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Staatspolitisches Handbuch

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von Wolfgang Schuller zu<br />

Souveränitätsbeschränkungen<br />

neuen Typs, die sich – wenn<br />

auch von anderer Warte – mit<br />

einem ähnlichen Problem beschäftigen<br />

wie Dietrich Murswiek,<br />

der über den Grundsatz<br />

der souveränen Staatlichkeit<br />

als unabänderliches<br />

Verfassungsprinzip handelt.<br />

Beide Aufsätze haben es mit<br />

der deutschen Gegenwart zu<br />

tun, während Hans-Christof<br />

Kraus die Frage stellt, ob eine<br />

monarchische Restauration<br />

in der frühen Bundesrepublik<br />

auf legalem Wege durchführbar<br />

gewesen wäre; sein Ausgangspunkt<br />

sind dabei die<br />

Überlegungen des Historikers<br />

Hans-Joachim Schoeps und<br />

des Juristen Ernst Rudolf Huber,<br />

womit ein auf den ersten<br />

Blick vielleicht nebensächlich<br />

erscheinender Aspekt dazu<br />

dient, einen Teil der Geistesgeschichte<br />

des Konservatismus<br />

nach 1945 zu rekonstruieren.<br />

Karlheinz Weißmann<br />

Mangel als Mutter der<br />

Vielfalt<br />

Josef H. Reichholf: Naturschutz.<br />

Krise und Zukunft,<br />

Berlin: Suhrkamp 2010.<br />

170 S., 10 €<br />

»Naturschutz« klingt angesichts<br />

der globalen Bemühungen<br />

um die Reduktion des<br />

CO 2 -Ausstoßes veraltet. So,<br />

als ob man sich nicht um das<br />

große Ganze sorgen, sondern<br />

nur seine eigene kleine Welt<br />

vor der Zerstörung schützen<br />

wolle. Naturschutz steht damit<br />

in besonderem Maße unter<br />

Rechtfertigungszwang – sowohl<br />

gegenüber der Seite, der<br />

Naturschutz nicht genügt, als<br />

auch der, der bereits dieser zu<br />

viel ist. Der Zoologe und Professor<br />

für Naturschutz Josef<br />

H. Reichholf zeigt in seinem<br />

neuen Essay in gewohnt polarisierender<br />

Weise, daß die<br />

Gründe dafür nicht zuletzt im<br />

Naturschutz selbst zu suchen<br />

sind. Er macht auf Unstimmigkeiten,<br />

Fehlentwicklungen und<br />

Absurditäten aufmerksam, mit<br />

dem Ziel, den Naturschutz von<br />

seinen ideologischen Fesseln<br />

zu befreien. Dabei legt er sich<br />

48 Rezensionen<br />

nicht nur mit Naturschützern<br />

an, sondern auch mit Landwirten<br />

und Jägern, die auf je<br />

eigene Art und Weise den Naturschutz<br />

behindern.<br />

Reichholf ist der Auffassung,<br />

daß die sogenannten »Roten<br />

Listen« kaum zum Schutz dieser<br />

Tiere und Pflanzen beigetragen<br />

haben, weil die Kriterien<br />

»schützenswert« und »selten«<br />

noch nichts über die Gefährdung<br />

einer Tierart und ihrer<br />

Quellen aussagten. Es gibt<br />

Tiere, die immer selten waren<br />

– einfach weil sie am Ende der<br />

Nahrungskette stehen. Ebenso<br />

kritisch sieht er den Widerstand<br />

der Naturschützer bei<br />

Großbauprojekten. »Mangel<br />

ist die Mutter der Vielfalt,<br />

Fülle vereinheitlicht.« Nährstoffmangel<br />

fördere die Artenvielfalt,<br />

weshalb es ein Trugschluß<br />

sei anzunehmen, daß<br />

auf landwirtschaftlich genutzten<br />

Flächen mehr Arten vorkommen<br />

als an einem Flughafen.<br />

Das Gegenteil sei der Fall.<br />

Das wollten viele Naturschützer<br />

nicht wahrhaben. Reichholf<br />

fragt nun ketzerisch, ob<br />

