Arbeitsbericht - Die ZWE "Arbeit und Region" - Universität Bremen

vereinbart worden sind. Die Auswertung des ”Bremer Samples” zeigt zudem die
Nutzung des TVBesch in nahezu allen Betriebsarten der M+E-Industrie, aber
unterschiedliche Verbreitungsgrade in Abhängigkeit von Betriebsgröße, Branche und
Region. ”Beschäftigungssichernde Arbeitzzeitabsenkungen” erweisen sich als konjunkturreagibles
Instrument der betrieblichen Personalpolitik. Aber auch im Konjunkturhoch
1998-2000 kam es zu neuen Anwendungen. Meist werden
”beschäftigungssichernde Arbeitzzeitabsenkungen” gemeinsam mit oder nach
anderen Instrumenten des betrieblichen Personalmanagements eingesetzt
(Kaskaden- oder Kombinationsmodell). In den Betriebsfallstudien konnten zwei sehr
unterschiedliche Nutzungsformen identifiziert werden: Während ein Teil der Betriebe
damit kurzfristig auf akute Absatzprobleme reagiert, schließt ein anderer Teil der
Betriebe längerfristige Betriebsvereinbarungen ab und eröffnet sich dadurch eine
neue strategische Option, die nicht nur eine Öffnung der Arbeitszeit nach oben
(”Überstunden”), sondern auch nach unten (”Arbeitszeitabsenkung”) ermöglicht. In
Verbindung mit Arbeitszeitkonten können auf diese Weise die Flexibilisierungsmöglichkeiten
der betrieblichen Arbeitszeitpolitik wesentlich erhöht werden.
Geschäftsleitungen (73 vH) und Betriebsräte (61 vH) werten ihre Erfahrungen mit der
Anwendung des TVBesch überwiegend positiv. Eine negative Bewertung geben
weniger als ein Viertel der Geschäftsführungen und lediglich 6 vH der Betriebsräte
ab. Betriebsräte machen ihre Ambivalenz aber dadurch deutlich, dass ein Drittel sich
unentschieden zu ”beschäftigungssichernden Arbeitszeitabsenkungen” äußern.
Die Delegation von Regelungsthematiken von den Tarif- an die Betriebsparteien
kann als Gewährung von ”funktionaler Autonomie” und als Entlastung der Tarifparteien
interpretiert werden. Durch diese ”Delegation von Verantwortung nach
unten” kann die Aufnahme höherer Problemlasten durch das Gesamtsystem der
industriellen Beziehungen erfolgen. Die vorliegenden Befunde deuten darauf hin,
dass der TVBesch nicht zu einer ”Erosion der Flächentarifverträge” führt, sondern
vielmehr als Beitrag zur Stabilisierung des deutschen Systems der industriellen
Beziehungen gewertet werden kann.
Veröffentlichung
Spitzley, H.; Götz, R.; Schnecking, W. (2001): Beschäftigungssicherung durch
temporäre Arbeitszeitabsenkung Eine empirische Untersuchung zur Anwendung
des Beschäftigungssicherungstarifvertrags in der deutschen Metallund
Elektroindustrie. In: Gesellschaft für Arbeitswissenschaft (Hg.): Arbeitsgestaltung,
Flexibilisierung, Kompetenzentwicklung. 47. Kongress der Gesellschaft
für Arbeitswissenschaft. Dortmund 2001: GfA-Press, S. 261-264
Richter, G., Schnecking, W., Spitzley, H. (2001): Beschäftigungssicherung durch
betriebliche Arbeitszeitverkürzung. Soziale Voraussetzungen und Folgen der
betrieblichen Anwendung beschäftigungssichernder Flächentarifverträge.
(Forschungsbericht im Erscheinen)
Richter, G. (2001): Der Beschäftigungssicherungstarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie
in der betrieblichen Praxis. In Seifert, H. (Hg.): Tarifliche und
betriebliche Bündnisse für Arbeit. Berlin: sigma (im Erscheinen)
Spitzley, H. (2001): Kooperationslernen in Unternehmen. Neue Möglichkeiten der
Beschäftigungssicherung in der Metall- und Elektroindustrie (im Erscheinen)