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Studium und Karriere wert der karriere Versus karrIere MIt Werten? Ethik in DEr managEmEntausbilDung Ob „Corporate Social Responsibility (CSR)“, „Nachhaltigkeit“, „Ethik“ oder „Werte“ – allenthalben ist zu lesen, dass ein zukunftsfestes Management auch mit diesen Themen befasst zu sein hat. Insbesondere werden die Hochschulen mit ihren wirtschaftswissenschaftlichen Studienangeboten aufgefordert, hier aktiv zu werden. Gerne und schnell werden BWL-Studierende als Nutzenmaximierer in eigener Karrieresache gesehen und die Bildungsinstitutionen lehren allenfalls „Moral im Nebenfach“ (FAZ 08/2012). Eine unheilige Allianz aus effizienzgetriebenen „business schools“ und „Young Professionals“? Ist die Karriere der entscheidende Wert und wie können sich Werte in den individuellen Karrierepfaden auswirken? Ist Ethik in der Managementausbildung ein Laber-Fach für Sozialromantiker oder gar nur ein Marketingtrick für „green washing“? Ist nicht am Ende der ethisch informierte Studierende der Dumme im Kampf um Top-Jobs? Ein Managementstudium ist bereits aus Rationalitätssicht gleich in zwei Dimensionen kein einfaches Unterfangen: Zum einen kann man fragen, ob ein zukunftsfähiges Managementstudium mit einer kategorialen Engführung auf ökonomische Wertrationalität auskommen kann oder in weiterem Sinne „ethische“ Überlegungen in eine Beziehung zu wirtschaftswissenschaftlichen Denkmodellen gesetzt werden sollen; zum anderen, ob die Studierenden jener Binnenlogik folgen, mit anderen Worten: Ob für sie die „Karriere“ im Sinne der maximierten Bildungsrendite primäre Ziel darstellt, oder weitere Faktoren wie der „Sinn“ des späteren eigenen Managementhandelns eine Rolle spielen. Hier entsteht ein Portfolio von – stark vereinfachten – Studienangeboten der business schools mit „mehr oder weniger“ Ethikanteilen und Studierenden mit „mehr oder weniger“ intrinsischer oder extrinsischer Ausprägung. Zudem ist es vorstellbar, dass eine Abhängigkeit innerhalb der Portfolioelemente aber auch hinsichtlich der Systematik besteht. Es ist wohl davon auszugehen, dass Hochschule und Studierende sich gegenseitig beeinflussen und daher eine Art „Entwicklungspfad“ für beide Seiten vorstellbar ist. Noch spannender werden solche Überlegungen, wenn man die „Karriere“ in einer heute durchaus bereits nachweisbaren Verbindung zur Werteorientierung der Unternehmen sieht. Welche plausiblen Argumente lassen sich in dieser Gemengelage für Hochschulen und Studierende im Managementbereich vorbringen, auf „Ethik“ als Ergänzung der weiteren ökonomischen Studieninhalte zu setzten? Fakt ist: Gerade die Studierenden wollen durchaus Themen wie „CSR“ stärker in der Managementausbildung verankert wissen (sneep Studie 2009, Bertelsmann MBA Studie 2010, Heinemann/Krol 2011) – zunehmend wird die „klassische“ wirtschaftswissenschaftliche Ausbildung als entlang hochanalytischer Immunisierungsprämissen konstruiert und durch einen oft bedrückenden Mangel an empirischer Evidenz im Vergleich zum mathematischen Aufwand gekennzeichnet kritisiert. Nicht nur in der wissenschaftstheoretischen Dauerbrennerdiskussion son- dern auch konkret vor Ort im Hörsaal und Seminarraum wird die Frage nach einem transökonomischen Blick auf die Ökonomie lauter. Wenn es richtig ist, dass Wissen um ethische Argumentationszusammenhänge (die gute alte moralische Urteilskraft) und Kompetenzen im Managementbereich (CSR etc.) bereits heute aber sicher in der Zukunft keine Kür mehr sein