10.11.2012 Aufrufe

Staatspolitisches Handbuch

Staatspolitisches Handbuch

Staatspolitisches Handbuch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Thema | Sezession 38 · Oktober 2010<br />

Die letzten Preußen<br />

von Erik Lehnert<br />

Die Frage, ob Preußen nach 1945 eine Alternative war, läßt sich auch aus<br />

der Rückschau nicht leicht beantworten. Mit Preußen verbinden sich zu unterschiedliche<br />

Assoziationen, als daß sofort klar wäre, was damit gemeint<br />

ist. Die Bandbreite reicht vom geographischen Begriff über den umstrittenen,<br />

aber einzigartigen Staat bis zu den vielgepriesenen preußischen Tugenden.<br />

Unmittelbar nach Kriegsende war klar, daß es weder das eine noch<br />

das andere jemals wieder geben würde. Noch vor der offiziellen Auflösung<br />

Preußens durch die Alliierten 1947 schaltete sich Konrad Adenauer in die<br />

damals noch offene Hauptstadtfrage ein: »Wir im Westen lehnen vieles,<br />

was gemeinhin ›preußischer Geist‹ genannt wird, ab. […] Wer Berlin zur<br />

neuen Hauptstadt macht, schafft geistig ein neues Preußen.« Davor hatten<br />

sowohl die CDU, die unter Adenauer Deutschlands Geschicke der nächsten<br />

Jahre bestimmen sollte, als auch die Alliierten offenbar große Angst.<br />

Daß man Preußen nicht nur von der Landkarte tilgen wollte, sondern<br />

auch den Geist bekämpfte, zeigt, daß von ihm eine nicht zu unterschätzende<br />

Wirkung ausging. Der Aufstieg dieses kleinen Staates in der<br />

Mitte Europas zur Großmacht hatte die Welt in Atem gehalten. Preußen<br />

wurde deshalb mit einer Mischung aus Abscheu, Furcht und Bewunderung<br />

betrachtet. Ernst von Salomon hat auf diese alliierte Gefühlslage<br />

indirekt reagiert, indem er auf die Frage nach seiner Staatsangehörigkeit<br />

antwortete: »Ich bin ein Preuße. Die Farben meiner Fahne sind schwarz<br />

und weiß. Sie deuten an, daß meine Väter für die Freiheit starben und fordern<br />

von mir, nicht nur bei hellem Sonnenschein, sondern auch an trüben<br />

Tagen ein Preuße zu sein. Dies ist nicht immer einfach.« Damit war klar,<br />

daß Preußen mehr war als ein Staat, den man abschaffen konnte. Das Bekenntnis<br />

zu Preußen hatte etwas Überzeitliches, Transzendentes, das für<br />

die pragmatischen Amerikaner nur schwer nachvollziehbar war.<br />

Salomons Bestseller Der Fragebogen erschien im März 1951. Wenige<br />

Wochen zuvor hatte ein anderer Preuße, Hans-Joachim Schoeps, seiner<br />

12 Lehnert – Preußen<br />

Ernst von Salomon:<br />

Der Fragebogen,<br />

Hamburg 1951.<br />

Hans-Joachim Schoeps:<br />

Die Ehre Preußens,<br />

Stuttgart 1951.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!