Fußball-Wm 2006 angeblich gekauft
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DEFGH Nr. 162, Montag, 16. Juli 2012 MÜNCHEN · BAYERN<br />
25<br />
MITTEN IN BAYERN<br />
Neuers heimliche<br />
Hochzeit<br />
VON WOLFGANG WITTL<br />
Sommerzeit, Feierzeit. In bald jedem<br />
Dorf gehört es zur guten Sitte,<br />
dass neben dem Bierzelt eine ganze<br />
Vergnügungsindustrie aufgebaut wird.<br />
Nur in Weiden hat die Feierfreude zuletzt<br />
ein wenig gelitten: Seit der Volksfestplatz<br />
als Party-Location ausfällt, ist die<br />
Stadt in der Oberpfalz verzweifelt auf<br />
der Suche nach einem neuen Standort.<br />
Das Frühlingsfest musste bereits aufs<br />
Sportgelände umziehen, was insofern<br />
kein Problem war, weil man es auf Grillfest-Größe<br />
geschrumpft hat. Ein dauerhafter<br />
Zustand ist das freilich nicht. Welche<br />
Auswirkungen durch so einen unfreiwilligen<br />
Entzug entstehen können, war<br />
nun am Wochenende zu beobachten.<br />
Es begann als kleines Gerücht: Manuel<br />
Neuer, hieß es, sollte am Samstag in<br />
Weiden heiraten. Woher die Information<br />
kam, wusste niemand genau, aber was<br />
machte das schon. Stammt die Freundin<br />
des deutschen Nationaltorhüters denn<br />
nicht aus Weiden? Und hatte nicht auch<br />
schon Thomas Müller, Neuers Kollege<br />
vom FC Bayern, ohne großes Brimborium<br />
den Bund fürs Leben vollzogen? Von<br />
Neuer ist bekannt, dass er sein Privatleben<br />
diskreter behandelt als alle anderen<br />
<strong>Fußball</strong>stars – also auf in die Stadt!<br />
Zunächst fand sich die Feiergemeinde<br />
samt Fotografen, Reportern und Kamerateams<br />
vor der Josefskirche ein. Dass<br />
die Pfarrei eine Trauung schon vorab bestritten<br />
hatte – was soll’s. Dann halt weiter<br />
in die Fußgängerzone zum Alten Rathaus,<br />
wo das Standesamt samstags zwar<br />
gar nicht geöffnet hat, aber nun ja: Vielleicht<br />
gibt es für Promis ja eine Ausnahme.<br />
Und überhaupt: War das nicht der<br />
Mario Gomez, der da in einem Wagen<br />
saß? Auch Karl-Heinz Rummenigge und<br />
Uli Hoeneß gaben sich, wie es sich für gute<br />
Vorgesetzte gehört, die Ehre. Zumindest<br />
meinten das einige aus der inzwischen<br />
Hunderte Menschen zählenden<br />
Schar. Durch die Stadt, so der Rat der Behörden,<br />
sollte man angesichts des Auflaufs<br />
nun besser nicht mehr fahren. Bestimmt<br />
war auch das vermeintliche Ehepaar<br />
Neuer ausgewichen . . . Lässt es sich<br />
nicht auch in Neustadt an der Waldnaab<br />
oder in Wernberg gut heiraten?<br />
Womit sich Manuel Neuer am Samstag<br />
die Zeit vertrieben hat, ließ sich letztlich<br />
nicht klären, doch die Weidener trugen<br />
es mit Fassung: Wenigstens war mal<br />
wieder etwas los in der Stadt.<br />
NALLINGERS PLÄNE<br />
Wenn Visionen<br />
unbezahlbar sind<br />
VON PETER FAHRENHOLZ<br />
Mit Visionen in der Politik ist das<br />
so eine Sache. Von Altkanzler<br />
Helmut Schmidt, gewissermaßen<br />
der Super-Realo der Politik, stammt<br />
der Spruch: Wer Visionen hat, sollte zum<br />