werden, ergibt es letztlich für jeden Studierenden Sinn, sich diesen Themen zu öffnen. Statistik mag auch nicht jeder und dennoch muss es sein. Der von sich her in Richtung einer Beschäftigung mit transökonomischen Kategorien motivierte Studierende wird diese Angebote gar begeistert aufnehmen. Beide Typen aber dürfen davon ausgehen, dass eine Schmälerung ihrer Bildungsrendite durch dieses Engagement eher unwahrscheinlich ist. Sogar kurzfristig, sicher aber in the long run. Fakt ist ebenfalls: Die Hochschulen erkennen diese Dynamik und es lassen sich erste positive Zeichen in Richtung einer verstärkten Integrationen von Ethik in das wirtschaftswissenschaftliche Studium aufzeigen (Schmalbach/Schwerk 2008, Heinemann/Krol 2011). Nicht zuletzt die an der Praxis orientierten Hochschultypen können einen immer wichtiger werdenden Bereich der Managementpraxis im Sinne einer zukunftsfähigen Managerausbildung schwerlich unbeachtet lassen. Die Hochschulen, die sich ernsthaft und nachhaltig auf diese Ausbildungsaspekte einlassen, werden die positiven Effekte schätzen lernen im breiten Diskurs über die potenziellen Weiterentwicklungswege der Ökonomie als Wissenschaft. Aber auch jene Institutionen, die es aus Profilierungsgründen tun, werden eben jene Reputationseffekte einlösen können. Nun wird man sofort einwenden, dass dies alles nur gilt, solange die Eurozone bröckelt und die Weltmärkte von Krisenängsten geplagt werden – mit anderen Worten: Solange der Einsatz von Ethik aus Präventionsgründen effizient ist auf Sicht. Und in der Tat ist es erschreckend zu sehen, dass Wirtschaftsethiker und Nachhaltigkeitsexperten, bei denen sonst das Telefon stillsteht, in Krisenzeiten einen Boom erleben. Immer wieder sorgen spektakuläre Fälle von Wirtschaftskriminalität für Aufsehen – sei es hier zu Lande bei Siemens, ThyssenKrupp, Daimler, MAN und Ferrostaal oder im Ausland bei Großunternehmen wie WorldCom, Enron und Parmalat. Aber welches Unternehmen möchte schon von der US-amerikanischen Börsenaufsicht eingesetzte Sonderermittler im Haus haben, die – wie in den vorgenannten Fällen – dreistellige Millionenbeträge an Kosten verursachen können und weitere Mittel für den Aufbau von Compliance- Organisation erforderlich machen. Da sind Ethikschulungen schon effizienter – aber sind sie auch effektiv? Ethik ist letztlich doch bloß appelativ – und in diesem Sinne wird eine ethisch informierte Managerausbildung sicher einen Beitrag zum tieferen Verständnis nicht zuletzt der Ökonomie als Politik leisten können – aber in einem emphatischen Sinne „bessere Manager“ sind doch wohl 26 bdvb-aktuell 118
kaum zu erwarten. Und vielleicht auch eine Überforderung der Hochschulen, denn solch eine Persönlichkeitsformung wäre sicher ein gutes Stück mehr als eine Entwicklung persönlicher Kompetenzen. Auch wenn Platon – und wer wollte dem alten Lehrer widersprechen – sicher in seiner Politeia ein erstrangiges Bildungsprogramm gezeichnet hat (später durch Humboldt institutionell gewendet), dem man nur zustimmen kann, wird man fragen müssen, was davon sinnvollerweise denn auch erreicht werden kann. Ohne Rahmenbedingungen, die die Korrupten zu den Dummen werden lassen, wird man dies ebenso wenig erreichen können, wie durch einen vollkommenen Transfer moralischer Individualverantwortung in die Spielregeln. Ob dabei das Recht nur das „ethisches Minimum“ (G. Jellinek, 1927) regeln kann oder Recht und Moral zwar funktional differenziert sind, sich aber gegenseitig ergänzen (J. Habermas, 1994), kann