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Interview<br />

Ökonomie unD Glück –<br />

ein komPliZiertes Verhältnis<br />

IntErVIEW mIt proF. Dr. Dr. h.c. muLt. Bruno S. FrEy<br />

Seit Jahrtausen<strong>de</strong>n beschäftigt es Denker, Forscher – und jetzt<br />

auch Wirtschaftswissenschaftler: Glück ist so etwas wie ein<br />

Menschheitsthema. Doch wie passen Ökonomie und Glück zusammen?<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> wirtschaftlichen und politischen Praxis steht bis heute<br />

das Wachstum <strong>de</strong>s Bruttoinlandsproduktes im Mittelpunkt, nicht<br />

das Glück <strong>de</strong>s Menschen. Statt ihren Wohlstand zu genießen,<br />

stressen sich die Menschen immer mehr. Wenn Wachstum allein<br />

aber nicht glücklich macht, wie sinnvoll ist dann die Ausrichtung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

wirtschaftlichen Tätigkeit – und die <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftswissenschaft –<br />

am materiellen Nutzen? Über diese Fragen sprach Vizepräsi<strong>de</strong>nt<br />

Matthias Meyer-Schwarzenberger in Zürich mit <strong>de</strong>m Schweizer<br />

Ökonomen Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Bruno S. Frey (71).<br />

Herr Professor Frey, als Wirtschaftswissenschaftler unterstellen<br />

wir normalerweise, dass die Menschen ihren Nutzen maximieren.<br />

Sie sprechen dagegen von Glück. Was ist Glück?<br />

Wenn wir heute Glücksuntersuchungen machen, <strong>de</strong>finieren wir<br />

Glück gar nicht, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n fragen einfach die einzelnen Personen,<br />

wie glücklich sie sich fühlen. Wir stellen also die Frage: Alles in<br />

allem genommen, wie zufrie<strong>de</strong>n sind Sie mit <strong>de</strong>m Leben, das Sie<br />

führen? Die Spanne reicht von 1 (total unglücklich) bis 10 (total<br />

glücklich). Bemerkenswert ist, dass die meisten Leute einen Bereich<br />

von sieben bis acht, gar neun angeben. Die meisten Leute<br />

sind also ziemlich glücklich! Allerdings machen die Individuen<br />

manchmal Fehler, sind also nicht immer fähig, ihr Glück zu maximieren.<br />

Insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e sehen sie nicht, wie viel Glück o<strong><strong>de</strong>r</strong> Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />

sie durch Güter erlangen, die in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zukunft liegen.<br />

Auch durch die Werbung wer<strong>de</strong>n unrealistische Erwartungen<br />

geweckt, und Statusgüter können negative externe Effekte zeitigen.<br />

So wer<strong>de</strong>n Menschen systematisch unglücklich gemacht.<br />

Befürworten Sie Steuern auf Luxusgüter o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Verbot von<br />

verführerischer Werbung?<br />

Nein, weil man sich sofort überlegen muss, wer bestimmt, was<br />

ein Luxusgut ist. <strong>Ich</strong> sage jetzt nicht, dass man sich nicht einigen<br />

kann, dass ein Lamborghini ein relativ luxuriöses Auto ist. Aber<br />

bereits wenn es um eine Wohnung geht, so schätzen manche<br />

Leute eine schöne Aussicht über alles, an<strong><strong>de</strong>r</strong>e wollen möglichst<br />

viele Räume haben. Da besteht die Gefahr, dass irgendwelche<br />

Bürokraten bestimmen, was unnötiger Luxus ist. Das möchte<br />

ich vermei<strong>de</strong>n.<br />

Trotz<strong>de</strong>m for<strong><strong>de</strong>r</strong>n Sie in ihrem jüngsten Buch eine sinnvolle<br />

Glückspolitik, lehnen die Fiktion <strong>de</strong>s wohlwollen<strong>de</strong>n Diktators<br />

jedoch ab. Wo hört Glückspolitik auf, wo fängt Glücksdiktatur an?<br />

Glücksdiktatur herrscht dort, wo <strong><strong>de</strong>r</strong> Staat <strong>de</strong>m o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelnen<br />

sagt, wie er o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie sich zu verhalten hat. Der Staat sollte<br />