Arzt gehen. Schmidt hat damit seiner Abneigung<br />
gegen politische Wolkenkuckucksheime<br />
Ausdruck verliehen. Andererseits<br />
würde heute kein Wahlstratege<br />
für ein visionsfreies, rein pragmatisches<br />
„Weiter So“ plädieren. Ein Politiker, der<br />
so uninspiriert daherkäme, hätte kaum<br />
Erfolgsaussichten. Es kommt darauf an,<br />
eine politische Vision so mit der Realität<br />
zu verknüpfen, dass der Wähler das Gefühl<br />
hat: Ja, daraus kann etwas werden.<br />
Sabine Nallinger, einzige Frau unter<br />
den drei Bewerben um die OB-Kandidatur<br />
bei den Grünen, ist diese schwierige<br />
Übung jetzt misslungen. Nallinger hat<br />
im Bestreben, sich als die Kandidatin zu<br />
inszenieren, die frischen Wind in die<br />
Münchner Politik bringt und ausgetretene<br />
Pfade verlässt, den Mund reichlich<br />
voll genommen. Sie will Münchens Wohnungsmisere<br />
mit einem kommunalen<br />
Bauboom lösen. Ihr Rivale, Bürgermeister<br />
Hep Monatzeder, war instinktsicher<br />
genug, sofort zuzuschnappen und Nallinger<br />
vorzurechnen, ihre Visionen seien leider<br />
unbezahlbar.<br />
Seither versucht Nallinger, ihren<br />
Traum mit Zahlen zu unterfüttern, ohne<br />
die Sache damit aber viel besser zu machen.<br />
Denn die insgesamt 74 000 neuen<br />
Wohnungen aus kommunaler Hand, die<br />
Nallinger in den nächsten 40 Jahren verspricht,<br />
sind, aufs Jahr heruntergerechnet,<br />
alles andere als eine kühne Vision.<br />
Ganz abgesehen davon, dass niemand eine<br />
seriöse Prognose über einen so langen<br />
Zeitraum abgeben kann. Und zu behaupten,<br />
in 40 Jahren werde der Anteil der<br />
Mietwohnungen in kommunaler Hand<br />
dann 30 Prozent betragen, ist auch ziemlich<br />
mutig. Denn wer weiß schon, wie viele<br />
frei finanzierte Wohnungen in diesem<br />
Zeitraum entstehen werden?<br />
Auch eine andere Gefahr hat Nallinger<br />
unterschätzt: Wer schon so lange mitregiert<br />
wie die Grünen in München, muss<br />
mit paradiesischen Verheißungen besonders<br />
vorsichtig sein. Er könnte sonst<br />
nämlich gefragt werden, warum er seine<br />
Ideen nicht schon längst in die Tat umgesetzt<br />
hat.<br />
Kocherlball<br />
VON CHRISTIAN ROST<br />
München – Eine 31-Jährige mit deutschem<br />
Pass ist offenbar kriminellen Partnerschaftsvermittlern<br />
auf den Leim gegangen<br />
und seit vier Jahren wider Willen mit einem<br />
Inder verheiratet. Der Fall beschäftigt<br />
in München mehrere Gerichte. Obwohl es<br />
offensichtlich ist, dass die Ehe nicht auf legalem<br />
Wege zustande gekommen sein<br />
kann, ist sie trotz vielfältiger Bemühungen<br />
des Opfers bislang weder gelöst noch geschieden<br />
worden. Das ist bitter für die<br />
Frau, weil sie einen Mann, mit dem sie zwischenzeitlich<br />
zusammen lebt und mit dem<br />
sie auch ein Kind hat, nicht heiraten kann.<br />
In die Ehe-Falle tappte die kasachischstämmige<br />
Frau, die seit Jahren in Deutschland<br />
lebt und auch eingebürgert ist, im Jahre<br />
2008. Damals suchte Anna K. (Name geändert)<br />
nach einem Partner und wandte<br />
