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Fo - UniversitätsVerlagWebler

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<strong>Fo</strong><br />

<strong>Fo</strong>rschungsgespräch mit P. Gauweiler<br />

sprache waren sicherlich große <strong>Fo</strong>rtschritte. Über die Ziele<br />

ist man sich im Wesentlichen einig, nicht nur im Unterausschuss,<br />

sondern auch im Bundestag.<br />

<strong>Fo</strong>: Haben Sie mal erwogen, sich mit der österreichischen<br />

und schweizerischen Wissenschaft und Politik kurz zu<br />

schließen, um sich auszutauschen und evtl. Maßnahmen zu<br />

koordinieren? Schließlich handelt es sich auch um ein Problem<br />

der deutschen Sprache, und die Interessen scheinen<br />

parallel zu liegen. Solche Probleme sind ja in der Vergangenheit<br />

in länderübergreifenden Gremien erörtert sowie<br />

das weitere Handeln inhaltlich abgestimmt worden.<br />

PG: Die Kooperation mit allen Ländern in denen (auch)<br />

deutsch gesprochen wird ist von hoher Bedeutung und<br />

muss unbedingt forciert werden. Wir haben identische<br />

sprachliche Interessen.<br />

<strong>Fo</strong>: Wir sollten nicht polemisch werden und sagen, dass im<br />

Falle von Industriespionage, z.B. dem Knacken und Ausspähen<br />

von Computersystemen in der Windenergie-Industrie,<br />

manche Kreise in den USA sehr wohl die deutsche<br />

Wissenschaftssprache geschätzt und genutzt haben.<br />

Aber es gibt weniger problematische Anlässe, die die deutsche<br />

Wissenschaftssprache für ausländische Wissenschaftler<br />

attraktiv machen könnten. Hier denke ich vor allem an das<br />

Potential derer, die alle mal in der Schule Deutsch gelernt<br />

haben, aber deren Kenntnis mangels Gebrauch eingeschlafen<br />

und eingerostet ist. Dieses große Potential zu wecken,<br />

fällt viel leichter, als Wissenschaftler völlig neu für diese<br />

Sprache zu gewinnen - obwohl das natürlich nicht vernachlässigt<br />

werden sollte, aber bereits zu den expliziten Zielen<br />

von DAAD und Goethe-Instituten zählt. Mit etwas Fantasie<br />

könnte man sich eine neue Initiative vorstellen, die sich auf<br />

diese Gruppe der „ehemaligen” deutsch sprechenden Wissenschaftler<br />

richtet. Neben weltweit verstreut lebenden<br />

Adressaten dieser Art kann ich mir Schwerpunkte dafür in<br />

Skandinavien, den baltischen Staaten, Mittelost-, Ost- und<br />

Südosteuropa vorstellen - überall dort, wo Deutsch als<br />

erste oder zweite Fremdsprache stärker verbreitet schon in<br />

der Schule gelernt worden war. Es bedarf jetzt eines zweiten<br />

Anreizes, da die Schulsprache nicht auf den späteren,<br />

jetzt ausgeübten Beruf als Wissenschaftler bezogen worden<br />

war. Hier wären auch die 17 Mio. Menschen einzubeziehen,<br />

die z.Z. Deutsch lernen. Sehen Sie da Handlungsmöglichkeiten<br />

der Politik, und als wie dringlich wird das von<br />

Ihnen eingestuft?<br />

PG: Durch einen Initiative zur Stärkung deutscher Schulen<br />

im Ausland und durch die Partnerschulinitiative haben wir<br />

in der letzten Wahlperiode bereits die Grundlage für Verbesserungen<br />

im Bereich des Spracherwerb gelegt. Die Einbeziehung<br />

oder Anziehung von ausländischen Studierenden,<br />

die bereits Kenntnisse in Deutsch erworben haben,<br />

kann nur gelingen, wenn die deutschen Universitäten den<br />

Nährboden bereiten, die deutsche Sprache noch intensiver<br />

kennenzulernen und damit Deutschland und seine Kultur<br />

besser zu verstehen. Darunter fallen auch die rund zwei<br />

Millionen Menschen, die derzeit an verschiedenen Hochschulen<br />

Deutsch als Fremdsprache erlernen. Außerdem<br />

sollten die Angebote Deutsch im Ausland zu lernen noch<br />

weiter gefördert und ausgebaut werden.<br />

<strong>Fo</strong> 3+4/2009<br />

<strong>Fo</strong>: Die folgende Frage habe ich auch der Präsidentin der<br />

HRK, Prof. Margret Wintermantel gestellt: Könnte es aus<br />

Sicht staatlicher Wissenschaftspolitik nicht sprach- und wissenschaftspolitisch<br />

