Gebündeltes Wissen gegen Gewalt - Ãsterreichische LIGA für ...
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gerader Linie (Eltern, Großeltern, Kinder, Enkelkinder), Geschwister und jene anderen<br />
Angehörigen, die mit dem Opfer in einer Hausgemeinschaft leben. Vom Arzt kann<br />
allerdings nicht verlangt werden, aufwändige Nachforschungen anzustellen, ob<br />
gegebenenfalls eine Hausgemeinschaft bestanden hat, da er dazu weder die Zeit noch<br />
die Möglichkeit hat.<br />
Die (vorläufige) Unterlassung der Anzeige ist selbstverständlich auch nur dann im Wohle<br />
des minderjährigen Opfers, wenn gewährleistet ist, dass es zu keinen neuerlichen<br />
Übergriffen kommt und daher das Wohl des Minderjährigen nicht weiter gefährdet ist.<br />
Gelangt der Arzt nun zu der Ansicht, dass sich der Verdacht z.B. <strong>gegen</strong> den Vater des<br />
minderjährigen Opfers richtet, so kann er so lange von der Anzeige absehen, als dies<br />
das Wohl des Minderjährigen erfordert und eine Zusammenarbeit mit dem<br />
Jugendwohlfahrtsträger bzw. eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer<br />
Krankenanstalt erfolgt. Das Wohl des minderjährigen Opfers kann einer Anzeige z.B.<br />
dann ent<strong>gegen</strong>stehen, wenn zu befürchten ist, dass der Minderjährige große<br />
Schuldgefühle oder psychische Störungen entwickelt, wenn der Vater in Folge einer<br />
Anzeige plötzlich aus der Familie gerissen wird und in Untersuchungshaft gebracht wird.<br />
Die Erfahrung hat gezeigt, dass in vielen Fällen durch diese Vorgangsweise (unbedingte<br />
Anzeige) dem Kind noch ein zusätzlicher Schaden bzw. Schmerz zugefügt wird, der eine<br />
Heilung oder Hilfe noch schwieriger gestaltet. Häufig wird dadurch das<br />
Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und dem Minderjährigen so stark erschüttert, dass<br />
dieser jede Zusammenarbeit ablehnt. Die (vorläufige) Unterlassung der Anzeige<br />
entspricht selbstverständlich nur dann dem Wohle des minderjährigen Opfers, wenn<br />
gewährleistet ist, dass es zu keinen neuerlichen Übergriffen kommt und daher das Wohl<br />
des Minderjährigen nicht weiter gefährdet ist. Dies könnte z.B. dann der Fall sein, wenn<br />
sich der Täter sofort einer Therapie unterzieht, das Kind eine Zeit lang stationär<br />
aufgenommen wird oder eine im Kindeswohl gelegene Lösung im familiären Umfeld des<br />
Kindes erzielt werden kann 15 .<br />
Der Arzt ist aber jedenfalls verpflichtet, dem zuständigen Jugendwohlfahrtsträger<br />
unverzüglich und nachweislich Meldung zu erstatten (§ 54 Abs. 6 ÄrzteG). Von dieser<br />
Anzeigepflicht bestehen keine Ausnahmen. Der Jugendwohlfahrtsträger hat nach dem<br />
Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) diese Meldungen personenbezogen zu erfassen und<br />
unverzüglich zu überprüfen (§ 2 Abs. 4 JWG). 16<br />
15 Zu einer ähnlichen Problematik RV 1386 BlgNR 20. GP 82.<br />
16 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 BGBl I 1989/161 idF BGBl I 2007/41.<br />
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