dahinstehen. Ethisch verantwortliches Handeln geht in der Konsequenz jedenfalls über bloße Normbefolgung hinaus. Nach Jahrzehnten einer Managerausbildung, die Ethik, Nachhaltigkeit etc. theoretisch sauber und praktisch anwendbar integriert, muss man neu darüber sprechen, was es gebracht hat. Bis dahin sollten die business schools sich nicht als wertefreier Raum verstehen um ideologiefrei sein zu können, und die Studierenden sollten mehr tun, als ihr eigenes Leben abzuzinsen. Die Institution und das Individuum müssen gemeinsam daran arbeiten, eine der schwersten Aufgaben zu lösen: Die Beziehung zwischen Ethik und Ökonomie so zu denken und zu leben, dass eine die positive Gewalt egoistischer Triebkräfte aufhebende (nicht negierende) Struktur entsteht für eine Welt, in der man Karriere machen kann, mit Herz, Hand und Verstand und ohne Nachteile, wenn das Herz dabei eine Rolle spielt. autorEn Prof. Dr. Stefan Heinemann ist Prorektor für den Bereich Kooperationen an der FOM Hochschule und nimmt im Rektorat zudem die Funktion des Nachhaltigkeitsbeauftragten wahr. Er fungiert außerdem als Repräsentant der Trägerstiftung der FOM Hochschule (Bildungs- Centrum der Wirtschaft) im zdi-Zentrum MINT-Netzwerk, Essen. Prof. Dr. Heinemann ist Mitglied im Fachbeirat des dips Deutsches Institut für Portfolio-Strategien an der FOM, Forschungsprofessor im ild Institut für Logistik- & Dienstleistungsmanagement an der FOM (Bereich Public Management) und Wissenschaftlicher Leiter für den Bereich Business Ethics im KCC KompetenzCentrum für Corporate Social Responsibility an der FOM. Er ist Mitglied im Arbeitskreis „Hochschule“ der UNESCO-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ und Partner des HKR NRW Hochschulkompetenzzentrums Rechnungswesen an der Universität Duisburg-Essen. Prof. Dr. Heinemann fokussiert die Bereiche Wirtschafts- und Unternehmensethik sowie Public Management (Finanzen und Strategie) in Lehre und Forschung. RA Prof. Dr. Julius F. Reiter ist Fachbeiratsvorsitzender des dips Deutsches Institut für Portfolio-Strategien und Professor für Wirtschaftsrecht an der FOM Hochschule für Oekonomie & Manage- bdvb-doktorandennetzWerk zur Förderung und Vernetzung von wissenschafts- und praxisorientierten Wirtschaftsakademikern (Doktoranden, Habilitanden, Post-docs) Sie planen gerade Ihr Doktorat, stecken bereits mitten in der Dissertation oder haben die Promotion kürzlich abgeschlossen? Dann sind Sie bei uns richtig! Bitte wenden Sie sich an: Fachgruppe Young Professionals, Matthias Meyer-Schwarzenberger E-Mail: matthias.meyer-schwarzenberger@bdvb.de Studium und Karriere ment. Darüber hinaus ist er Gründer der Kanzlei baum • reiter & collegen mit den Tätigkeitsschwerpunkten Bankhaftungs-, Kapitalanlage- u. Kreditrecht, IT- und Arbeitsrecht in Düsseldorf. Reiter ist Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und regelmäßig als Sachverständiger in Gesetzgebungsverfahren des Bundestages im Finanz-, Rechts- und Verbraucherausschuss bestellt. Alexander Zureck B.A. (az70893@bdvb. de) studierte Business Administration an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management in Essen. Parallel zum Studium war er als Privatkundenberater in einem Kreditinstitut tätig. Mittlerweile arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter für das dips Deutsches Institut für Portfolio-Strategien. Seit März 2012 ist er Vorstandsmitglied der bdvb-Bezirksgruppe Ruhr-West. bdvb-aktuell 118 27
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