschriebenen Staaten im Betreiben<br />
ihrer AWP? Würde man eine Typologie staatlicher<br />
9 Im Jahr 1969 erhielt der Bund neue Kompetenzen in der Bildungsplanung<br />
und der <strong>Fo</strong>rschungsförderung, denen entsprechend das Bundesministerium<br />
für Bildung und Wissenschaft (BMBW) bis 1994 arbeitete. Das Bundesministerium<br />
für <strong>Fo</strong>rschung und Technologie wurde 1972 gegründet,<br />
um angewandte- und Grundlagenforschung sowie technologische Entwicklung<br />
zu fördern. Nach der Bundestagswahl 1994 fusionierten BMBW<br />
und BMFT in das bis heute existierende Bundesministerium für Bildung,<br />
Wissenschaft, <strong>Fo</strong>rschung und Technologie (BMBF). Die Abteilung Technologiepolitik<br />
musste das BMBF 1998 allerdings an das Wirtschaftsministerium<br />
abgeben und wurde daher in Bundesministerium für Bildung und <strong>Fo</strong>rschung<br />
umbenannt.<br />
10 Beispielsweise operiert in der Deutschen Botschaft in Delhi, dem französischen<br />
Modell ähnelnd, ein Wissenschaftsreferent sowohl im Auftrag der<br />
Max-Planck-Gesellschaft als auch im Auftrag der Bundesregierung. Vereinzelt<br />
werden auch so genannte „Karrierediplomaten“ aus dem AA für<br />
F&T eingesetzt.<br />
11 Anders ausgedrückt: ein deutscher Wissenschaftsreferent ist an seine Berichtspflicht<br />
gebunden und leitet Informationen zuoberst dem AA weiter,<br />
in bestimmten Fällen auch dem BMBF. In den beiden Ministerien wird,<br />
auch auf Empfehlung über die Dringlichkeit des Mitarbeiters aber nicht<br />
ausschließlich, entschieden, wem im Übrigen Informationen zukommen<br />
dürfen. Im günstigsten Fall pflegen die Referenten der Außenstellen<br />
einen guten Informationsaustausch mit Vertretern der Wissenschaftsorganisationen<br />
und der deutschen Handelskammer – so sie vor Ort operieren<br />
– jedoch garantiert dieser informelle Austausch per se keine schnellen<br />
Informationsaustausch, auf den F&E-Stakeholder und andere relevante<br />
Akteure zeitnah und adäquat reagieren können.<br />
12 Das erste DIWH wird in São Paulo (Brasilien) eröffnet. Weitere geplante<br />
Pilotstandorte sind zunächst Moskau, Neu Delhi und Tokio.<br />
13 Auch hier lassen im Rückblick Beispiele deutscher Kakophonie schnell<br />
finden. So wurde vor mehr als 15 Jahren die Koordinierungsstelle EG der<br />
Wissenschaftsorganisationen in Brüssel gegründet, um neben der für<br />
deutsche Wissenschaftler kostenfrei bereitgestellten Beratung im Zuge<br />
des aufwendigen „EU-Antragsgeschäftes“ einen koordinierten Auftritt<br />
der deutschen Wissenschaft leisten zu wollen. Schnell musste v.a. letzterer<br />
Anspruch fallen gelassen werden, da mehr und mehr Wissenschaftsorganisationen<br />
ihre eigenen Interessen in Brüssel verfolgen wollten. Der<br />
große Unterschied zwischen Brüssel und anderen Standorten ist glücklicherweise,<br />
dass in letzteren der-zeitig weniger Drittmittel eingeworben<br />
werden können.<br />
76 <strong>Fo</strong> 3+4/2009