Pressespiegel_14_13 vom 30.03. bis 05.04.2013.pdf - Evangelisch ...
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Tages-Anzeiger <strong>vom</strong> 03.04.20<strong>13</strong>, Seite 16.pdf<br />
Nur noch eine I(irchgemeinde,<br />
aber mitI(unst- und Partyldrchen<br />
Die reformierte Stadtzürcher Kirche plant einen Umbruch: Im gemassigten von zwei Szenarien soll<br />
die Zahl der Kirchgemeinden halbiert werden - im radikalen gar auf eine einzige reduziert.<br />
Von Mlchael Meler<br />
Zürich - Bereits 2018 kõnnte die refermierte<br />
Kirche in der Stadt Zürich ein<br />
ganz neues Gesicht haben: Srau wie <strong>bis</strong>her<br />
33 Kirchgemeinden gibt es nur noch<br />
eine einzige. In einer Art Substruktur garantieren<br />
17 Ortsgemeinden die Grundaufgaben<br />
der Kirche auf Quartiergebiet.<br />
Als Leitungsorgan ersetzt eine Stadtsynode<br />
die <strong>bis</strong>herigen Kirchgemeindeversammlungen.<br />
Zusatzlich scharen<br />
fund 12 <strong>vom</strong> Territorium unabhãngige<br />
Profilgemeinden Leute aus bestimmten<br />
Lebenswelten um sieh. Einige bestehen<br />
bereits: die Streetchurch für sozial benachteiligte<br />
Jugendliche, der Qffene<br />
S[.jakob für experimentelle Gottesdienste<br />
oder die Altstadtkirchen mit je<br />
eigenem Profil; die Fraumünstergemeinde<br />
etwa kultiviert die intellektuelle<br />
Predigt. Darüber hinaus soll es Musik-,<br />
Kunst- und Partykirchen geben.<br />
Dieses Szenario ist keine weltfremde<br />
Utopie, sondern eines von zwei Modellen,<br />
die eine Projektgruppe des reformierten<br />
Stadtverbandes in einem eben<br />
erschienenen Bericht zur Strukturreform<br />
der reformierten Kirche vorslellt<br />
und in die Vernehmlassung schickt.<br />
Reformierte Kirche schrumpft<br />
Das 2009 von der Zentralkirchenpflege<br />
angestossene Reformprojekt soll die Sevõlkerungsentwicklung<br />
der Reformierten<br />
berücksiehtigen. Denn die Strukturen<br />
der Kirche sind lãngst nicht mehr an<br />
die Mitgliederzahlen angepasst. In den<br />
letzten 50 jahren hat die reformierte<br />
Stadtbevõlkerung um 65 Prozen! abgenommen<br />
- von 266000 auf 92 000 Mitglieder.<br />
Es geht aber nicht nur um eine<br />
s!ruktureJle Refonn. Die Kirche wilJ auch<br />
inhaltlich neue Wege beschreiten, um<br />
die grossen Bevolkerungsk:reise zu erreiehen,<br />
die ihren traditionellen Gemein·<br />
den entfremdet sind. Das soI! über Profilgemeinden<br />
geschehen.<br />
Gemã$s pfarrer Roland Diethelm, der<br />
die Idee von Profilgemeinden mitlanciert<br />
hat, ist die Kirche von heute vor allem auf<br />
die traditionellen Lebenswelten ausgerichtet.<br />
Gemãss der Sinusstudie, die die<br />
Lebenswelten der Kirchenmitglieder<br />
besehreibt, gehõren heute über rivei<br />
Drittel zu den «Postmateriellen, Performern<br />
und Experimentalisten» - zu Leuten,<br />
die sich gerne engagieren, wenn sie<br />
gestalten konnen. Sie zahlen Kirchensteuern,<br />
kommen in der Kirche aber<br />
nicht vor. «Dass zwei Drittel ihrer Mitglieder<br />
institutionell nicht an ihr beteiligt<br />
sind, entzieht der Kirche viel Kraft», sagt<br />
Diethel~ .<br />
