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6 HF3 POLITIK<br />

Montag, 16. Juli 2012, Nr. 162 DEFGH<br />

INLAND<br />

Neue Regeln für Beschneidung<br />

Berlin – Die Bundesregierung will die<br />

rituelle Beschneidung von Jungen möglichst<br />

bald gesetzlich regeln. Gesundheitsminister<br />

Daniel Bahr (FDP) plädiert<br />

für eine schnelle Lösung und<br />

prüft, ob eine entsprechende Änderung<br />

des Patientenrechts machbar ist. Der<br />

Druck ist groß: Der Zentralrat der Juden<br />

warnt vor drastischen Folgen für<br />

den Fall, dass die Beschneidung weiterhin<br />

als rechtswidrig eingestuft wird.<br />

Auch die Bundesärztekammer ermahnt<br />

die Politik. Das Landgericht Köln hatte<br />

die Beschneidung von Jungen im Juni<br />

als strafbare Körperverletzung gewertet.<br />

Das Urteil rief auch international<br />

Empörung hervor. Die Beschneidung<br />

hat sowohl im Judentum als auch im<br />

Islam eine lange Tradition. Bahr sagte,<br />

dass er die Beschneidung als Ausdruck<br />

religiöser Selbstbestimmung straffrei<br />

halten wolle. „Für mich ist die freie<br />

Ausübung der Religion ein ganz hohes<br />

Gut“, sagte er der Zeitung Die Welt.<br />

Deshalb sei die Unsicherheit nach dem<br />

Gerichtsurteil schnellstens abzubauen.<br />

Es werde nun diskutiert, „ob eine Legalisierung<br />

religiös begründeter Beschneidungen<br />

im Patientenrecht geregelt<br />

werden kann“, sagte Bahr. Man müsse<br />

aber abwarten, ob der Weg rechtlich<br />

überhaupt gangbar sei. DAPD R Seite 4<br />

Zoff um Grünen-Personal<br />

Berlin – Die Personalstreitigkeiten bei<br />

den Grünen weiten sich zur Zerreißprobe<br />

für die Parteispitze aus. Einem Bericht<br />

der Bild am Sonntag zufolge kam<br />

es vergangene Woche in einer Sitzung<br />

des Bundesvorstands zum Eklat. Weil<br />

Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke<br />

damit scheiterte, ihren Kandidaten für<br />

den Posten eines organisatorischen<br />

Geschäftsführers durchzusetzen, kündigte<br />

sie „Konsequenzen“ an. Teilnehmer<br />

verstanden das als Rücktrittsdrohung.<br />

Parteichefin Claudia Roth hatte<br />

zuvor einen ehemaligen persönlichen<br />

Mitarbeiter ins Rennen geschickt und<br />

die Abstimmung klar gewonnen. Auf<br />

Lemkes Reaktion hin lenkte Roth allerdings<br />

ein, das Gremium vertagte die<br />

Entscheidung. Der Streit, an dem auch<br />

Ko-Parteichef Cem Özdemir beteiligt<br />

war, wird in Parteikreisen als Auswuchs<br />

der Debatte über mögliche Spitzenkandidaten<br />

für die Bundestagswahl eingeordnet.<br />

Fraktionschef Jürgen Trittin<br />

befeuerte die Diskussion am Wochenende,<br />

indem er dem Tagesspiegel sagte:<br />

„Wir werden mit einem Spitzenduo in<br />

diese Wahl gehen.“ Zuletzt war über ein<br />

Trio aus ihm, Roth und Bundestagsvizepräsidentin<br />

