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DER BIEBRICHER, Ausgabe 266, Januar 2014

Stadtteilmagazin für Wiesbaden-Biebrich, Erscheinungsweise monatlich

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Drei Jahrzehnte Doppelvorsitzender – dienen statt verdienen<br />

Ortsvorsteher und Oberbürgermeister<br />

sind gekommen und<br />

gegangen, Vereine wurden gegründet<br />

und wieder aufgelöst,<br />

neue Feste wurden<br />

initiiert und sind<br />

wieder verschwunden<br />

– doch eine feste<br />

Konstante gibt es<br />

seit drei Jahrzehnten<br />

in Biebrich: Günter Noerpel.<br />

Seit 30 Jahren steht er als<br />

Vorsitzender an der Spitze des<br />

Turnvereins Biebrich (TVB) und<br />

der Arbeitsgemeinschaft Biebricher<br />

Vereine und Verbände<br />

(AG). Zahlreiche Veranstaltungen,<br />

Feste, die heutige Städtepartnerschaft<br />

zum schweizerischen<br />

Glarus und viele andere<br />

Dinge, für die Biebrich über<br />

die Stadtgrenzen Wiesbadens<br />

hinaus bekannt ist, gehen auf<br />

seine Initiative oder zumindest<br />

seine maßgebliche Mitwirkung<br />

zurück. So beispielsweise die<br />

Mosburgfeste, Weihnachtsmärkte,<br />

Kulturwochen sowie<br />

zahlreiche Konzertveranstaltungen.<br />

Man sieht es ihm nicht an und<br />

selbst Viele, die ihn glauben<br />

gut zu kennen, sind überrascht,<br />

wenn sie hören, dass er<br />

Jahrgang 1940 ist. Der 73-Jährige<br />

lebt im wahrsten Sinne<br />

des Wortes „für Biebrich“ und<br />

das, obwohl er selbst garnicht<br />

in Biebrich wohnt. Trotzdem<br />

ist er ein waschechter Biebricher<br />

Bub. Aufgewachsen ist er<br />

zusammen mit drei weiteren<br />

Geschwistern in unmittelbarer<br />

Nähe seiner Hauptwirkungsstätte,<br />

direkt neben der Turnhalle<br />

des Turnvereins Biebrich,<br />

in der heutigen Salizéstraße.<br />

Als Kriegskind wuchs er, wie er<br />

selber betont, „unter erschwerten<br />

Bedingungen und nicht im<br />

Wohlstand“ auf. Auch die Entbehrungen<br />

der Nachkriegszeit<br />

prägten ihn. Zugleich sind diese<br />

Erfahrungen aber auch der<br />

Schlüssel dafür, dass er das,<br />

was er seit vielen Jahren in und<br />

für Biebrich leistet, auch heute<br />

immer noch mit ungebrochenem<br />

Idealismus betreibt.<br />

„Leistung und Disziplin“ lautet<br />

seine Maxime, was er auf seine<br />

Günter<br />

Noerpel<br />

Kindheitserfahrungen zurückführt.<br />

Trotzdem erinnert er<br />

sich gerne an seine Kindheit,<br />

in der beispielsweise der<br />

Straßenfußball, Aktivitäten<br />

auf der Rettbergsau,<br />

Lausbubenstreiche<br />

und das<br />

nicht ungefährliche<br />

„Anschwimmen“ von<br />

Frachtschiffen im Rhein<br />

wichtige Rollen spielten.<br />

Nicht immer erntet Günter Noerpel<br />

mit dem, was und wie<br />

er es macht, ungeteilte Zustimmung.<br />

Kritik auf Stammtischniveau<br />

begegnet er meist<br />

mit erstaunlicher Gelassenheit.<br />

Konstruktiver Kritik will er sich<br />

gerne stellen, meist seien es jedoch<br />

nur Parolen. „Nicht Worte<br />

sind entscheidend, sondern<br />

Taten“, so seine feste Überzeugung.<br />

„Aufgeben“ oder „Hinschmeißen“<br />

kam und kommt<br />

für ihn – ebenso wie bei vielen<br />

anderen Menschen seiner<br />

Generation – nicht infrage.<br />

„Durch Niederlagen wächst<br />

man, nicht durch Siege“, erklärt<br />

er nüchtern. Doch auch<br />

seine Kritiker stimmen darin<br />

überein, dass es so gut wie keine<br />

andere Person gibt, die sich<br />

dermaßen für Biebrich und das<br />

Vereinsleben in Wiesbadens<br />

einwohnerstärkstem Stadtteil<br />

engagiert. Und genau das lässt<br />

viele Biebricher Vereinsvertreter<br />

zugleich sorgenvoll in die<br />

Zukunft schauen.<br />

Das Vereinsleben ist im Umbruch.<br />

Viele Vereine kennen<br />

die zunehmenden Probleme,<br />

wenn es beispielsweise darum<br />

geht, Posten im Vorstand<br />

zu besetzen. „Ihr eigenes Ego<br />

pflegen und in der Öffentlichkeit<br />

glänzen wollen Viele.<br />

Doch die Arbeit, die auch ein<br />

Ehrenamt mit sich bringt, wollen<br />

immer weniger Menschen<br />

auf sich nehmen. Für Menschen<br />

meiner Generation hat<br />

der Begriff des ‚Dienens‘ noch<br />

eine besondere Bedeutung.<br />

Heute geht es jedoch leider<br />

in erster Linie um das ‚Verdienen‘“,<br />

klagt Noerpel. Er gibt<br />

allerdings zu, dass sich die Rahmenbedingungen<br />

für ehrenamtliches<br />

Engagement in den<br />

letzten Jahren und Jahrzehnten<br />

auch deutlich verändert – besser<br />

gesagt verschlechtert – haben.<br />

Bis 1999 arbeitete Noerpel als<br />

Elektrikermeister im damaligen<br />

Hoechst-Ausbildungszentrum<br />

im heutigen Industriepark.<br />

Eine attraktive Vorruhestandsregelung<br />

im Rahmen des Konzernumbaus<br />

ermöglichte ihm<br />

im Alter von 58 Jahren, sein<br />

ehrenamtliches Engagement<br />

zum „Hauptberuf“ zu machen.<br />

Über 500 Auszubildende hatte<br />

er zuvor auf ihrem Weg in das<br />

Berufsleben begleitet. Arbeit<br />

und Ehrenamt ließen sich auch<br />

schon während seiner beruflichen<br />

Laufbahn besser wie<br />

heutzutage miteinander verbinden.<br />

„Für alle großen Unternehmen<br />

entlang des Rheins<br />

war es damals eine Selbstverständlichkeit,<br />

Vereinsaktive<br />

und Mandatsträger unter ihren<br />

Beschäftigten zu unterstützen<br />

und ihnen großzügig<br />

Freiräume für gemeinnütziges<br />

Engagement einzuräumen.<br />

Die Förderung solcher Mitarbeiter<br />

war früher die beste<br />

Unternehmenswerbung in der<br />

Nachbarschaft“, erinnert sich<br />

Noerpel. In der heutigen Leistungsgesellschaft<br />

sei dies anders:<br />

Damals habe Ideelles im<br />

Mittelpunkt gestanden, heute<br />

eher Materielles.<br />

Privat lebt Günter Noerpel seit<br />

40 Jahren mit Iris Jäger zusammen,<br />

die er nach einem<br />

Günter Noerpel zusammen mit seiner achtjährigen Nichte<br />

Catherine.<br />

PRIVAT<br />

18 <strong>DER</strong> <strong>BIEBRICHER</strong> / JANUAR <strong>2014</strong>

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