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DEFGH Nr. 162, Montag, 16. Juli 2012 MEDIEN<br />

HF3 33<br />

VON WILLI WINKLER<br />

Ein Mondkrater heißt nach dem geadelten<br />

Schlossersohn Georg Friedrich<br />

von Reichenbach und in München,<br />

wo er als erfindungsreicher Ingenieur<br />

wirkte, immerhin eine Durchgangsstraße<br />

im vorstädtischen Glockenbachviertel.<br />

In der Nummer 27 befand sich bis <strong>2006</strong> der<br />

Sitz der Israelitischen Kultusgemeinde, zu<br />

der auch ein Altersheim gehörte. Hier<br />

brach am 13. Februar 1970 ein Feuer aus.<br />

Sieben Menschen, die der rassistischen Vernichtung<br />

im Nationalsozialismus entgangen<br />

waren, verbrannten, wenn sie nicht vorher<br />

erstickten. Ein Mann stürzte sich aus<br />

dem Fenster. Es war der schlimmste Anschlag<br />

auf Juden in Deutschland nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg.<br />

„Es gibt keine Anhaltspunkte dafür,<br />

dass mit dem Anschlag auf dem Flugplatz<br />

München-Riem am 10. Februar ein Zusammenhang<br />

besteht“, erklärte der bayerische<br />

Innenminister Bruno Merk vor dem Landtag.<br />

Denn drei Tage zuvor hatte ein palästinensisches<br />

Kommando versucht, ein israelisches<br />

Flugzeug zu entführen. Es gab mehrere<br />

Verletzte, ebenfalls Juden; ein Mann<br />

starb durch eine Handgranate. Die Täter gestanden,<br />

wurden aber nicht verurteilt, sondern<br />

abgeschoben. Die Mordtat in der Reichenbachstraße<br />

ist bis heute nicht aufgeklärt.<br />

Waren es Rechtsradikale? Die NPD<br />

hatte 1966 bei den Landtagswahlen in Bayern<br />

7,4 Prozent der Stimmen erzielt. München<br />

– schon wieder Hauptstadt einer Bewegung?<br />

München 1970 ist – vor allem von außen<br />

betrachtet – swinging Schwabing, Haschisch<br />

und die endlose Musik von Amon<br />

Düül. Mord, gar das Verbrennen von Juden,<br />

passt nicht in das schöne Bild einer Stadt,<br />

die den Nationalsozialismus hinter sich gelassen<br />

hatte. Während Bundeskanzler Willy<br />

Brandt der ersten Begegnung mit dem<br />

Staatsoberhaupt der DDR entgegenfiebert,<br />

kann er nicht mit Kleinkram behelligt werden.<br />

Nach einer als „geheim“ eingestuften<br />

Aufzeichnung über eine Runde, an der<br />

auch die Minister Walter Scheel (Äußeres),<br />

Helmut Schmidt (Verteidigung) und Hans-<br />

Dietrich Genscher (Inneres) teilnehmen, erklärt<br />

er am Tag nach dem Anschlag in<br />

Riem: „Im ganzen müssten wir auch gegenüber<br />

Israel eine Politik ohne Komplexe betreiben.“<br />

Diese Skrupel gegenüber der jüngsten<br />

deutschen Vergangenheit verlieren auch<br />

Lukas Podolski hat während der zurückliegenden<br />

Europameisterschaft Interviews<br />

gegeben – soviel ist klar. Er hat beispielsweise<br />

über sich und seine Rolle in der Nationalmannschaft<br />

Auskunft gegeben – das ist<br />

auch gesichert. Nicht bewiesen sind dagegen<br />