Katrin Göring-Eckardt<br />

debattiert worden. HICK R Seite 4<br />

Salafist ausgeliefert<br />

München/Stuttgart – Ein aus Ulm<br />

stammender Salafist ist von der Türkei<br />

ausgeliefert und am Frankfurter Flughafen<br />

verhaftet worden. Die Stuttgarter<br />

Staatsanwaltschaft bestätigte am Wochenende<br />

Medienberichte, laut denen<br />

sie gegen den Mann wegen des Verdachts<br />

ermittelte, junge Islamisten als<br />

Kämpfer für den Heiligen Krieg angeworben<br />

zu haben. Danach soll es sich<br />

bei dem Verhafteten um den zum Islam<br />

konvertierten Deutschen Peter B. handeln.<br />

Wie der Spiegel berichtet, hatte<br />

sich der 31-jährige Ulmer mit seiner<br />

Familie in das afghanisch-pakistanische<br />

Grenzgebiet nach Waziristan abgesetzt,<br />

wo er untergetaucht war. Bei der<br />

Rückkehr soll er aus Iran illegal in die<br />

Türkei eingereist und in einer Wohnung<br />

in einem Istanbuler Vorort festgenommen<br />

worden sein. Peter B. gehörte zu<br />

einer Gruppe radikaler Islamisten,<br />

die sich im 2005 geschlossenen Multikulturhaus<br />

im bayerischen Neu-Ulm<br />

(FOTO: DPA) versammelt hatten. Dort stand<br />

er unter anderem mit den 2010 verurteilten<br />

Terroristen der „Sauerland-<br />

Gruppe“ in Kontakt. DPA, SZ<br />

Zweifel an Energiewende<br />

Berlin - Bundesumweltminister Peter<br />

Altmaier (CDU) hat erstmals in Frage<br />

gestellt, ob sich die Energiewende so<br />

schnell wie geplant umsetzen lässt. Er<br />

habe Zweifel, ob sich der Stromverbrauch<br />

bis 2020 wirklich um zehn Prozent<br />

senken lasse, sagte der CDU-Politiker<br />

der Bild am Sonntag. Dies sei nur<br />

mit riesigen Anstrengungen zu schaffen.<br />

Die Politik müsse sich auch darum<br />

kümmern, „dass die Energiepreise für<br />

Bürger und Wirtschaft nicht über das<br />

absolut notwendige Maß hinaus steigen“,<br />

sagte der Bundesumweltminister.<br />

Ein bezahlbarer Strompreis habe höchste<br />

Priorität. Der SPD-Vorsitzende Sigmar<br />

Gabriel forderte, Kanzlerin Angela<br />

Merkel müsse eine „Energiewende-<br />

Agentur“ schaffen. Darin sollten Wirtschaft,<br />

Verbraucherverbände und Länder<br />

der Politik Vorschläge machen. Die<br />

CSU sprach sich dafür aus, nach den<br />

nächsten Bundestagswahlen ein eigenständiges<br />

Bundesenergieministerium<br />

einzurichten. TÖ<br />

VON KLAUS BRILL<br />

Warschau – Miroslav Kalousek ist kein<br />

Mann von sanfter Wesensart. Der tschechische<br />

Finanzminister ist bekannt dafür,<br />

dass er gelegentlich in Wut gerät und dann<br />

sehr deutlich wird, mitunter sogar handgreiflich.<br />

Im vorigen September beschimpfte<br />

ihn ein junger Mann unweit des<br />

Parlaments in Prag auf der Straße als<br />

„Scheißkerl“ und „Verbrecher“ – worauf<br />