sich an eine Heiratsvermittlerin. Bei einem<br />
Treffen am Münchner Hauptbahnhof soll<br />
die im Raum Kempten lebende Putzfrau<br />
der Frau leichtfertig eine Kopie ihres deutschen<br />
Passes und ihrer Geburtsurkunde<br />
überlassen haben. Die Vermittlerin schickte<br />
daraufhin einen 20-jährigen heiratswilligen<br />
Inder bei Anna K. vorbei, der ihr aber<br />
nicht zusagte. „Zu schmächtig“, fiel ihr Urteil<br />
aus – sie schickte den jungen Mann, der<br />
als Küchenhilfe in München arbeitete, wieder<br />
nach Hause. Einige Wochen später er-<br />
München – Jetzt ist es doch noch spannend<br />
geworden: Das Rennen um die grüne<br />
OB-Kandidatur, lange Zeit eher ein Geplänkel<br />
im Schatten der Ude-Seehofer-<br />
Schlacht, hat seine kritische Phase erreicht<br />
– die etwa 1200 Münchner Parteimitglieder<br />
müssen entscheiden, welcher der drei<br />
Bewerber für die Grünen ins Rennen geht.<br />
Wie die Abstimmung ausgeht, gilt als völlig<br />
offen. Selbst grüne Spitzenpolitiker wagen<br />
angesichts der vielen Neumitglieder keine<br />
Prognose. Klar ist nur, dass es wohl auf einen<br />
Zweikampf zwischen Bürgermeister<br />
Hep Monatzeder und Stadträtin Sabine Nallinger<br />
hinausläuft. Der einstige Stadtchef<br />
Nikolaus Hoenning gilt als Außenseiter.<br />
Bis zum 24. Juli läuft die Frist und der<br />
Vorstand hat sich aus Ersparnisgründen<br />
ein ungewöhnliches, in der Partei nicht unumstrittenes<br />
Verfahren ausgedacht. Um<br />
nicht zweimal Post verschicken zu müssen,<br />
Der Kocherlball am Chinesischen Turm greift eine alte Tradition der Münchner Dienstboten auf: Eine Tanzveranstaltung am frühen<br />
Sonntagmorgen, wenn die Herrschaft noch schläft. Der Zulauf ist enorm, wer einen Sitzplatz will, muss vorher reservieren. Dirndl<br />
und Janker sind zwar angesagt, aber längst nicht alle erscheinen in Tracht. Immer wieder sieht man Besucher, die mit viel Liebe zum<br />
Detail in Gewändern erscheinen, die an die Herrschaften und Dienstboten von früher erinnern sollen. FOTO: CATHERINA HESS<br />
Ehe wider Willen<br />
Eine 31-Jährige ist seit vier Jahren mit einem jungen Inder verheiratet. Weder wollte sie den Mann, noch war sie<br />
bei der Trauung in Bosnien anwesend. Der ungewöhnliche Fall beschäftigt in München jetzt mehrere Gerichte<br />
München – Die zweijährige Pauline wird<br />
Anfang Juni bei einem Sommerfest in Harlaching<br />
von einem Hund ins Gesicht gebissen.<br />
Seitdem liegt sie im Krankenhaus, ist<br />
schon mehrmals operiert worden und<br />
trägt wohl bleibende Gesichtsverletzungen<br />
davon. Über diesen Fall hat die Süddeutsche<br />
Zeitung am Wochenende berichtet<br />
– und damit eine intensive Diskussion<br />
unter Lesern über Leinenzwang und Maulkorbpflicht<br />
ausgelöst. Dabei zeigt sich:<br />
Die Forderung, auch in München einen generellen<br />
Leinenzwang für Hunde einzuführen,<br />
wird lauter. Eine solche Vorschrift<br />
wollen unter anderem auch die Eltern des<br />
kleinen Mädchens erreichen. Sie kündigten<br />
an, das am Dienstag in der Sitzung des<br />
hielt die Frau dann Post aus Banja Luka.<br />