Aussagen, die am Samstag der US-amerikanische<br />

Sportsender ESPN dem <strong>Fußball</strong>er<br />

zuschrieb. Auf der Internetseite des Senders<br />

äußerte sich Podolski unter anderem<br />

über Arsene Wenger, seinen künftigen Trainer<br />

bei Arsenal London.<br />

Nachdem das Interview durch den US-<br />

Sender publiziert wurde, griffen es auch<br />

deutsche Agenturen auf. Die entsprechenden<br />

Meldungen vermittelten den Eindruck<br />

eines recht forschen Auftritts des Arsenal-<br />

Wenn Fernsehmacher die Bedeutung der<br />

Einschaltquote zu erklären versuchen,<br />

dann bezeichnen sie diese oft als eine Währung<br />

– die Währung ihrer Branche. Im herkömmlichen<br />

Fernsehen läuft es so: Instrumente<br />

wie Quote, Marktanteile und Reichweiten<br />

regeln die Bezahlung. Die Kosten<br />

für einen Werbespot hängen, vereinfacht<br />

gesagt, davon ab, wie viele Zuschauer das jeweilige<br />

Programm ansehen. Aber die Gefahr<br />

wächst, dass die Fernsehwährung immer<br />

weniger wert wird.<br />

Denn viel mehr Menschen als früher nutzen<br />

das Internet, um Soaps, Vorabendkrimis<br />

und Serien zu schauen – und nicht<br />

mehr unbedingt allein die klassischen Verbreitungswege<br />

wie Kabel oder Satellit. Dieses<br />

Webfernsehen ist vor allem für private,<br />

werbefinanzierte TV-Unternehmen ein<br />

Problem. Denn noch immer bringen den<br />

Sendern ihre schönen Steigerungsraten im<br />

Online- und Abruffernsehen finanziell<br />

ziemlich wenig.<br />

Was Zuschauer über das Internet konsumieren,<br />

fließt bislang nicht in die Quotenmessung<br />

ein, die Marktforscher des Unternehmens<br />

GfK im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft<br />

Fernsehforschung (AGF) durchführen.<br />

Auch die ständige Weiterentwicklung<br />

der Technik – von immer ausgereifteren<br />

Settop-Boxen bis zu Smart-TV-Geräten,<br />

bei denen Internet und Fernsehen fusionieren<br />

– lassen die Quotenmessung an<br />

Grenzen stoßen. Und dabei ist die Entwicklung<br />

ganz klar: Mediatheken, Video-Portale,<br />

Catch-up-TV – all das wird immer häufiger<br />

genutzt, während die Marktanteile im<br />

klassischen TV bröckeln.<br />

Seit knapp einem Jahr gelingt es immerhin<br />

teilweise, das zeitversetzte Fernsehen<br />

in der Quote zu berücksichtigen, Aufzeichnungen<br />

auf Festplattenrecordern etwa.<br />

Ein größerer Schritt steht zum 1. August<br />

an: Mit einer zusätzlichen Messtechnik na-<br />

Countdown bis zu einem zufälligen Tod<br />

Die Dokumentation „München 1970“ berichtet von Anschlägen, die heute vergessen sind, weil die Ermordung der israelischen Olympia-Mannschaft<br />

zweieinhalb Jahre später im gleichen München alles verdrängt hat, was zur Vorgeschichte gehört<br />

„Goodbye everybody“: Rudolf Crisolli, Reporter des ZDF, starb beim Bombenanschlag auf den Swissair-Flug 330 nach Tel Aviv am 21. Februar 1970. FOTO: HR/Privatfoto<br />

