Gebündeltes Wissen gegen Gewalt - Ãsterreichische LIGA für ...
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physische oder psychische Auffälligkeiten durch Misshandlungen, sexuellen Missbrauch<br />
usw. verursacht wurden.<br />
Dazu genügen auch entfernte Indizien. Bloße Vermutungen rechtfertigen die Annahme<br />
eines Misshandlungsverdachts jedoch nicht, sie können allerdings für den Arzt Anlass zu<br />
eigenen weiteren Beobachtungen und Klärungsversuchen sein. Die medizinische<br />
Beurteilung der Ursachen für das Verhalten des Patienten oder dessen Verletzungen<br />
sowie die Erfordernisse medizinischer Behandlung und Betreuung bleiben vorrangig; die<br />
juristische Beurteilung, ob tatsächlich eine strafbare Handlung vorliegt, braucht der Arzt<br />
nicht vorzunehmen.<br />
3.5 Weg der Anzeige 14<br />
Die Anzeige erfolgt in einer Krankenanstalt in der Regel im Dienstweg. Sollte dies im<br />
Einzelfall zu lange dauern, ist darüber hinaus unverzüglich auch gleich direkt die<br />
Sicherheitsbehörde zu informieren. Unverzüglich bedeutet, dass die Anzeige ohne<br />
unbegründeten Verzug zu erfolgen hat. Eine Verzögerung wäre z.B. begründet, wenn<br />
der Arzt zunächst noch einen Notfallpatienten versorgt und erst dann die Anzeige<br />
erstattet.<br />
3.5.1 Misshandlung, Quälen, Vernachlässigung und sexueller Missbrauch von<br />
minderjährigen Personen<br />
a. Ärzte<br />
Ergibt sich für den Arzt in Ausübung seines Berufes der Verdacht, dass ein<br />
Minderjähriger (0–18 Jahre) misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell<br />
missbraucht worden ist, so hat er Anzeige an die Sicherheitsbehörde (z.B. Polizei,<br />
Gendarmerie, Sicherheitsdirektionen, nicht jedoch Gerichte und Staatsanwaltschaften)<br />
zu erstatten.<br />
Unter bestimmten Voraussetzungen muss eine Anzeige zunächst nicht erfolgen:<br />
der Verdacht richtet sich <strong>gegen</strong> einen nahen Angehörigen,<br />
das Unterbleiben der Anzeige liegt im Wohl des Minderjährigen und<br />
es erfolgt eine Zusammenarbeit mit dem Jugendwohlfahrtsträger und gegebenenfalls<br />
eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt.<br />
§ 54 Abs. 5 ÄrzteG verweist im Hinblick auf die nahen Angehörigen auf die Bestimmung<br />
des § 166 StGB. Angehörige nach § 166 StGB sind der Ehegatte, die Verwandten in<br />
14 Siehe Tabelle 1 und 2.<br />
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