Das Standesamt der Stadt in Bosnien und<br />
Herzegowina beglückwünschte sie zur Eheschließung<br />
und schickte die Heiratsurkunde<br />
gleich mit. Seitdem weiß Anna K., dass<br />
sie mit dem Inder verheiratet ist.<br />
Mit ihrem Kemptener Anwalt versucht<br />
sie seither, die Ehe für ungültig erklären zu<br />
lassen. Vergeblich. Sie kann zwar anhand<br />
ihres Stundenzettels nachweisen, dass sie<br />
zum Zeitpunkt der <strong>angeblich</strong>en Hochzeit<br />
gar nicht in Bosnien war, sondern als Ein-<br />
Euro-Jobberin im einem Altenheim im Allgäu<br />
geputzt hatte. Schriftgutachter des bayerischen<br />
Landeskriminalamtes stellten zudem<br />
fest, dass die Unterschrift der Frau auf<br />
der Heiratsurkunde „mit hoher Wahrscheinlichkeit“<br />
gefälscht ist. Es gibt also gute<br />
Gründe dafür anzunehmen, dass die Ehe<br />
illegal zustande gekommen war – offensichtlich,<br />
um dem jungen Inder eine dauerhafte<br />
Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik<br />
zu verschaffen. Der in München lebende<br />
Kulwinder S. sagt dazu nur: Ja, er habe<br />
die Deutsche geheiratet. In Banja Luka,<br />
wo andere Gesetze gelten.<br />
Nach Auskunft der dortigen Behörden<br />
ist es nämlich nicht unbedingt notwendig,<br />
dass zum Hochzeitstermin Mann und Frau<br />
auf dem Standesamt erscheinen. Es genügt,<br />
dass eine Person anwesend ist – und<br />
die notwendigen Papiere vorlegt. Der andere<br />
Partner kann der Eheschließung per Voll-<br />
wird die Stichwahl im ersten Wahlgang<br />
gleich miterledigt. Den Mitgliedern flattert<br />
ein Wahl-Brief ins Haus, auf dem gleich<br />
mehrere Kreuze gemacht werden müssen.<br />
Eines für den Favoriten im ersten Wahlgang.<br />
Und eines für jede denkbare Konstellation<br />
einer eventuellen Stichwahl. Diese<br />
völlig ungewöhnliche Prozedur nimmt den<br />
Wahlberechtigten die Möglichkeit, bei einer<br />
Stichwahl ihre Präferenzen noch einmal<br />
neu zu überdenken.<br />
Schon jetzt herrscht in Teilen der Partei<br />
das Gefühl vor, dass mit harten Bandagen<br />
gekämpft wird. Denn Nallinger, in den OB-<br />
Foren die klare Favoritin des Publikums,<br />
muss sich inzwischen des Vorwurfs erwehren,<br />
die Arbeit der rot-grünen Koalition<br />
schlechtzureden und den Münchnern mit<br />
einer ehrgeizigen Wohnungsbauoffensive<br />
das Blaue vom Himmel zu versprechen.<br />
Der Profiteur dieses Disputs, bei dem inzwi-<br />
macht zustimmen. Solche Regelungen<br />
sind sinnvoll, wenn zum Beispiel ein Sterbenskranker,<br />
der in der Isolierstation eines<br />
Krankenhauses liegt, noch vor seinem Tod<br />
heiraten möchte und nicht mehr selbst am<br />
Standesamt erscheinen kann. Im vorliegenden<br />
Fall waren aber sogar weder der Inder<br />
noch die Deutsche anwesend.<br />
Die Unterschrift der Frau<br />
auf der Heiratsurkunde ist<br />
laut LKA gefälscht<br />
Kulwinder S. hatte von Indien aus<br />
schriftlich der Hochzeit per notarieller Vollmacht<br />
zugestimmt. Und eine bislang unbekannte<br />
weibliche Person gab sich mit den<br />