ihm der Beleidigte eigenhändig mehrmals<br />

ins Gesicht schlug. Er rechtfertigte die Ohrfeigen<br />

hinterher als „pädagogische Maßnahme“.<br />

Der Vorfall wurde aufgezeichnet, das Video<br />

den Medien zugespielt. Und wieder geriet<br />

Kalousek darüber in Rage. Den Abgeordneten<br />

Petr Skokan von der neuen populistischen<br />

Partei Öffentliche Angelegenheiten<br />

(VV) verdächtigte er, den Vorfall publik<br />

gemacht zu haben, und rief ihn an. Wie Skokan<br />

am Wochenende berichtete, beschimpfte<br />

der Minister ihn als „Dummkopf“,<br />

als „Pisser“ und „Idioten“ und drohte:<br />

„Wenn du vor mir keine Angst hast,<br />

dann polier‘ ich dir morgen die Fresse.“<br />

Man könnte den Satz auch so übersetzen:<br />

„Dann schlage ich dir die Schnauze ein.“<br />

Es ist kein Zufall, dass der Vorfall gerade<br />

jetzt bekannt wurde, obwohl er eine Weile<br />

zurückliegt. In diesen Tagen nämlich steht<br />

München – Ein paar Klicks genügen, und<br />

Tausende Adressen landen im Warenkorb.<br />

Bei anderen Online-Shops kann man Bücher<br />

oder Schuhe kaufen, und bei Schober,<br />

dem deutschen Marktführer für dieses Geschäftsfeld,<br />

kann man eben Adressen bequem<br />

am Computer ordern. Schober hat<br />

zum Beispiel 17 700 Adressen von 18- bis<br />

30-jährigen Berlinern im Angebot, sie wären<br />

für 5000 Euro zu haben. Und die Privatadressen<br />

von Berlinern, die in Hochhäusern<br />

wohnen? Es gäbe 2500 Stück für 1800<br />

Euro. Telefonnummern kosten extra: 871<br />

Nummern, 13 Cent das Stück, 110 Euro.<br />

Der Handel mit privaten Daten ist heute<br />

einfach, und er ist für werbetreibende Unternehmen<br />

enorm wichtig. So gut wie alle<br />

Unternehmen greifen auf die Daten von<br />

Adresshändlern und -vermietern, die auch<br />

„Listbroker“ genannt werden, zurück –<br />

und sind bereit, dafür viel Geld auszugeben.<br />

Und es geht nicht nur um Adressen: In<br />

den Listen der Anbieter können auch Alter,<br />

Lebensumstände und Vorlieben verzeichnet<br />

sein, damit die Datenkäufer sehr genau<br />

potenzielle Kunden ansprechen können. In<br />

der Branche nennt man diese Dienstleistung„Kunden-Informationsmanagement“.<br />

Laut dem Deutschen Dialogmarketing<br />

Verband, der Lobbyorganisation der<br />

Branche, haben Unternehmen im vergangenen<br />

Jahr 27,7 Milliarden Euro in persönlich<br />

adressierte Werbung investiert, genau<br />

so viel wie in klassische Werbung.<br />

„Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, in<br />

einer Datenbank verzeichnet zu sein“, sagt<br />

Helga Zander-Hayat von der Verbraucherzentrale<br />

Nordrhein-Westfalen. Denn einerseits<br />

nutzen Unternehmen die eigenen<br />

Kundendaten selbst für Werbung, andererseits<br />

beschaffen sie sich neue Daten von<br />

Adresshändlern, um neue Kunden zu gewinnen.<br />