<strong>de</strong>n Individuen aber die Möglichkeit geben, das eigene Glück<br />

zu fin<strong>de</strong>n. So steht auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> amerikanischen Verfassung die<br />

berühmte Re<strong>de</strong>wendung „the persuit of happiness“. Genau das<br />

soll ermöglicht wer<strong>de</strong>n. Der Staat soll sich z.B. darum bemühen,<br />

dass junge Menschen Arbeitsangebote fin<strong>de</strong>n können. Wenn<br />

es keine Arbeit gibt, kann man nicht nach <strong>de</strong>m Glück streben.<br />

Aber niemand soll vorschreiben, dass man einer Berufstätigkeit<br />

nachgehen muss.<br />

12<br />

Prof. dr. dr. h.c. mult. Bruno s. frey mit matthias meyer-schwarzenberger in Zürich<br />

Bruno S. Frey, geboren 1941 in Basel, ist einer <strong><strong>de</strong>r</strong> herausragen<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>utschsprachigen Ökonomen. Er wur<strong>de</strong> 1965 promoviert und<br />

1969 habilitiert. Von 1970 bis 1977 lehrte Frey als Or<strong>de</strong>ntlicher<br />

Professor an <strong><strong>de</strong>r</strong> Universität Konstanz. Von 1977 bis 2012 war<br />

er Or<strong>de</strong>ntlicher Professor für Wirtschaftswissenschaft an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Universität Zürich. Seither ist er Distinguished Professor an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Warwick Business Scholl, University of Warwick und<br />

Gastprofessor an <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeppelin Universität Friedrichshafen.<br />

Frey forscht im Grenzbereich zwischen Psychologie und<br />

Wirtschaftswissenschaft. Er hat sich vor allem mit seinen<br />

Arbeiten über Wirtschaftswachstum und Lebenszufrie<strong>de</strong>nheit<br />

einen Namen gemacht. Im Jahre 2007 verlieh ihm <strong><strong>de</strong>r</strong> Verein<br />

für Socialpolitik <strong>de</strong>n erstmals vergebenen Gustav-Stolper-Preis<br />

für beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Verdienste bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunikation mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit.<br />

Zwei Jahre zuvor hatte ihn das Forschungsnetzwerk<br />

CESifo zum „Distinguished CESifo Fellow“ <strong>de</strong>s Jahres gekürt.<br />

Je<strong><strong>de</strong>r</strong> ist also seines Glückes Schmied…<br />

…und sollte auch eine Ausbildung haben bzw. erwerben können,<br />

damit genau diese Auswahl vernünftig getroffen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

In einer solchen Ausbildung, also etwa in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftswissenschaft<br />

und zunehmend auch im Privatleben, erlernt man aber<br />

doch bestimmte Denkgewohnheiten, wonach z.B. Effizienzsteigerung<br />

als erstrebenswertes Ziel gilt. Streben wir dadurch<br />

womöglich am Glück vorbei?<br />

Man strebt am Glück vorbei, wenn man glaubt, man könne <strong>de</strong>m<br />

Glück rational und überlegt nachjagen. Die Philosophen haben<br />

schon immer gewusst, dass das nicht geht. Glück ist das Nebenprodukt<br />

eines guten Lebens: dass man eine befriedigen<strong>de</strong> Arbeit<br />

hat, dass man nicht durch Krieg und Kriminalität bedroht wird<br />

und ähnliche Dinge.<br />

Gibt es grundlegen<strong>de</strong> Annahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftstheorie, die man<br />

aufgrund Ihrer Forschungsergebnisse neu über<strong>de</strong>nken müsste?<br />

Ja. Dank <strong><strong>de</strong>r</strong> Glücksforschung können wir jetzt eine Annäherung<br />

an <strong>de</strong>n „Nutzen“ messen, und diese Messungen sind recht<br />

<strong>vertrau</strong>enswürdig. Dadurch kann die Grundannahme, je<strong>de</strong>s beobachtete<br />

Verhalten sei nutzenmaximierend, aufgegeben wer<strong>de</strong>n.<br />

Ein weiterer Unterschied besteht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Erkenntnis, dass alles<br />

relativ ist. Es ist nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsum, <strong><strong>de</strong>r</strong> Nutzen spen<strong>de</strong>t, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Konsum im Vergleich zum Konsum <strong><strong>de</strong>r</strong> Referenzgruppe.<br />

bdvb-aktuell 118

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