Kopien des Passes und der Geburtsurkunde<br />
von Anna K. als Ehewillige aus und wickelte<br />
die Formalitäten in Banja Luka ab.<br />
Der Standesbeamte dort beharrt bis heute<br />
darauf, dass alles seine Richtigkeit gehabt<br />
habe, was allerdings keine bosnische Besonderheit<br />
ist: Fehler gestehen Behörden<br />
nirgendwo gerne ein.<br />
Mit dieser Variante der Eheschließung<br />
schlagen sich nun mehrere Gerichte in<br />
München herum. Dem Familiengericht<br />
liegt seit geraumer Zeit ein Antrag der Deutschen<br />
vor, die Ehe annullieren oder wenigstens<br />
scheiden zu lassen, damit sie endlich<br />
ihren wirklichen Lebensgefährten heira-<br />
Immer an die Leine?<br />
schen auch der Koalitionspartner SPD mitmischt,<br />
könnte Monatzeder sein – und<br />
nicht wenige in der Partei glauben, dass<br />
dies kein Zufall ist. Tatsächlich hat der aus<br />
der Favoritenrolle gedrängte Bürgermeister<br />
die Debatte selber eröffnet, indem er<br />
der Konkurrentin beim zweiten OB-Forum<br />
unhaltbare Versprechungen vorwarf. Den<br />
Ball nahm sogleich die SPD auf, die sich<br />
von den oppositionsähnlichen Aussagen<br />
der Grünen-Stadträtin auf den Schlips getreten<br />
fühlte. In der Nallinger-Fraktion<br />
wird dies alles als kalkuliertes Aufbäumen<br />
des Polit-Establishments gewertet. Als Versuch,<br />
den Generationswechsel mit weiblicher<br />
Frontfigur doch noch zu verhindern.<br />
Viele Nallinger-Fans glauben, dass ihre<br />
Kandidatin bei der SPD als die gefährlichere<br />
Konkurrenz gesehen wird. Weshalb die<br />
Sozialdemokraten ein Interesse daran haben,<br />
die 48-Jährige zu beschädigen. Die An-<br />
ten kann. Die Annullierung erfolgte bislang<br />
aber nicht, weil ja die bosnische Heiratsurkunde<br />
echt ist – falsche Unterschrift<br />
hin oder her. Die Echtheit der Urkunde bestätigte<br />
auch das bosnische Konsulat. Und<br />
die Scheidung konnte nicht erfolgen, weil<br />
das Gericht nach Lage der Dinge davon ausgehen<br />
muss, dass die Ehe nicht rechtmäßig<br />
zustande gekommen war. Eine nie geschlossene<br />
Ehe kann man aber nicht scheiden,<br />
so die Logik des Familiengerichts. Es<br />
legte den Fall auf Eis, um abzuwarten, was<br />
die Strafjustiz unternimmt. Die Münchner<br />
Staatsanwaltschaft ermittelte nämlich zwischenzeitlich<br />
gegen den Inder.<br />
Die Strafverfolger glauben, dass der<br />
Mann, der als Asylbewerber nach Deutschland<br />
gekommen war, für die Heiratsurkunde<br />
und somit seinen Aufenthaltstitel bezahlt<br />
hat. Das wäre ein Vergehen nach dem<br />
Ausländerrecht. Der Beschuldigte bestreitet<br />
den Vorwurf. Am 30. Juli verhandelt das<br />
Landgericht München I in zweiter Instanz<br />
über den Fall. Dabei gilt es auch, die Rolle<br />
der Partnervermittlerin zu beleuchten, die<br />
die Deutsche und den Inder 2008 bekannt<br />
gemacht hatte. Die Vermittlerin stritt bislang<br />
jede Beteiligung an illegalen Vorgängen<br />
ab. Wer eigentlich die Frau war, die in<br />
Banja Luka vor dem Standesbeamten stellvertretend<br />
das Ja-Wort zur Ehe von Anna<br />