Auf verschiedenen Wegen also landen<br />

Kundeninformationen in Datenbanken,<br />

werden weiterverkauft oder auch für<br />

einen bestimmten Zeitraum vermietet. Jeden<br />

Tag, tausendmal.<br />

Obwohl also wahrscheinlich die Daten<br />

fast jeden Bürgers gehandelt werden, sind<br />

Kalousek erneut im Kreuzfeuer öffentlicher<br />

Auseinandersetzungen, weil er in einer<br />

anderen, politisch weit brisanteren Angelegenheit<br />

ebenfalls erzürnt zum Telefon<br />

gegriffen und losgepoltert haben soll. Der<br />

Fall betrifft eine neue Korruptionsaffäre<br />

und könnte wegen seiner Sprengwirkung<br />

die tschechische Regierung ins Wanken<br />

bringen.<br />

Seit Wochen kreist die Debatte der tschechischen<br />

Politik um vier militärische Transportflugzeuge,<br />

die die Armee 2009 von<br />

dem spanischen Hersteller EADS CASA für<br />

132 Millionen Euro <strong>gekauft</strong> hatte. Den zuständigen<br />

Beamten und Politikern, an ihrer<br />

Spitze die damalige Verteidigungsministerin<br />

Vlasta Parkanova, wird jetzt von<br />

der Polizei vorgeworfen, einen weit überhöhten<br />

Preis gezahlt zu haben, er hätte mindestens<br />

26 Millionen Euro niedriger liegen<br />

können. Im Hintergrund wird Korruption<br />

vermutet.<br />

Ein Experte im Verteidigungsministerium<br />

hatte schon 2009 vor dem Kauf gewarnt<br />

und der Polizei erklärt, auf den Generalstab<br />

sei vom früheren Verteidigungsmi-<br />

die Namen der Marktführer weitgehend unbekannt<br />

– zwar gibt es eine beständige Debatte<br />

über die Tücken des Datenhandels,<br />

aber kaum einer kennt Schober, die Bertelsmann-Tochter<br />

AZ Direkt oder das Unternehmen<br />

Acxiom. Insgesamt bieten mehr<br />

als 1000 deutsche Adresshändler Informationen<br />

für die Werbeindustrie: Schober etwa<br />

wirbt allein in Deutschland mit einem<br />

Angebot von mehr als vier Millionen Firmenadressen,<br />

50 Millionen Privatadressen<br />

und sechs Millionen sogenannten Lifestyle-Adressen<br />

von „Reagierern“. Das sind<br />

Menschen, die explizit an Umfragen teilgenommen<br />

haben, über welche die Händler<br />

also besonders viel wissen.<br />

Und was ist mit dem überwiegenden<br />

Teil der Bürger, die keine „Reagierer“ sind?<br />

Die Branche kennt vielfältige legale Wege,<br />

um auch an deren Informationen zu gelangen.<br />

Dazu müssen nicht einmal die Adressen<br />

der Melderegister befragt werden –<br />

das wäre aufwendig, langwierig, teuer. Es<br />

geht einfacher: etwa über offen zugängli-<br />

Mann fürs Grobe<br />

Der tschechische Finanzminister Miroslav Kalousek ist dafür bekannt, dass er zuweilen Gegner und Kritiker beleidigt oder<br />

gar handgreiflich wird – nun steht er im Zentrum einer Korruptionsaffäre, die die ganze Prager Regierung ins Wanken bringen könnte<br />