andere. Peter Boenisch, der als Chefredakteur<br />

der Bild am Sonntag beim Münchner<br />

Mordanschlag automatisch Linke als Täter<br />

vermutet, macht 1985, als er Helmut Kohl<br />

als Regierungssprecher dient, seiner gequälten<br />

Seele Luft, und der Spiegel hat damals<br />

seine private Äußerung ausgeplaudert:<br />

„Das ist ja das letzte, dass man noch<br />

40 Jahre nach Kriegsende durch KZs laufen<br />

muss.“ Nach dem für Israel siegreichen<br />

Sechs-Tage-Krieg von 1967 äußert sich in<br />

Deutschland auch auf der linken Seite ein<br />

gar nicht mehr latenter Antisemitismus.<br />

Während sich die Älteren gerührt bei den<br />

Liedern von Esther und Abi Ofarim wiegen,<br />

spricht der Anarchist und Kommu-<br />

Hi, Leute<br />

Neulings. Podolski plane mit Arsenal den<br />

Angriff auf die Tabellenspitze, interpretierten<br />

die Agenturen das ESPN-Gespräch, der<br />

27-Jährige strebe eine Führungsrolle im<br />

neuen Klub an. Am Samstagabend wurden<br />

die Meldungen dann auf einmal eilends zurückgezogen.<br />

Podolski hatte die Echtheit<br />

des Interviews bestritten und auf seiner<br />

Facebook-Seite mitgeteilt: „Hi Leute,<br />

ESPN hat heute auf seiner Website ein Interview<br />

von mir veröffentlicht, das ich<br />

nicht gegeben habe und Passagen beinhaltet,<br />

die frei erfunden sind. Also bitte ignorieren!<br />

Gruß, Poldi.“<br />

Inzwischen ist das Gespräch mit dem<br />

<strong>Fußball</strong>profi auch auf der Website des<br />

Sportsenders verschwunden. ESPN äußer-<br />

Eine Währung veraltet<br />

mens „Audiomatching“ kann die Verbreitungstechnik<br />

IPTV (Internet Protocol Television)<br />

abgebildet werden. „Wir schließen<br />

aus proprietären Verbreitungstechniken resultierende<br />

Messlücken“, sagt Martin Berthoud,<br />

Vorstandsvorsitzender der AGF. Das<br />

heißt: Man will nicht nur die Hauptstraßen<br />

sondern auch die neuen Nebenwege der<br />

Programmverbreitung erfassen.<br />

Wer die Tagesschau auf dem Computer<br />

aus der Mediathek abruft, wird dabei erstmal<br />

nicht berücksichtigt. IPTV bringt Programme<br />

über Breitband auf herkömmliche<br />

TV-Geräte. Kunden des Telekom-Angebots<br />

Entertain zählen dazu. In der AGF rechnet<br />

man damit, dass derzeit 3,1 Prozent der<br />

Haushalte IPTV nutzen. An große Verschiebungen<br />

bei den Zahlen glaubt deshalb niemand.<br />

„IPTV-Kunden sind vielleicht etwas<br />

technikaffiner, schauen aber deshalb keine<br />

anderen Formate als Zuschauer über andere<br />

Verbreitungswege“, sagt die stellvertretende<br />

AGF-Vorsitzende Katrin Hollerbach-Zenz.<br />

Mediatheken und Video-Portale<br />

wachsen – die Marktanteile im<br />

klassischen TV bröckeln<br />

Seit Jahren arbeiten die Experten im<br />

Kreis der AGF daran, ihre Verfahren weiterzuentwickeln.<br />

„Wir betreiben einen immensen<br />

finanziellen und fachlichen Aufwand“,<br />

betont AGF-Vorstand Berthoud,<br />

der im seinem eigentlichen Job Hauptabteilungsleiter<br />

Programmplanung beim ZDF<br />

ist. Ein zweistelliger Millionenbetrag wurde<br />

zuletzt erneut in die Optimierung der<br />

Messtechnik investiert.<br />

Allerdings geht es nur schleppend voran.<br />

Für viele im Markt ist das ärgerlich. Je<br />

stärker sich die Sehgewohnheiten wandeln,<br />

desto schwächer wird die Akzeptanz<br />

ne-1-Gründer Dieter Kunzelmann Ende<br />

1969 in einem Sendbrief aus Kreuzberg<br />

vom „Judenknax“, den es endlich zu überwinden<br />

gelte; sein ehemaliger Bundesbruder<br />

Fritz Teufel nennt die Musiker Simon<br />

und Garfunkel das „Zionistenduo“.<br />

Der Filmemacher Georg M. Hafner hat<br />

Teufel und Kunzelmann im Verdacht, am<br />

Mordanschlag gegen das jüdische Altersheim<br />

beteiligt zu sein. Beweisen kann er es<br />

nicht. Teufel ist tot, Kunzelmann wollte<br />

mit Hafner nicht reden. Im Film wird er als<br />

„Strippenzieher für die Al-Fatah“ bezeichnet,<br />

damit wäre er als williger Helfer von<br />

Yassir Arafats Guerilla tätig geworden. Hafner<br />

sieht „Teile der deutschen Linken tief“<br />

Lukas Podolski bestreitet Echtheit eines Interviews mit US-Sportsender ESPN<br />