K. und Kulwinder S. gegeben hatte, konnte<br />
nie ermittelt werden.<br />
Der Fall der kleinen Pauline löst in München eine heftige Diskussion über schärfere Vorschriften für Hundebesitzer aus<br />
Bezirksausschusses Untergiesing-Harlaching<br />
zu fordern. In vielen Städten und Gemeinden<br />
des Umlands gibt es bereits eine<br />
Leinenpflicht: In Erding und Wolfratshausen,<br />
in Garching und Sauerlach, in Gilching<br />
und Andechs, zum Beispiel. Allein<br />
im Landkreis Ebersberg gilt sie in 14 von<br />
insgesamt 21 Gemeinden.<br />
In der Stadt München gibt es dagegen<br />
keine generelle Pflicht, allerdings eine<br />
Vielzahl von Einzelverordnungen, die regeln,<br />
wo Hunde wann frei laufen dürfen.<br />
So sind zum Beispiel Kinderspielplätze<br />
für sie gesperrt, in einigen städtischen<br />
Parks, etwa im Westpark gilt Leinenpflicht,<br />
ebenso in allen staatlichen Gärten,<br />
auch dem Englischen Garten. Im ver-<br />
gangenen Jahr habe es auch nur 330 Vorfälle<br />
mit Hunden gegeben – bei mehr als<br />
31 000 Tieren, hieß es vor kurzem im<br />
Kreisverwaltungsreferat (KVR).<br />
Die (allerdings anonymen) Kommentare<br />
bei Süddeutsche.de, dem SZ-Internet-<br />
Portal, zeigen aber, dass die relativ liberale<br />
Handhabe der Stadt bei vielen auf Unverständnis<br />
stößt. „Hunde haben mehr<br />
Rechte als Kinder. Die Kinder müssen aufpassen,<br />
nicht die Halter. Und ich war der<br />
Meinung, dass in Städten sowieso Leinenpflicht<br />
gilt? Das ist nicht der Fall? Das<br />
kann ja wohl alles nicht wahr sein“, kritisiert<br />
ein Nutzer. Ein anderer schreibt:<br />
„Wir werden staatlicherseits vor allem geschützt:<br />
vor Rauchern, vor Rasern, vor Ra-<br />
del-Rambos und so weiter, Aber bei einem<br />
kleinen Kind, welches von einem<br />
Hund für sein Leben entstellt ist, zieht<br />
man eine Mitverantwortung der Eltern in<br />
Betracht.“ Dem Münchner Kreisverwaltungsreferat<br />
wird von einigen Nutzern<br />
Versagen vorgeworfen: „Die Behörden haben<br />
einfach gepennt“, heißt es.<br />
Hundefreunde wehren sich freilich dagegen,<br />
die Tiere generell nur noch als Waffe<br />
auf vier Beinen zu sehen. „Wenn ein<br />
Mensch einen anderen Menschen mit einem<br />
Messer ermordet, schmilzt man<br />
auch nicht das Messer ein “, schreibt eine<br />
Nutzerin. CHRISTIAN KRÜGEL<br />
R www. sz.de/muenchen<br />
OB-Kandidatenkür führt zu Streit bei den Grünen<br />
Anhänger von Sabine Nallinger wittern hinter dem Disput um mehr Wohnungen ein kalkuliertes Aufbäumen der alten Garde<br />
hänger Monatzeders sind dagegen überzeugt,<br />
dass allein der langjährige Bürgermeister<br />
in der Lage ist, auch jenseits der typischen<br />
Grünen-Klientel nach Stimmen zu<br />
fischen.<br />
Nallinger hat ihre Offensive inzwischen<br />
konkretisiert. Demnach könnten in den<br />
nächsten 40 Jahren 40 000 zusätzliche<br />
kommunale Wohnungen entstehen – eine<br />
Zahl, die laut Nallinger von den städtischen<br />
Unternehmen GWG und Gewofag problemlos<br />
gestemmt werden könne. Weitere<br />
34 000 Wohnungen, so Nallinger, sollen<br />