Militärflugzeuge sollen<br />

zu einem überhöhten Preis<br />

ein<strong>gekauft</strong> worden sein<br />

nister Martin Barak, einem Politiker der<br />

konservativen Bürgerpartei (ODS), politischer<br />

Druck ausgeübt worden. Der Experte<br />

wurde danach vom Amt suspendiert und<br />

wird heute von der Polizei geschützt.<br />

Ins Visier der Ermittler geriet auch die<br />

Verteidigungsministerin Parkanova, die<br />

versäumt haben soll, weitere Meinungen<br />

von Fachleuten einzuholen. Diese Frage ist<br />

unter Juristen hoch umstritten, Parkanova<br />

wehrte sich vehement gegen diesen Vorwurf,<br />

und sie wurde darin von ihrem Parteikollegen<br />

Miroslav Kalousek, dem Finanzminister,<br />

unterstützt. Die Polizeidokumente<br />

seien voller Fehler, sagte Parkanova. Einem<br />

Antrag auf Aufhebung ihrer Immunität<br />

widersprach sie, doch kam sie damit gegen<br />

die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament<br />

nicht durch.<br />

Die Affäre hat sich von ihrem Ausgang<br />

mittlerweile weit entfernt, nachdem Kalousek<br />

wegen der Ermittlungen gegen die Parteifreundin<br />

erklärt hatte, dies sei „der Beginn<br />

eines Polizeistaats und ein beispielloser<br />

Angriff auf das demokratische System“.<br />

Außerdem rief er, wie die Prager Presse<br />

bald erfuhr, bei zwei der Polizeiermittler<br />

an und beschimpfte sie, einem drohte er <strong>angeblich</strong><br />

sogar mit Entlassung. Nicht genug<br />

damit: Vor ein paar Tagen kontaktierte der<br />

Finanzminister per Telefon auch den obersten<br />

tschechischen Polizeichef Petr Lessy<br />

che Verzeichnisse, beispielsweise Handeloder<br />

Vereinsregister, und Telefonbücher.<br />

Außerdem gibt es Quellen, bei denen der<br />

Kunde die Daten von sich aus Preis gibt,<br />

wissentlich oder unwissentlich: etwa bei<br />

Gewinnspielen und Preisausschreiben<br />

oder als Teilnehmer an Rabattsystemen im<br />

Einzelhandel. Schober setzt auch sogenannte<br />

Rechercheure ein, die in die Wohngebiete<br />

gehen und die Leute direkt an der<br />

Haustüre befragen.<br />

Angereichert werden diese Angaben<br />

dann mit wissenschaftlichen und statistischen<br />

Erkenntnissen. Das Kraftfahrtbundesamt<br />

zum Beispiel weiß genau, in welcher<br />

Region eher ausländische Fabrikate<br />

oder Wagen mit hoher PS-Zahl gefahren<br />

werden. Alle diese Daten sind offen zugänglich,<br />

„Data-Mining“ heißt die Suche danach.<br />

Damit können die Händler eine sehr<br />

genaue Informations-Landkarte erstellen.<br />

Und je detaillierter die Informationen über<br />

eine Zielgruppe sind, desto genauer kann<br />

die Werbung gestaltet werden. So wird sich<br />

FOTO: URIEL SINAI/GETTY IMAGES<br />

und machte auch diesem heftige Vorhaltungen.<br />

Als dies vor ein paar Tagen bekannt wurde,<br />

war der Skandal um die überteuerten<br />

Flugzeuge endgültig zur Kalousek-Affäre<br />

mutiert. Der Fall ist deshalb von besonderem<br />

politischem Reiz, weil Kalousek und<br />

Parkanova, zwei ehemalige Christdemokraten,<br />

heute beide der neuen Partei TOP<br />

09 angehören, die vor zwei Jahren erstmals<br />

Wird bei Meinungsverschiedenheiten mitunter<br />

rabiat: Miroslav Kalousek FOTO: DPA<br />

17 000 Adressen für 5000 Euro<br />

Der Handel mit privaten Daten ist ein Milliardengeschäft, die Anbieter haben viele Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen<br />

Ganz legal und einfach zugänglich sind auch Daten des Kraftfahrtbundesamts – es<br />

weiß zum Beispiel, wo viele Bürger Autos mit starken Motoren fahren. FOTO: DAPD<br />

ein 45-jähriger Banker aus einem noblen<br />

Vorort eher einen Sportwagen kaufen als eine<br />

20-jährige Studentin. Datenbestände<br />

spezieller Zielgruppen sind daher teuer,<br />

das Geschäft damit lukrativ.<br />

„Man muss schon sehr viel anstellen,<br />

um nicht in das System reinzukommen“,<br />

sagt Verbraucherschützerin Zander-Hayat.<br />

Sie warnt vor Datenmissbrauch und<br />

fürchtet die Sammelwut der Listbroker.<br />

Aber man kann Vorkehrungen treffen.<br />

„Das oberste Gebot muss sein: Üben Sie Zurückhaltung<br />

bei der Weitergabe ihrer Daten“,<br />

sagt Zander-Hayat. Bei Werbeanrufen<br />

und Haushaltsumfragen: unhöflich<br />

sein, auflegen. Bei Gewinnspielen und Verträgen:<br />

Hinweise, dass die Daten für Werbezwecke<br />

genutzt werden dürfen, streichen.<br />

Und schließlich hat jedermann das Recht,<br />

bei Unternehmen zu erfragen, welche Daten<br />

gespeichert sind und an wen diese weiterverkauft<br />

wurden. Die Verbraucherzentralen<br />

halten dazu im Internet Musterbriefe<br />

bereit. MATHIAS WEBER<br />

Ämter und Daten<br />

BundestagsabgeordnetevonUnionundFDP<br />

habendenumstrittenen EntwurffüreinneuesMeldegesetzverteidigt.„DasvomBundestag<br />