te sich bislang nicht zu den Vorwürfen. Wie<br />

die <strong>angeblich</strong>en Aussagen zustande kamen<br />

ist noch unklar. Eine SZ-Anfrage blieb bis<br />

Redaktionsschluss unbeantwortet.<br />

Podolskis Berater Kon Schramm sagte<br />

der Nachrichtenagentur dapd: „Lukas Podolski<br />

hat dem Fernsehsender ESPN kein<br />

Interview gegeben“, weswegen er und sein<br />

Mandant sich rechtliche Schritte gegen<br />

den amerikanischen Sender vorbehielten.<br />

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, das ist<br />

möglich. Im Frühjahr 2010 setzte Lukas Podolski<br />

über einen Anwalt eine seitengroße<br />

Gegendarstellung im Kölner Express<br />

durch, nachdem die Zeitung zuvor von einem<br />

<strong>angeblich</strong>en „Wutauftritt“ Podolskis<br />

berichtet hatte. MAMA<br />

TV-Quotenmessung ignoriert das Internet – nun soll wenigstens IPTV einbezogen werden<br />

der Quote auf Seite der Agenturen und Unternehmen,<br />

die Spots schalten.<br />

Zumindest ihre Rhetorik haben TV-Macher<br />

schon der neuen Wirklichkeit angepasst.<br />

RTL-Chefin Anke Schäferkordt sagte<br />

kürzlich in einem Interview: „Früher haben<br />

wir ‚nur' Fernsehen gemacht, heute arbeiten<br />

wir jeden Tag daran, Deutschlands<br />

erfolgreichster Bewegtbildanbieter zu sein<br />

– egal auf welcher Plattform.“ Egal? In der<br />

Praxis wohl kaum. Wenn es so wäre, müsste<br />

auch die Quote auf allen Plattformen gemessen<br />

werden, nur das brächte die verschiedenen<br />

Kanäle auf eine Höhe. Die aktuelle<br />

Weiterentwicklung der Messtechnik<br />

ist aus RTL-Sicht „überfällig“.<br />

Bei einer AGF-Vorstandssitzung Anfang<br />

Juli wurde nun über die nächste Ausweitung<br />

der Messung diskutiert. Es geht darum,<br />

endlich die Mediatheken-Nutzung mit<br />

den GfK-Zahlen zu verrechnen Allein eine<br />

Tatort-Folge wird nach Angaben der Programmdirektion<br />

des Ersten im Schnitt<br />

200 000 bis 500 000 mal innerhalb einer<br />

Woche im Netz abgerufen. Anfang 2013<br />

will die AGF technisch soweit sein, auch diese<br />

Nutzung in die Quotenangaben zu packen.<br />

Sogar ein neues GfK-Panel soll dafür<br />

aufgebaut werden, also eine bestimmte<br />

Zahl an repräsentativen Haushalten, in denen<br />

die Nutzung gemessen wird. Mobiles<br />

Fernsehen über Smartphones könnte dann<br />

bald ebenso abgebildet werden.<br />

Trotzdem hängen die Fernsehforscher<br />

dem Fortschritt hinterher. In der AGF erklärt<br />

man, dass andere Länder nicht viel<br />

weiter seien. „Wir sind sogar Vorreiter, weil<br />

wir beim Streaming wie im Fernsehen die<br />

Nutzungszeit exakt messen und damit<br />

über die verschiedenen Verbreitungswege<br />

voll vergleichbare Nutzungswerte erheben“,<br />

sagt Berthoud. Bei der Rettung der<br />

Fernsehwährung herrscht zumindest deutsche<br />

Genauigkeit. SIMON FELDMER<br />

in die palästinensischen Aktionen verstrickt,<br />

was für damals zumindest politisch<br />

stimmt. Zeigen kann er aber nur immer<br />

wieder den 1969/70 in seinen Äußerungen<br />

offen antisemitischen Kunzelmann. Dabei<br />

sekundiert dem Filmautor der Extremismus-Forscher<br />

Wolfgang Kraushaar mit einer<br />

Aussage des mehr als dubiosen RAF-<br />

Mörders Gerhard Müller, der Irmgard Möller<br />

von den „Tupamaros München“ der Mittäterschaft<br />

bezichtigt hat.<br />

Die Beweiskette reicht dennoch nicht<br />

von Riem bis in die Reichenbachstraße,<br />

wohl aber verbindet sie den Münchner<br />

