Ihr Kinderlein kommet⦠- VSETH - ETH Zürich
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12 Fruchtbarkeit<br />
Polykum 5/05–06<br />
Wann ist die Erde voll<br />
Und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehret euch und füllt die Erde... Und das tun wir. Die<br />
Erdbevölkerung wächst und wächst. Was sind die Konsequenzen Und wann ist der Planet voll Wagen<br />
wir einen Blick in die Zukunft. Martina Alig > alig@polykum.ethz.ch<br />
Bild: Brenton Nicholls<br />
Zum Glück hat’s momentan meist noch etwas mehr Platz...<br />
Im letzten Jahrhundert ist die Weltbevölkerung<br />
geradezu explodiert. Lebten bis und mit<br />
1900 nie mehr als 2 Milliarden Menschen auf<br />
der Erde, sind es heute über 6,5 Milliarden. Die<br />
UN Population Division erwartet, dass diese<br />
Zahl bis ins Jahr 2050 auf circa 9,1 Milliarden<br />
Menschen angestiegen sein wird. Dieses hohe<br />
Bevölkerungswachstum ist nicht nur aus ökologischer,<br />
sondern auch aus entwicklungspolitischer<br />
Sicht bedenklich. Denn die allermeisten<br />
dieser zusätzlichen 2,6 Milliarden<br />
Menschen werden in den armen Ländern des<br />
Südens geboren werden.<br />
In den allermeisten Industrienationen<br />
sind die Geburtenzahlen rückläufig. Ganz anders<br />
sieht es in den Entwicklungsländern aus.<br />
Die Bevölkerung in den fünfzig am wenigsten<br />
entwickelten Ländern wird sich bis ins Jahr<br />
2050 mehr als verdoppelt haben. Gerade in<br />
den ärmsten Ländern haben Frauen oft keinen<br />
Zugang zu Verhütungsmitteln, sei es aufgrund<br />
ungenügenden Zugangs zu Gesundheits-<br />
und Familienplanungszentren oder<br />
aus finanzieller Armut. Aber auch schlichtes<br />
Unwissen oder religiöse Gründe können<br />
Ursachen für eine geringe Anwendung von<br />
Kontrazeptiva sein. Zudem gelten Kinder in<br />
vielen Entwicklungsländern immer noch als<br />
einzig mögliche Altersvorsorge.<br />
Frauenbildung entscheidend<br />
So lange also keine minimalen sozialen<br />
Sicherungssysteme aufgebaut werden und<br />
nicht entschieden in den Ausbau von Basis-<br />
gesundheitsdiensten und Beratungszentren<br />
investiert wird, wird es schwierig sein, aus diesem<br />
Teufelskreis von hohem Bevölkerungswachstum<br />
und Armut auszubrechen. Neben<br />
solchen Grundvoraussetzungen braucht es<br />
aber vor allem eines: Bildung für Frauen.<br />
Viele Studien haben nachgewiesen, dass mit<br />
steigendem Bildungsgrad der Frauen die Zahl<br />
der Kinder und die hohe Zahl ungewollter<br />
Schwangerschaften, auf die etwa ein Viertel<br />
des Bevölkerungswachstums zurückgeführt<br />
wird, deutlich sinken.<br />
Mit der Reduktion der Weltbevölkerung<br />
würde auch ein wichtiger Schritt in<br />
Richtung der Millennium Development<br />
Goals (MDG) gemacht. Alle 189 UN-Mitgliedstaaten<br />
haben sich zum Ziel gemacht,<br />
diese Milleniumsziele bis 2015 zu erreichen.<br />
Kleinere Familien und längere Abstände<br />
zwischen den einzelnen Kindern erlauben<br />
es, mehr in die Ernährung und Gesundheitsvorsorge<br />
der einzelnen Kinder zu investieren<br />
(MDG 1: Ausrottung von extremer<br />
Armut und Hunger). Familien mit weniger<br />
Kindern können auch mehr für die<br />
Ausbildung jedes einzelnen Kindes bezahlen<br />
(MDG 2: Primarschulbildung für alle).<br />
Die Kontrolle über das ob und den Zeitpunkt<br />
einer Schwangerschaft ist ein wichtiger<br />
Aspekt in der Stärkung der Rechte der Frauen<br />
(MDG 3). Verbesserter Zugang zu medizinischer<br />
Grundversorgung hilft sowohl die<br />
Kindersterblichkeit zu reduzieren (MDG 4)<br />
und die Gesundheit der Mütter zu verbessern<br />
(MDG 5) als auch Krankheiten wie HIV/<br />
AIDS und Malaria zu bekämpfen (MDG 6).<br />
Politischer Wille nötig<br />
Bevölkerungswachstum ist kein Naturgesetz.<br />
Ob die Weltbevölkerung in der zweiten Hälfte<br />
des 21. Jahrhunderts bei 9 Milliarden stagnieren<br />
oder nach Worst Case-Szenarien sogar<br />
die 12-Milliarden-Marke überschreiten wird,<br />
hängt nicht allein von der demografischen<br />
Eigendynamik, sondern auch vom politischen<br />
Willen der politischen Klassen im Norden<br />
und Süden ab, mehr in die soziale Entwicklung<br />
der armen Länder zu investieren. Wir haben<br />
nur einen Planeten.