verabschiedete Gesetz stellt eine deutlicheVerbesserungdergegenwärtigenDatenschutzregelung<br />

im Meldegesetz dar“, sagte<br />

der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl der<br />

Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.<br />

Sinn des neuen Meldegesetzes sind bundesweit<br />

einheitliche Regeln für den Umgang<br />

mit Bürgerdaten in den Ämtern. Der vom<br />

Bundestag Ende Juni beschlossene Entwurf<br />

sieht vor, dass Meldeämter Namen und<br />

Adressen ohne ausdrückliche Zustimmung<br />

zu Werbezwecken an Firmen weitergeben<br />

dürfen.Diesistauch nachderzeitigerRechtslage<br />

möglich. Der ursprüngliche Gesetzentwurf<br />

aus dem Bundesinnenministerium sah<br />

jedoch eine Datenweitergabe nur vor, wenn<br />

der Bürger ausdrücklich einwilligt. DPA<br />

Protest in Tel Aviv<br />

Vor einem Jahr begannen in Israel die Massenproteste<br />

gegen hohe Immobilienpreise<br />

und soziale Ungerechtigkeiten. Am Samstag<br />

fanden sich zum Jahrestag wieder Tausende<br />

Menschen auf den Straßen von Tel<br />

Aviv zusammen und forderten einen Rücktritt<br />

der Regierung. Die Demonstranten trugen<br />

Transparente, auf denen sie soziale Gerechtigkeit<br />

für alle forderten. Dabei kam es<br />

zu einem schweren Zwischenfall. Ein 40<br />

Jahre alter Mann zündete sich selbst an, er<br />

wurde mit starken Verbrennungen ins<br />

Krankenhaus gebracht. Zuvor hatte er ein<br />

Schreiben verteilt, in dem er Regierungschef<br />

Benjamin Netanjahu und Finanzminister<br />

Juval Steinitz vorwirft, für die „ständige<br />

Demütigung“ der Israelis verantwortlich<br />

zu sein. „Sie nehmen von den Armen und<br />

geben es den Reichen“, heißt es darin. Im<br />

Sommer 2011 waren bei einer in der Geschichte<br />

Israels einmaligen Protestbewegung<br />

über Wochen Hunderttausende Menschen<br />

auf die Straße gegangen. Sie hatten<br />

unter anderem gegen Wohnungsnot und<br />

gestiegene Lebenshaltungskosten demonstriert.<br />

Die Regierung versprach daraufhin<br />

zahlreiche Reformen, bislang wurden aber<br />

nur wenige davon umgesetzt. Die Organisatoren<br />

der Proteste vom Samstag hatten daher<br />

auf deutlich mehr Teilnehmer und auf<br />

eine Neuauflage der Proteste vom vergangenen<br />

Sommer gehofft. SZ<br />

ins Parlament kam und zusammen mit den<br />

Bürgerdemokraten und Teilen der populistischen<br />

Partei VV dort eine fragile Mehrheit<br />

hat. Parteichef ist Fürst Karel Schwarzenberg,<br />

als eigentlicher Macher und Gründer<br />

der Partei gilt aber Kalousek, der wegen früherer<br />

Affären indes weit weniger populär<br />

ist als Schwarzenberg. Im Unterschied zu<br />

anderen Parteien war TOP 09 bisher von<br />

Skandalen verschont geblieben, doch damit<br />

ist es jetzt vorbei.<br />

Die Opposition hat einen<br />

Misstrauensantrag<br />

eingebracht<br />

Die sozialdemokratische Opposition hat<br />

wegen Kalouseks Eingriff in die Ermittlungen<br />

