88 • 3/2012 - Waffenmarkt-Intern

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Wo liegt die Zukunft?
Der DSB will mit der aufwendigen Kampagne
"Ziel im Visier" neue Mitglieder gewinnen. Die
Maßnahmen greifen wichtige Zukunftstrends auf,
andere werden dagegen ignoriert.
Bogenschießen ist in den USA der wichtigste
Einstiegssport für den Nachwuchs und auch
in Deutschland der neue Hoffnungsträger.
Der Deutsche Schützenbund ist mit
über 1,4 Millionen Mitgliedern der
größte deutsche Schützenverband. Doch
seit Jahren gehen die Mitgliederzahlen
zurück, seit 2000 um über acht Prozent.
Das Schlagwort "Vereinssterben" macht
die Runde. Daher hat beim DSB die Mitgliedergewinnung
jetzt oberste Priorität (WM-Intern 8/2011): Der
Verband hat unter der Federführung von Vizepräsident Jonny Otten
Strategien entwickelt und sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: 2018 sollen
es 1,5 Millionen Mitglieder sein. Dazu
wurden über 1.000 Vereine befragt und
mit Hilfe von Medienfachleuten Ideen erarbeitet.
Die groß angelegte Aktion "Ziel
im Visier" setzt auf vier Bausteine: Stärkere
Mitgliederbindung, Mitgliederneugewinnung, interne und externe
Profilierung bis 2015 und die Stärkung der Vereinsarbeit. Die wichtigsten
Maßnahmen, die kurzfristig umgesetzt werden sollen, sind:
� Der Tag der Schützenvereine: Einmal im Jahr öffnen bundesweit
alle Vereine ihre Türen, um ihr sportliches und geselliges Angebot
zu präsentieren. Dies soll bereits 2012 am Wochenende vom 6. und
7. Oktober stattfinden.
� Die Kampagne "Schützenhilfe – Stille Stars" will den gesellschaftlichen
Einsatz der Vereine würdigen und in der Öffentlichkeit wirkungsvoll
darstellen (www.schuetzenhilfe.net).
� Öffentliche Lichtschieß-Events, um den Kindern Schießsport
näher zu bringen und
� die Konzentration auf Trends wie die Biathlon-Spielarten.
Besonders wichtig ist hier das Bogenschießen. Die Vereine haben die
Erfahrung gemacht, daß sie über Aktivitäten im Bogensport erfolgreich
neue Zielgruppen ansprechen können. Deshalb soll Bogenschießen
im DSB eine eigenständige "Marke" werden – im offiziellen
Schriftverkehr ist inzwischen auch von "Schieß- und Bogensport" die
Rede. Die Vereine sollen beim Aufbau eigener Bogensport-Sparten mit
Weiterbildungen für Trainer und einem "Startpaket Bogensport" unter-
Womit kann man neue
Mitglieder gewinnen?
Vom DSB verpönt: In den USA sind die erfolgreichen
"Modern Sporting Rifles" seit mehreren Jahren
ein wichtigster Bestandteil des Schießsports.
stützt werden. Ein Blick in die USA zeigt, daß dort nach intensiver Öffentlichkeitsarbeit
die Zahlen der Schützen und Jäger deutlich gestiegen
sind. Nach Erhebungen der National Shooting Sports Federation
(NSSF) handelt es sich mittlerweile um 15 Prozent der Bevölkerung.
Besonders stark ist der Anteil der Frauen gestiegen: Innerhalb der letzten
zehn Jahre um 46,5 Prozent. Spezialangebote für Frauen – wie Ein-
steigerkurse ohne Männer – werden
gut nachgefragt. Diese Konzentrati- DSB hat das "Ziel im Visier"
on auf die neue Zielgruppe mit viel und geht auf Mitgliederfang.
Potential (WM-Intern 1/2012) hatte
eindeutig Erfolg. Im besonderen Fokus
der NSSF steht die Öffentlichkeitsarbeit: Auch zu lokalen gemeinnützigen
Aktionen werden regelmäßig Pressemitteilungen aktiv an
die landesweiten Medien verschickt. Alljährlich wird beispielsweise
aufgerechnet, wie viel Steuern die Branche zahlt, wie viele Menschen
sie beschäftigt, wie viel wohltätige Projekte unterstützt
wurden, wie viel Spenden die Branche
getätigt oder gesammelt hat. Das Motto
der NSSF lautet: "Tue Gutes und rede darüber."
Mit der Öffentlichkeitsarbeit alleine ist es
aber nicht getan, denn "Nur Sport, der Spannung,
Aufregung, Dynamik und Identifikationsmöglichkeiten
bietet, hat gute Zukunftsperspektiven",
faßte Umarex-Chef Wulf-Heinz
Pflaumer anläßlich der Schießsport-WM 2010
zusammen. Was die Trends betrifft, so hat sich
die NSSF hier schon vor Jahren stark auf den
Bogensport konzentriert und die Rolle, die
der DSB für das Lichtschießen anstrebt, damit
ausgefüllt: Öffentliche Bogen-Schießanlagen
wurden finanziell gefördert, Bogenschießen in
der Schule und bei Pfadfindern aktiv und mit
großem Aufwand unterstützt. Während der
DSB dem Bogen nun auch hohe Priorität widmet,
verweigert er sich einem anderen Trend
komplett: Der großen Nachfrage nach Halbautomaten im Military-Stil.
Nachdem die Grünen einen neuen Vorstoß zum Verbot von "Anscheinswaffen"
gemacht haben, erklärte DSB-Vizepräsident Jürgen
Kohlheim dazu kürzlich: "Wir wollen nicht, daß Kriegswaffenimitate
für das sportliche Schießen
benutzt werden und emp- Beim Bogen sind sich alle eifehlen
unseren Vereinen,
diese auf ihren Schießstännig, bei Modern Sporting Rifden
nicht zuzulassen. Für les scheiden sich die Geister.
das Schießen mit solchen
Waffen besteht nach unserer Auffassung kein Bedarf." Auch in den USA
hatten diese Waffen in den 1990er Jahren ein schlechtes Image, Interessengruppen
in Regierung und Bevölkerung bemühten sich, die
"Sturmgewehre" aus dem Schießsport zu verbannen. Die NSSF reagierte
darauf nicht mit einer Ächtungs-, sondern einer Image-Kampagne:
Sie schuf mit "Modern Sporting Rifles" (MSR) einen Namen, der ganz
anders wirkt als "Kriegswaffenimitate", erstellte Broschüren und Image-Filme,
die die Medien und Öffentlichkeit darüber aufklärten, daß es
sich bei den MSR eben nicht um Sturmgewehre handelt, daß hier nur
ein beim Militär erprobtes Design für das Sportschießen adaptiert
wurde. Der Erfolg gab der Strategie recht: Mittlerweile sind die
MSR-Schützen nach Angaben der NSSF einer der wichtigsten Bestandteile
der US-Schießsportszene und haben zur positiven Mitgliederentwicklung
entscheidend beigetragen. Daß zur Gewinnung neuer Mitglieder
Trends genutzt werden müssen, hat der DSB klar erkannt. Allerdings
ergibt sich das Dilemma, daß einige Trends eben nicht in der
gewollten Richtung liegen. (www.dsb.de IWA 7-124 +
www.nssf.org IWA 5-136 + www.umarex.de IWA 7-117)