die Ausgleichszahlungen, die<br />

als Kompensation für den Eingriff<br />

in die Natur gezahlt werden<br />

müssen, zurückgezahlt<br />

werden sollten, wenn es an<br />

dem Ort jetzt mehr Arten (wie<br />

am Flughafen München) gebe<br />

als zuvor. Er plädiert dafür,<br />

die Stadt als jagd- und landwirtschaftsfreies<br />

Gebiet auch<br />

als Rückzugsraum für viele<br />

Tiere anzuerkennen. Daß sich<br />

dem viele Naturschützer verweigerten,<br />

habe seine Ursache<br />

in einem statischen Idealbild<br />

von Natur, das es in Wirklichkeit<br />

nie gegeben habe.<br />

Reichholf geht es darum, den<br />

Naturschutz wieder an seine<br />

eigentliche Aufgabe zu erinnern.<br />

Naturschutz habe »weit<br />

weniger mit Ökologie und Naturhaushalt<br />

zu tun, als den<br />

allermeisten Naturschützern<br />

bewußt ist. Er entspricht viel<br />

eher dem Denkmalschutz und<br />

sollte befreit werden von der<br />

Überfrachtung mit ›Öko‹, die<br />

keine ›Öko-logie‹ mehr ist,<br />

sondern eine ›Öko-sophie‹.«<br />

Reichholf geht es um die Ausrichtung<br />

des Naturschutzes an<br />

den Bedürfnissen des naturliebenden<br />

Menschen, der des-<br />

halb nicht zu einer Ausgrenzung<br />

des Menschen aus der<br />

Natur führen darf. Ein Weg,<br />

dies auch gegen staatliche Vorgaben<br />

durchsetzen zu können,<br />

wäre die Errichtung privater<br />

Naturschutzgebiete, wie sie<br />

in England bereits existierten.<br />

Das größte Hindernis auf dem<br />

Weg zu einem Naturschutz,<br />

der Mensch und Natur dienen<br />

würde, sieht er jedoch in der<br />

ideologischen Überfrachtung,<br />

die Naturschutz nur dann als<br />

legitim ansehe, wenn er sich<br />

die Rettung der Welt zum Ziel<br />

gesetzt habe. Naturschutz bedürfe<br />

jedoch keiner großartigen<br />

Begründungen. Es genüge<br />

ein Satz: »Wir setzen uns für<br />

den Erhalt der Natur ein, weil<br />

wir sie schätzen.«<br />

Erik Lehnert<br />

Konservativer Feminismus<br />

im Anmarsch?<br />

Elisabeth Badinter: Der Konflikt.<br />

Die Frau und die Mutter,<br />

Mit einem Vorwort der Autorin<br />

zur deutschen Ausgabe.<br />

München: C.H. Beck 2010.<br />

222 S., 17.95 €<br />

Elisabeth Badinter, Frankreichs<br />

Vorzeigefeministin, sieht<br />

ihr Land von einem massiven<br />

roll back in puncto Emanzipation<br />

bedroht. Immer mehr<br />

Frauen ließen sich von einem<br />

»naturalistischen Feminismus<br />

verführen«; Mütter, die »einige<br />

Jahre zu Hause bleiben«<br />

und sich mit ihrer kindverbundenen<br />

Lebensweise als »authentische,<br />

naturverbundene<br />

und weniger konsumorientierte<br />

Avantgarde« fühlen. Dieser<br />

gegenaufklärerische Feminismus,<br />

der »Mutterschaft als<br />

etwas Erhabenes verehrt«, sei<br />

Resultat einer »Heiligen Allianz<br />

der Reaktionäre«: einem<br />

Klüngel aus Ökologen, Verhaltensforschern,Stillorganisationen<br />

und 68er-Töchtern, die<br />

die mühsam errungene Gleichberechtigung<br />

der Geschlechter<br />

wieder ins Wanken bringen.<br />

Das Patriarchat schlägt<br />

zurück – unter weiblicher Mithilfe.<br />

Badinters Buch Le conflit.<br />

La femme et la mère, das<br />

in Frankreich sofort auf Platz<br />

1 der Verkaufslisten schnellte

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