Überfall auf die El-Al-Passagiere mit dem<br />

Absturz einer Swissair-Maschine kurz<br />

nach dem Start in Zürich. 47 Passagiere<br />

und Besatzungsmitglieder starben am 21.<br />

Februar 1970 auf dem Weg nach Tel Aviv. Einer<br />

davon war Hafners Onkel Rudolf Crisolli.<br />

Der Reporter Crisolli arbeitete fürs ZDF<br />

und berichtete von den nachrichtenbekannten<br />

Schauplätzen der späten sechziger<br />

Jahre: Vietnam, Israel, Indien. Er litt unter<br />

panischer Flugangst und flog doch ständig<br />

um die Welt. Nach dem Angriff auf die<br />

israelischen Passagiere in München buchte<br />

er seinen Flug von der El-Al auf die Swissair<br />

um, in deren Frachtraum kurz nach<br />

dem Start eine Bombe explodierte. Als Täter<br />

wurden vier arabische Männer identifiziert,<br />

die nie vor Gericht kamen. Nach der<br />

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militärischen Niederlage der Araber im<br />

Sechs-Tage-Krieg hatten sich palästinensische<br />

Freischärler darauf verlegt, Israel von<br />

außen zu bekriegen. Durch spektakuläre<br />

Guerilla-Aktionen sollte die Welt auf ihr<br />

Schicksal aufmerksam werden. Wenn es<br />

um die Sache geht, spielt für Terroristen<br />

ein Menschenleben keine Rolle.<br />

München 1970 berichtet von Anschlägen,<br />

die heute vergessen sind, weil die Ermordung<br />

der israelischen Olympia-Mannschaft<br />

zweieinhalb Jahre später im gleichen<br />

München alles verdrängt hat, was zur<br />

Vorgeschichte gehört. Die verantwortlichen<br />

Regierungen reagierten hilflos. Auf<br />

der Bundespressekonferenz vom 23. Februar<br />

– zwei Tage vorher war die Swissair-Maschine<br />

abgestürzt – erklärte Außenminister<br />

Scheel im Namen der Bundesregierung:<br />

„Sie verurteilt diese Verwilderung der Sitten.“<br />

Zur Wiederherstellung der guten Sitten<br />

wurden die mutmaßlichen Täter abgeschoben<br />

und die Ermittlungen aufgegeben.<br />

Irgendwann wurden auch die Asservatenkammern<br />

entrümpelt; mögliche Beweismittel<br />

verschwanden. Vor allem wurde<br />

von der Swissair, von der PanAm, von<br />

der Air France und auch von der Lufthansa<br />

Schutzgeld an die Palästinenser bezahlt,<br />

um von weiteren Anschlägen verschont zu<br />

bleiben. Die Lufthansa verweigert bis heute<br />

die Auskunft über diese Zahlungen.<br />

Hafners elegischer und dabei ungeheuer<br />

aufwühlender Film ist vor allem eine Totenklage<br />

für seinen Onkel, der ein zufälliges<br />

Opfer der Weltgeschichte wurde. Der<br />

Autor schneidet sich selber als jungen<br />

Kunsthistoriker ins Bild, politisch ahnungslos,<br />

im Zweifel aber links. Naiv sei er Parolen,<br />

sei er Idolen wie Kunzelmann hinterhergelaufen,<br />

dem er sogar einen gutgläubigen<br />

Film widmete. Crisolli sei anders gewesen,<br />

nicht verführbar, sachlich. Im Countdown<br />

referiert Hafner die Vorgänge Anfang<br />

1970, zählt die Tage ab, die der Reporter<br />

noch zu leben hat.<br />

Die Kamera filmt das Cockpit einer Coronado<br />

ab, während das Tonband mit dem<br />

Funkverkehr läuft. Druckverlust in der Kabine<br />

meldet der Pilot, Rauch, dann Feuer.<br />

„330 is crashing“, gibt der Co-Pilot sachlich<br />

an den Tower in Zürich durch, und<br />

dann, zwei Mal, damit man ihn auch höre,<br />

„Goodbye everybody“.<br />

München 1970 – als der Terror zu uns kam, ARD,<br />

Dienstag, 22.45 Uhr.<br />

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