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3/<strong>2012</strong><br />
Der wilde, wilde Westen …<br />
Der Wilde Westen ist sicherlich ein sehr seltenes<br />
und spezielles Hobby – ein kleiner, aber feiner<br />
Markt, in dem sich Händler dann ihre eigene Nische<br />
schaffen können. Eine Marktbetrachtung von<br />
Matthias S. Recktenwald.<br />
Ein Teil des zum Westernschießen nötigen Equipments sitzt in der<br />
Körpermitte: In diesem Fall zwei Revolver à la Colt M 1873 samt Gurt<br />
und Holstern, darüber ein Munitionsgurt für Schrotpatronen.<br />
Wildwest als Hobby, das hat in Deutschland eine lange Tradition –<br />
nämlich fast ein Jahrhundert. Beeinflußt durch weltweit tingelnde<br />
Shows, wie von "Buffalo Bill" Cody, und das frühe Stummfilmkino<br />
kamen einige Enthusiasten noch vor dem Ersten Weltkrieg in München<br />
auf die Idee, einen Cowboy-Club zu gründen. Die Begeisterung<br />
wurde dann durch Kino-Tonfilme und seit den 1950er Jahren durch<br />
TV-Westernserien weiter angefacht – sie überdauerte bis heute. Der<br />
Blick auf die Zielgruppe<br />
zeigt einerseits die<br />
Cowboys von heute legen großen in über 200 Clubs orga-<br />
Wert darauf, authentisch zu sein.<br />
nisierten "Hobbyisten".<br />
Die Leute also, welche<br />
sich an der historischen<br />
Darstellung der nordamerikanischen Pionierzeit probieren,<br />
welche zumindest zeitweise versuchen, so zu leben, wie ihre historischen<br />
Vorbilder. Und die dementsprechend größten Wert auf ein<br />
absolut zur jeweiligen Zeit und Epoche stimmiges Outfit legen. Authentizität<br />
heißt hier das Zauberwort. Und das beschränkt sich längst<br />
nicht nur auf Cowboys und Prärie-Indianer, sondern umfaßt alle<br />
Aspekte der gut 300jährigen nordamerikanischen Besiedelungszeit.<br />
Dann gibt es die Schützen, die mit Westernwaffen schießen. Also mit<br />
Unterhebel-Repetierern, Hinterlader-Querflinten und Single-Action-<br />
Revolvern für Metallpatronen. Und das bitte in stilgerechter Gewan-<br />
dung. Gesondert seien hier die Schützen genannt, die mit Kopien historischer<br />
Schwarzpulverwaffen feuern. Denn einige dieser Repliken<br />
zählen nicht zur Zeit des Wilden Westens, sondern liegen deutlich<br />
früher. Weitere Zielgruppen sind die Fans von Country-Musik<br />
und natürlich die Westernreiter.<br />
Bei alldem spielen die jeweils passende Bekleidung und Waffen logischerweise<br />
eine große Rolle. Die Hobbyisten benötigen Waffen<br />
(sofern nicht auch als Sportschütze unterwegs) vor allem zwecks<br />
Komplettierung des Outfits. Da es aber hier um Darstellung und<br />
nicht ums Schießen geht, stehen nicht-schußfähige Deko-Stücke,<br />
Platzpatronen-Ausführungen oder berechtigungsfreie Vorderlader<br />
besonders hoch im Kurs. Die Freizeit-Cowboys<br />
benötigen darüber hinaus jede<br />
Menge Material für ihr Steckenpferd:<br />
Mit Karohemd und Jeanshose ist es<br />
nicht getan. Hier sollte die Klei-<br />
Repetiervorgang mit<br />
einem Unterhebel-Repetierer<br />
im Stil der Winchester<br />
1873. Sportlich genutzte<br />
Nachbauten ("Repliken")<br />
solcher Waffen bilden einen<br />
Teil des Geschäfts rund um<br />
das Western-Hobby.<br />
dung so akkurat wie möglich<br />
historischen Vorbildern folgen.<br />
Das zeigt sich bei den<br />
Events der deutschen Western-Towns<br />
El Dorado in<br />
Templin sowie Pullman City<br />
I und II und den turnusmäßigenZusammenkünften<br />
der Hobbyisten, bei denen<br />
Liebhaber minutiös recherchierte<br />
Camps errichten.<br />
Wie bei der Kleidung,<br />
muß auch da das Zubehör<br />
vom Zelt über Küchenwagen<br />
Allesandro Piettà von der italienischen Firma Piettà, ebenfalls auf<br />
Repliken spezialisiert. Piettà ist selber aktiver Westernschütze und<br />
Wettkampfausrichter.<br />
und Sattel bis hin zu Kleinkram wie Brille, Sprungdeckeluhr, Sackmesser,<br />
Tabaksbeutel und blecherner Streichholzbox genau stimmen.<br />
Ein Großteil des Textilen kann man fertig kaufen oder bei darauf<br />
spezialisierten Fachleuten individuell anfertigen lassen. Viele<br />
Hobbyisten ziehen es aber vor, das, was sie brauchen, selber zu<br />
schneidern, nähen, gerben, klöppeln, schnitzen, nieten, schmieden<br />
und zu punzieren: In bester Heimwerker-Manier wird alles gefertigt.