Zwar-Zeitung 4 2014
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Die Bottroper ZWAR-<strong>Zeitung</strong> Die AKTIVE GENERATION Ausgabe 4 <strong>2014</strong> Seite 20<br />
Was machen wir denn Heiligabend? Diese Frage, die so beiläufig und scheinbar<br />
harmlos daherkommt, läutet - wie in jeder ersten Dezemberwoche - die hitzigste<br />
Hausversammlung des Jahres ein.<br />
Würde sie in einer Familien gestellt, bei unsern Nachbarn, den Sobolewskys<br />
zum Beispiel, da war das Thema mit ein bißchen "Sissi" oder "Kevin allein zu<br />
Haus" ruckzuck vom (Gaben)Tisch.<br />
Ganz anders in der T-E-S, der Therapie Einrichtung für<br />
Süchtige. Denn für die Junkies ist Weihnachten das Fest<br />
der Selbstmorde, der Rückfälle, der traumatischen<br />
Erinnerungen und der Hoffnungslosigkeit.<br />
Und da soll mal einer gegenanschenken mit 7,50 € pro<br />
Klient abgezwackt aus einer Kaffeekasse, die es offiziell<br />
gar nicht gibt?!<br />
Und so fallen die Kommentare der Bewohner in der<br />
Hausversammlung dann auch aus.<br />
Etliche plädieren dafür, anläßlich des FDH (Fest der<br />
Heuchler) die Knaste niederzubrennen oder - alternativ - an alle Richter<br />
Marzipankartoffeln mit einer Prise Arsen zu verschicken.<br />
Und auch die "Baumdebatte" zieht sich wieder endlos hin. Denn Tannenbäume<br />
sind out, Depressionen sind in. "Dat mir keiner son Weihnachtsgestrüpp<br />
mitbringt, ich muß immer brechen von Nadelhölzer in Dezember!" lautet eine<br />
typische Wortmeldung. Und die Drohungen, "Wer als<br />
erster 'n Weihnachtslied absetzt, für den bleibt die Nacht<br />
still – für immer." gehört fast schon zum Pflichtprogramm.<br />
Aber als das magische Datum erreicht ist, bietet sich Nina,<br />
der Einrichtungsleiterin, gegen 17.00 Uhr ein vertrautes<br />
Bild: Sie sieht Jo und Harald, die beiden "dienstältesten"<br />
Bewohner um die Ecke biegen und in ihrer Mitte, im<br />
Rhythmus ihrer Schritte sanft hin und her wiegend: der<br />
Baum.<br />
Es sieht aus, als trügen sie einen besoffenen Freund<br />
zwischen sich, einen struppigen Kerl, der nicht in der Lage<br />
ist, mit seinen erdigen Füßen den Boden zu berühren. Ein<br />
ganz besonders mickriges Exemplar, klein, schief<br />
gewachsen, mit ausladenden Ästen an den falschen<br />
Stellen und viel Lücke zwischendrin. So 'ne Art<br />
Patchworkfichte. 'Wo", Nina umrundet das Mensch-Baum-<br />
Ensemble, "habt ihr das denn her? “ Sie zeigt auf den immergrünen Freund, den<br />
die beiden vergebens hinter sich zu verstecken versuchten.<br />
"Ja, weißt du, wir waren, ...äh, wir haben ", beginnt der eine.