sinnvoll sein, in Gebieten, in denen<br />

Deutschland tatsächlich Spitzenforschung aufzuweisen hat,<br />

einzelne deutschsprachige Fachzeitschriften und die Aufnahme<br />

von Beiträgen in ihre Hefte (oder online-Ausgaben)<br />

prestigeträchtig so zu unterstützen, dass es im Ausland<br />

immer wissenschaftlich ergiebiger, d.h. attraktiver wird, auf<br />

solche Publikationen zuzugreifen? Dies könnte durch eigene<br />

englischsprachige Kurzartikel über diese Spitzenforschung<br />

in den bisher führenden US-amerikanischen Zeitschriften<br />

mit Verweis auf die ausführlichen Berichte in der<br />

deutschen Zeitschrift geradezu angereizt werden. So oder<br />

in Varianten könnten Etappenziele einer aktiven Sprachenpolitik<br />

mit strategischer Komponente aussehen. Die deutschen<br />

Fachgemeinschaften haben offensichtlich nicht den<br />

Organisationsgrad und agieren dem Anschein nach obendrein<br />

mit einer gewissen Wissenschaftsnaivität, was diese<br />

Fragen angeht. Man muss sich nur die Politik der anderen<br />

Seite einschließlich der spezifischen Organisation der Impactpunkte<br />

ansehen, um zu begreifen, dass dort wenig dem<br />

Zufall überlassen wurde ...<br />

PG: Dies halte ich für eine denkbare Initiative, Deutsch als<br />

Wissenschaftssprache stärker in der universitären und der<br />

wissenschaftlichen Diskussion zu platzieren.<br />

<strong>Fo</strong>: Diesen Punkt habe ich auch der VW-Stiftung gegenüber<br />

angesprochen: Auch ohne alle Verschwörungstheorien und<br />

Verdächtigungen des wissenschaftlichen Imperialismus passen<br />

die von den USA ausgehenden Strategien und Einzelmaßnahmen<br />

erstaunlich gut zusammen und passen auch<br />

gut zu der Debatte um brain gain, der dann doch in die<br />

Nähe eines wissenschaftlichen Imperialismus gerückt wird.<br />

Halten wir uns nicht mit der Erörterung von vermuteter Absicht<br />

auf, sondern konzentrieren uns auf die <strong>Fo</strong>lgen. Diese<br />

<strong>Fo</strong>lgen sind nicht im deutschen Interesse, weder kulturell,<br />

wissenschaftlich, noch wirtschaftlich, also müssten Gegenstrategien<br />

entwickelt werden, um den Trend wieder umzukehren.<br />

Damit ist nicht gemeint, Deutsch nun seinerseits<br />

zur lingua franca der Wissenschaft zu machen (was ohnehin<br />

vergeblich wäre). Aber ihr den ihr gebührenden Platz nach<br />

Quantität und vor allem Qualität im deutschsprachigen<br />

Raum erzielter wissenschaftlicher Ergebnisse zu verschaffen,<br />

wäre ein plausibles Ziel.<br />

PG: Auf jeden Fall. Das Gegenstück zu diesem wissenschaftlichen<br />

Imperialismus war die sprachliche Anpassungsbereitschaft<br />

und Einebnungsbereitschaft bei uns. Deutsch als<br />

Wissenschaftssprache wurde immer weiter zurückgedrängt.<br />

Was wir brauchen, ist zumindest eine rezeptive Mehrsprachigkeit<br />

unter den Wissenschaftlern, am wichtigsten wird<br />

aber der Wille unserer Wissenschaftler sein, wieder der<br />

deutschen Sprache größeres Gewicht im internationalen<br />

Rahmen zu verleihen.<br />

<strong>Fo</strong>: Herr Dr. Gauweiler, wir danken Ihnen für diese Stellungnahme.<br />

Die Fragen für „<strong>Fo</strong>rschung” stellte Wolff-Dietrich Webler.<br />

III

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