im gleichen Zeitraum von Genossenschaften<br />
hochgezogen werden. Anschließend befänden<br />
sich etwa 30 Prozent aller Münchner<br />
Mietwohnungen im Besitz von kommunalen<br />
Unternehmen oder Genossenschaften<br />
– womit dauerhaft bezahlbare Konditionen<br />
gesichert seien. DOMINIK HUTTER<br />
R Kommentar<br />
Werkzeugkasten<br />
für das G 8<br />
Runder Tisch in der Staatskanzlei<br />
ergibt einen neuen Konsens<br />
VON MARTINA SCHERF<br />
München – Das achtjährige Gymnasium<br />
in Bayern wird flexibler gestaltet, es wird<br />
zusätzliche Lehrerstunden geben, und die<br />
Stofffülle wird noch einmal reduziert. Dies<br />
sind die Kernpunkte des Reformentwurfs,<br />
den ein Runder Tisch in der Staatskanzlei<br />
am Freitagabend beschlossen hat. Fast alle<br />
Beteiligten sprachen im Anschluss an die<br />
Tagung von einem tragfähigen Konsens,<br />
mit dem nach jahrelangen Debatten über<br />
das G8 nun endlich Ruhe an den Gymnasien<br />
einkehren soll.<br />
Als großen Erfolg wertete die Landeselternsprecherin<br />
Susanne Arndt die Tatsache,<br />
dass es künftig ein „Frühwarnsystem“<br />
geben wird, das Schülern ihre Schwächen<br />
in einzelnen Fächern rechtzeitig aufzeigt,<br />
sie aber nicht wie bisher mit ihren Fünfen<br />
oder Sechsen alleine lässt, sondern ihnen<br />
gleichzeitig Hilfen anbietet. Sie hofft, dass<br />
durch die jetzt beschlossene „integrierte<br />
Lehrerreserve“ an den Schulen genügend<br />
Kapazitäten vorhanden sein werden, um<br />
solche Schwächen rechtzeitig auszugleichen.<br />
Offenbar ist auch daran gedacht, den<br />
Direktoren mehr Leitungsstunden einzuräumen,<br />
„dies ist dringend notwendig“,<br />
sagte Arndt, um die neuen Herausforderungen<br />
an den Schulen sinnvoll umzusetzen.<br />
Mit dem freiwilligen Intensivierungsjahr<br />
in der Mittelstufe, das Kultusminister<br />
Ludwig Spaenle schon vor Monaten vorgeschlagen<br />
hatte, könnten in Zukunft Jugendliche,<br />
die gerade in der Pubertät oft Probleme<br />
mit dem Lernpensum bekommen, ihr<br />
Tempo verlangsamen. Man stellt sich das<br />
so vor, dass diese Schüler dann die achte<br />
oder neunte Klasse in zwei Jahren statt in einem<br />
Jahr machen und sich in diesem Zeitraum<br />
vor allem auf jene Fächer, in denen<br />
sie Schwächen zeigen, konzentrieren. Schulen<br />
können außerdem eine Zusatzstunde<br />
in Mathematik in der achten Klasse und eine<br />
zusätzliche Deutschstunde in der zehnten<br />
Klasse einführen, sagte Spaenle. Auch<br />
Schüler, die mehr Zeit für Außerschulisches<br />
wie Sport oder Musik möchten, könnten<br />
von dem Zusatzjahr Gebrauch machen.<br />
An Unter- und Oberstufe und am Mathematikabitur<br />
soll aber nichts geändert werden.<br />
In elf Fächern werden<br />
die Lehrpläne verschlankt<br />
Dass die Schulen bei der Ausgestaltung<br />
der Reform mehr Spielraum erhalten, wertete<br />
Karl-Heinz Bruckner, der Vorsitzende<br />
der bayerischen Direktorenvereinigung,<br />
als besonders wichtig. Nicht jede Schule habe<br />
die gleiche Klientel und die gleichen Probleme,<br />