dessen Entlassung verlangt und einen<br />

Misstrauensantrag gegen die Regierung<br />

eingebracht, der in den nächsten Tagen zur<br />

Abstimmung kommt. Zwar hat das Regierungslager<br />

eine knappe Mehrheit, doch<br />

sorgt sich Parteichef Schwarzenberg offenbar<br />

darüber, es könnten auch Abgeordnete<br />

der Koalitionspartner versucht sein, dem<br />

Finanzminister einen Denkzettel zu verpassen.<br />

Deshalb erklärte er, ohne Kalousek<br />

könne er sich ein Verbleiben von TOP 09 in<br />

der Regierung nicht vorstellen. Es wäre das<br />

Ende der Koalition.<br />

CDU-Abgeordnete<br />

bilden Großstadt-Gruppe<br />

Berlin – Etwa 20 CDU-Bundestagsabgeordnete<br />

aus Großstädten haben sich zu einem<br />

Gesprächskreis zusammengefunden,<br />

um gemeinsam eine Metropolen-Strategie<br />

zu entwickeln. Die Christdemokraten hatten<br />

zuletzt in mehreren Großstädten schwere<br />

Niederlagen erlitten. Der Hamburger Abgeordnete<br />

und CDU-Vorsitzende Marcus<br />

Weinberg sagte der Süddeutschen Zeitung,<br />

in den Großstädten stehe die Union vor besonderen<br />

Herausforderungen. Ziel des Gesprächskreises<br />

könne es deshalb sein, „spezielle<br />

Strategien und Kampagnen für die<br />

Metropolen zu entwickeln“. Dies werde natürlich<br />

„gemeinsam mit der CDU“ geschehen.<br />

Weinberg grenzte sich damit vom konservativen<br />

Berliner Kreis ab, in dem sich<br />

ebenfalls etwa 20 Unionsabgeordnete zusammengefunden<br />

haben. Anders als der<br />

Berliner Kreis wolle man sich nicht fest als<br />

parteiinterne Gruppe institutionalisieren.<br />

Bei der Runde der Abgeordneten aus<br />

den Großstädten handele es sich lediglich<br />

um einen „lockeren Gesprächskreis“, in<br />

dem man sich austausche. Das erste Treffen<br />

habe zwanglos im Restaurant des Bundestags<br />

stattgefunden. Weinberg sagte,<br />

„die Frankfurter CDU sei zwar eine andere<br />

CDU als die Hamburger CDU oder die Leipziger<br />

CDU“. Trotzdem gebe es viele gemeinsame<br />

Probleme und Herausforderungen.<br />

Im Herbst wolle man sich deshalb treffen,<br />

um „vertieft darüber zu reden, was einen<br />

verbindet“.<br />

Initiator der neuen Metropolen-Gruppe<br />

ist der Frankfurter CDU-Bundestagsabgeordnete<br />

Matthias Zimmer. Dem HamburgerAbendblatt<br />

sagte Zimmer, ein CDU-Kandidat<br />

in einer Großstadt müsse „auch für<br />

die Grünen wählbar sein“. Die Grünen seien<br />

„in den Großstädten besonders präsent“,<br />

die CDU müsse sich mit ihnen dort<br />

deshalb „stärker auseinandersetzen“. Zimmer<br />

forderte außerdem eine „zeitgemäße<br />

CDU-Großstadtpolitik beim Thema Drogen“<br />

sowie klare Positionen seiner Partei etwa<br />

zum Steuerrecht für gleichgeschlechtlichen<br />

Lebenspartnerschaften oder gegenüber<br />

der zunehmenden „Eventkultur“ in<br />

Großstädten. ROBERT ROSSMANN

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