Fo - UniversitätsVerlagWebler
Fo - UniversitätsVerlagWebler
Fo - UniversitätsVerlagWebler
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Fo</strong><br />
T. Flink • Außenwissenschaftspolitik: ein neues Handlungsfeld?<br />
teressantesten und besten <strong>Fo</strong>rschungsstätten sowie den talentiertesten<br />
Wissenschaftlern: „The U.S. is no longer the<br />
unquestioned leader in certain S&E fields ... and must increasingly<br />
rely on and learn from other countries.“ Ähnlich<br />
verhält es sich mit dem gemeinsamen Interesse an kostensparenden<br />
multilateralen Projektpartnerschaften in der<br />
Großforschung. Auch die Liste der wichtigsten Themen und<br />
Anliegen weist zunächst keine Besonderheiten auf – sie ist<br />
eher noch umfassender als die des britischen Science and<br />
Innovation Networks (SIN), obwohl Innovationsförderung<br />
darin gar nicht auftaucht. Und was zumindest auch für<br />
Frankreich und Japan gilt, ist dass auch die AWP der USA<br />
bis in die Vermarktung von Nuklearkraftwerken und streng<br />
geheimen Produkten der Luft- und Raumfahrtindustrie hineinreicht.<br />
Beim genaueren Hinsehen ist die amerikanische Herangehensweise<br />
jedoch anders und sehr speziell: Erstens spielt<br />
für die USA das Standortmarketing praktisch keine Rolle; es<br />
taucht weder im strategischen Portfolio des Department of<br />
State (DoS) und ihrer für F&T zuständigen Abteilung, dem<br />
Bureau of Oceans and International Environmental and<br />
Scientific Affairs (OES), auf noch in der täglichen Arbeit der<br />
Referenten in den Environment, Science, Technology and<br />
Health Services der US-amerikanischen Botschaften und<br />
Konsulate. Daran besteht einerseits kein Bedarf, weil die<br />
amerikanische <strong>Fo</strong>rschung und amerikanische Universitäten<br />
überall in der Welt sehr hoch im Kurs stehen. Zum anderen<br />
betreiben die Universitäten – und viele sind nicht staatlich<br />
sondern privatrechtlich organisiert – ihr Internationalisierungsgeschäft<br />
selber. Zweitens machen die USA gar keinen<br />
Hehl daraus, dass sie mit ihrer Wissenschaftsaußenpolitik<br />
allem voran nationale Interessen verfolgen: Das bedeutet<br />
an erster Stelle Kapazitätssicherung – „augmentation of<br />
scientific human capital“ und „leveraging on foreign science<br />
capacities“ in strategisch wichtigen Feldern wie z.B. IKT<br />
oder Biotreibstoffe und den entsprechenden Partnerländern.<br />
Daneben verstehen die USA die internationale WTZ<br />
aber auch als ein zunehmend wichtigeres Instrument der<br />
Diplomatie – als „soft power“, die „positive relationships<br />
with foreign publics“ stiften soll.<br />
Unter dieser Perspektive werden F&T nicht allein zum<br />
Türöffner, sondern vielmehr auch zu einem Vehikel für die<br />
Verbreitung politischer Werte und Ordnungsvorstellungen,<br />
für die die USA stehen, und zur flankierenden Unterstützung<br />
nationaler Interessen. Die Förderinitiativen, die das<br />
OES für einzelne Zielländer (allesamt außerhalb der westlichen<br />
Hemisphäre) aufgelegt hat, versteht es daher in erster<br />
Linie als Hilfestellung für ein weit größeres Projekt, nämlich<br />
„building civil society“. Solchen politischen Zielvorstellungen<br />
entspricht eine Lesart bilateraler WTZ-Abkommen,<br />
wonach diese unbedingt eine „protection and allocation of<br />
intellectual property rights and benefit sharing” bieten<br />
sowie dazu dienen sollten, „to facilitate access for researchers,<br />
... and respond to the complex set of issues associated<br />
with economic development, domestic security and regional<br />
stability.“ Drittens wiegen für die USA seit dem 11.<br />
September 2001 sicherheitspolitische Überlegungen weitaus<br />
schwerer als für alle anderen Länder.<br />