sagte er. Manchen Schüler täte das<br />
Intensivierungsjahr gut, andere kämen<br />
vielleicht mit einzelnen Zusatzstunden zurecht.<br />
„Wir werden einen Werkzeugkasten<br />
mit einer Fülle von Möglichkeiten erhalten,<br />
die wir zu Gunsten unserer Schüler einsetzen<br />
können“, sagte Bruckner. Auch Landesschülersprecher<br />
Ansgar Münichsdorfer<br />
wertete die Fördermöglichkeiten als<br />
durchaus positiv.<br />
Um dem Unterrichtsausfall zu begegnen,<br />
sollen schon im Herbst 250 Lehrerstellen<br />
zusätzlich für die mobile Reserve bereitgestellt<br />
werden. Allerdings greift gleichzeitig<br />
die Arbeitszeitverkürzung für Lehrer.<br />
Die geplante „integrierte Lehrerreserve“<br />
sollen vom kommenden Schuljahr an acht<br />
Prozent der bayerischen Gymnasien erhalten,<br />
im Jahr darauf dann 75 Prozent. In elf<br />
von 25 Fächern sollen außerdem die Lehrpläne<br />
schlanker werden. Die Details der Reform<br />
formuliert eine Arbeitsgruppe im Kultusministerium<br />
unter Beteiligung der Betroffenen<br />
in den kommenden 14 Tagen<br />
aus. Dann soll es noch einmal einen Runden<br />
Tisch in der Staatskanzlei mit Seehofer<br />
geben, bevor der Beschluss dann am 31. Juli<br />
dem Ministerrat vorgelegt wird, kündigte<br />
Spaenle an.<br />
„Die Stellschrauben sind jetzt vernünftig<br />
justiert worden“, sagte Elternsprecherin<br />
Arndt. Nachdem Baden-Württemberg<br />
und Hessen jüngst den Schulen freigestellt<br />
hatten, zum G 9 zurückzukehren, die Gymnasiumsfrage<br />
also zu einem Politikum geworden<br />
war, hatte Ministerpräsident Horst<br />
Seehofer das Thema zur Chefsache erklärt<br />
und alle Beteiligten in die Staatskanzlei eingeladen.<br />
Die Wiedereinführung eines<br />
G 9-Zuges an einzelnen Gymnasien lehnten<br />
die Spitzen von FDP und CSU allerdings<br />
kategorisch ab. Dies würde die Schulen vor<br />
erhebliche organisatorische Probleme stellen,<br />
so die vorherrschende Meinung.<br />
Flüchtlingsprotest<br />
weitet sich aus<br />
Nürnberg – Flüchtlinge aus Iran und Afghanistan<br />
wollen in mehreren Städten Bayerns<br />
auf die ihrer Ansicht nach menschenunwürdigen<br />
Aufenthaltsbedingungen von<br />
Asylbewerbern aufmerksam machen. Die<br />
Demonstrationen richten sich vor allem gegen<br />
die Unterbringung in Flüchtlingsheimen,<br />
aber auch gegen das Arbeitsverbot<br />
und gegen die Residenzpflicht von Asylbewerbern.<br />
In Nürnberg demonstrierten am<br />
Samstag afghanische Flüchtlinge für einen<br />
Abschiebestopp und ein Bleiberecht, wie<br />
der Flüchtlingsrat mitteilte. In Regensburg<br />
informierten iranische Flüchtlinge auf einem<br />
Straßenfest über ihre Situation. Am<br />
Mittwoch soll es eine weitere Kundgebung<br />
in der Innenstadt geben. Unter dem Motto<br />
„Flucht ist kein Verbrechen – Menschenrechte<br />
für Alle“ findet diesen Montag in<br />
Bamberg eine Veranstaltung statt. Unterdessen<br />
gehen die seit Mitte März in Würzburg<br />
dauernden Proteste weiter. Kleinere<br />
Aktionen sind zudem in Aub (Landkreis<br />
Würzburg) geplant. EPD