Ihr Kinderlein kommet⦠- VSETH - ETH Zürich
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14 Fruchtbarkeit<br />
Polykum 5/05–06<br />
Wenn der Storch nicht kommt…<br />
Ein eigenes Kind zu haben ist der Wunsch vieler Paare. Was aber, wenn es nicht klappt Eine ganze Industrie<br />
hat sich dieses Problems angenommen. Was ist heute möglich, und was erwartet uns in Zukunft<br />
noch Martina Alig > alig@polykum.ethz.ch<br />
Die menschliche Fortpflanzung spielt sich<br />
längst nicht mehr nur in trauter Zweisamkeit<br />
ab. Immer mehr sind neben den werdenden<br />
Eltern auch Ärzte, Psychologen, Samenspender,<br />
Eizellenspenderinnen oder gar Leihmütter<br />
beteiligt. Seit der Geburt des ersten<br />
Retortenbabys 1978 boomt die Fortpflanzungsmedizin.<br />
Bis zum Jahr 2004 sind weltweit<br />
mehr als 1,8 Millionen Kinder geboren<br />
worden, deren Leben im Reagenzglas begann.<br />
Werden wir in Zukunft alle unser Leben so<br />
beginnen Womöglich noch designt nach den<br />
Wünschen unserer Eltern<br />
Der Natur nachhelfen<br />
Solche Szenarien liegen glücklicherweise<br />
noch in weiter Ferne. In der Praxis üblich sind<br />
heute jedoch fünf verschiedene Methoden,<br />
um unfruchtbaren Paaren doch noch zum<br />
ersehnten Nachwuchs zu verhelfen. Die erste<br />
versucht, mit einer Hormonbehandlung hormonelle<br />
Störungen zu beheben, welche die<br />
Zeugung und Empfängnis eines Kindes verhindern.<br />
Bei der zweiten Methode, der Insemination,<br />
wird der männliche Samen künstlich<br />
in den Genitaltrakt der Frau übertragen.<br />
Bei der dritten Möglichkeit, dem Gametentransfer,<br />
werden Samen- und Eizellen instrumentell<br />
in die Gebärmutter oder den Eileiter<br />
eingebracht. Befruchtung, Teilung,<br />
Transport und Einnistung laufen dann als<br />
vollkommen natürliche Vorgänge ab. Demgegenüber<br />
benötigt die vierte Methode, die<br />
In-vitro-Fertilisation die Eileiter gar nicht:<br />
Die Eizellen werden aus dem Körper der<br />
Frau entnommen und in einem Reagenzglas<br />
mit den Spermien des Ehemannes zusammengebracht.<br />
Schliesslich gibt es noch<br />
die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion<br />
(ICSI). Bei dieser fünften Methode wird ein<br />
Spermium unter dem Mikroskop direkt in die<br />
Eizelle eingespritzt.<br />
All diesen Methoden ist gemein, dass<br />
Ei- und Samenzellen nicht genetisch manipuliert,<br />
sondern nur mit medizinischer<br />
Hilfe zusammengebracht werden. Die Gentechnologie<br />
wird momentan erst zur Untersuchung<br />
des Embryos auf eventuelle<br />
genetische Defekte verwendet. Im Rahmen<br />
der pränatalen Diagnostik (PND) kann der<br />
Embryo direkt im Mutterleib untersucht<br />
werden. Falls ein Defekt entdeckt wird, muss<br />
sich die Mutter meist zwischen einem behinderten<br />
Kind und einer Abtreibung entscheiden<br />
– derzeit können nur etwa zehn<br />
Prozent der bei PND festgestellten erblich<br />
bedingten Krankheiten behandelt werden.<br />
Bei einer künstlichen Befruchtung ausserhalb<br />
des mütterlichen Körpers bestünde die<br />
Möglichkeit, Embryos vor der Einpflanzung<br />
auf genetische Abnormalitäten zu untersuchen<br />
(Präimplantationsdiagnostik, PID) und<br />
nur gesunde Embryos zu verwenden. In der<br />
Schweiz ist diese Methode bis jetzt noch verboten.<br />
Der Ständerat hat aber am 13. Dezember<br />
letzten Jahres nach eine Motion zur<br />
Regelung und damit zur Zulassung der PID<br />
an den Bundesrat überwiesen.<br />
Bild: Bill Davenport<br />
Wie viele Eingriffe von Aussen erträgt noch ungeborenes<br />
Leben<br />
Wann Menschenklone<br />
Selbst wenn die PID jedoch zugelassen würde,<br />
bis zu designten Babys oder gar Menschenklonen<br />
ist es noch ein langer Weg. Nachdem<br />
sich der koreanische Forscher Woo-Suk-<br />
Hwang im letzten Jahr als Fälscher entlarvt<br />
hat, steht die Klonforschung am Menschen<br />
wieder ganz am Anfang. Und zur Planung<br />
eines Kindes mit gewissen Eigenschaften<br />
müssen wir zuerst das menschliche Genom<br />
mit all seinen Zusammenhängen wirklich<br />
verstehen – und nicht zu vergessen ist der<br />
grosse Einfluss der Umwelt auf die Entwicklung<br />
eines Menschen. Die Techniken werden<br />
sich jedoch weiterentwickeln, und niemand<br />
weiss, was in Zukunft alles möglich<br />
sein wird. Ohne Zweifel werden dabei neben<br />
den schon heute diskutierten Fragen neue<br />
ethisch kritische Aspekte auftauchen – umso<br />
wichtiger ist die gesellschaftliche Diskussion,<br />
damit schliesslich nicht die Technik allein bestimmt,<br />
was gemacht werden kann.