In jüngster Zeit haben diverse „Think Tanks“ und Einrichtungen<br />
die schlecht orchestrierte und stiefmütterlich behandelte<br />
AWP der USA kritisiert, eine stärkere programmatischen<br />
Koordination angemahnt und auf die Notwendigkeit<br />
von mehr Ressourcen sowie besser qualifizierten Personals<br />
hingewiesen. So stellte die American Academy of Diplomacy<br />
der US-Regierung im November 2004 ein miserables<br />
Zeugnis aus: „Coordination of scientific issues within<br />
the government is inadequate and the cadre of scientifically<br />
knowlegeable diplomats in foreign affairs is woefully<br />
lacking.” Im Oktober 2008 legte dieselbe Einrichtung eine<br />
Denkschrift vor mit dem Titel „A <strong>Fo</strong>reign Affairs Budget for<br />
the Future – Fixing the Crisis in Diplomatic Readiness“,<br />
worin eine Aufstockung des F&T-Bereichs im Außenministerium<br />
um 70 Stellen gefordert wird. Einen dringenden Bedarf<br />
an mehr inhaltlicher Kohärenz und technischer Koordination<br />
der verschiedenen Akteure in der amerikanischen Wissenschaftsaußenpolitik<br />
konstatierte auch die Denkschrift<br />
des National Science Board vom Februar 2008. Derlei Kritiken<br />
sind nicht neu, sondern wurden durch wissenschaftspolitische<br />
Aufrufe der Zeitschrift Science untermauert (Turekian/Lord<br />
2008, S. 769-770; Solomon 1998, S. 1649-1650;<br />
Ratchford 1998, S. 1650).<br />
Soweit keine direkten Sicherheitsinteressen der USA ins<br />
Spiel kommen, wird die Arbeit der ESTH-Serices im Ausland<br />
ganz überwiegend von wissenschafts- und umweltpolitischen<br />
Anliegen und je nach Land unterschiedlichen prioritären<br />
Projekten bestimmt. Ihre wesentliche Aufgabe beschreiben<br />
die Referenten als Vermittlungsdienste, US-amerikanischen<br />
<strong>Fo</strong>rschern und Wissenschaftseinrichtungen Zugang<br />
zu den akademischen und materiellen wissenschaftlichen<br />
Ressourcen des Gastlandes verschaffen („harnessing<br />
talent“), und nach allem Ausschau halten, was Förderorganisationen<br />
und die „scientific community“ in den USA am<br />
Gastland interessieren könnte und eine entsprechende Zusammenarbeit<br />
anzuregen. Wirtschaftlich-technische Angelegenheiten,<br />
insbesondere die Interessenvertretung von<br />
Wirtschaftsunternehmen, fallen nicht in den Zuständigkeitsbereich<br />
des OES, sondern werden von der Wirtschaftsabteilung<br />
des DoS in enger Zusammenarbeit mit dem Department<br />
of Commerce, dem Wirtschaftsministerium und<br />
dem National Institute of Standards and Technology wahrgenommen.<br />
Welche Rolle F&T und die internationale WTZ<br />
für die amerikanische Außenpolitik insgesamt spielen ist<br />
schwer zu beurteilen. Fest steht jedoch, dass ihre Bedeutung<br />
gewachsen ist. So wurde 2000 im Außenministerium<br />
der neue Posten eines Science and Technology Advisor to<br />
the Secretary geschaffen. Andererseits mangelt es der amerikanischen<br />
AWP noch immer an einer kohärenten Agenda,<br />
an klarer Sichtbarkeit und damit auch an Einfluss innerhalb<br />
der Verwaltung.<br />
Deutschland<br />
Die deutsche AWP ist ebenfalls nicht erst gestern etabliert<br />
worden. In enger Definition war es das BMFT 9 , das kursorisch<br />
F&T-Referenten in deutsche Botschaften entsendete.<br />
Sie waren vor allem für die Anbahnung und rechtliche Absicherung<br />
von internationalen Partnerschaften sowie für die<br />
Vermarktung von deutschen Technologien, z.B. im Bereich<br />
der zivilen Kernkraft, verantwortlich. Dieses Netzwerk<br />
wurde sukzessiv erweitert. Mittlerweile sind für AWP sowohl<br />
das Bundesministerium für Bildung und <strong>Fo</strong>rschung<br />
(BMBF) als auch das Auswärtige Amt zuständig (AA). Allerdings<br />
bleibt es, bis auf wenige Ausnahmen 10 , bei der Rege-<br />
<strong>Fo</strong> 3+4/2009<br />
75