«Postmaterielle» und<br />
«Experimentalistem><br />
engagieren sich gerne,<br />
wenn sie die Kirche<br />
auch gestalten kõnnen.<br />
Darum müsse man die Struktur so<br />
verãndern, dass man diesen Leuten Formen<br />
zugestehe. in denen sie sich selber<br />
als Kirehe verstehen kõnnten. Diethelm:<br />
«Diese Leute sollen sich in'Beteiligungskirchen<br />
engagieren kõnnen.» Dafür sind<br />
die Profilgemeinden ein geeignetes Ge·<br />
fáss. Die Kunstkirche zum Seispiel 5011<br />
die Kreativen und Musischen über ihre<br />
Netzwerke und Arbeit ansprechen. Die<br />
partykirche die Schare n :von Jugendlichen,<br />
d ie regelmãssig feiern wollen.<br />
Parallel zur Streetchurch, die stark diakonisch<br />
und sozial ist. kõnnte eine Par·<br />
tykirche geschaffen werden, die landesk.irchliche,<br />
reformierte Jnhalte vennittelt.<br />
LaU[ Diethelm ganz bewusst auch<br />
als Konkurrenz zur erfolgreichen ICF<br />
mit ihrer evangelikalen Ausriehtung.<br />
Dieses Projekt nennt die Projektgruppe<br />
Modell Alpha. Die Ahernative,<br />
Modell Seta, geht weniger weit. Es behãlt<br />
die heutige Struktur mit unabhãngigen<br />
Kirchgemeinden bei, wobei deren<br />
Zahl durch freiwillige Fusionen von Ideineren<br />
Kirchgemeinden von 33 auf 17<br />
oder weniger reduziert würde. Das zentrale<br />
Organ ist der reformierte Stadtverbando<br />
Lautjean Sollier, Projektleiter der<br />
Strukturreform, kõnnen auch im Modell<br />
Seta Profilgemeinschaften entstehen.<br />
Sie würden analog zu den sprachliehen<br />
Kirchgemeinschafte n wie der Eglise<br />
Française gebildet. Wãhrend aber im<br />
Modell Alpha jedes Kirchenmitglied<br />
seine Orts- oder Profilgemeinde frei<br />
wâhlen kann, verbleibt dieses im Modell<br />
Beta bei der lokalen Kirchgemeinde. Es<br />
kann zusãtzlich Mitglied in einer Profilgemeinde<br />
werden.<br />
Sollie r ist kiar für das Modell Seta.<br />
Erstens, weil man blühende Kirchge·<br />
meinden wie die von ihm prãsidierte in<br />
Hongg aufrechterhalten müsse. Und<br />
zweitens, wei l das Modell Beta sehr einfach<br />
umzusetzen sei. «Man kann bereits<br />
morgen beginnen, Kirchgemeinden zu<br />
fusionieren.» Oazu braueht es bloss die<br />
Gutheissung der Synode, aber keine<br />
Ãnderung des Kirchengesetzes und keinen<br />
Volksentscheid.<br />
Mit dem Modell AJpha hingegen<br />
würde man laut Bol1ier e inen aufwendigen<br />
und unsicheren Weg beschreiten:<br />
Hier brâuchte es eine Ãnderung des Kirchengesetzes<br />
durch den Kantonsrat und<br />
der kantonalen Kirchenordnung via<br />
Volksabstimmung. Zuvor müsste sich<br />
eine Mehrheit der 33 Kirchgemeinden<br />
für das Modell Alpha aussprechen. Es<br />
wãre aber 2018 abgeschlossen, wâhrend<br />
bei Seta der Abschluss der Fusionen<br />
offen ist. Die Zentralkirchenpflege wird<br />
am 22. Mai über beide Modelle debattieren<br />
und am 3. Juli entscheiden.<br />
Keine Entlassungen<br />
Die stãdtische Pfarrerschaft ist kiar für<br />
das Modell Alpha, ebenso der Vorstand<br />
des Stadtverbandes. Auch der Kirchenrat<br />
hat sich für nur eine Kirchgemeinde<br />
ausgesprochen - mit noch schlankeren<br />
Strukturen. Die Stadtsynode als parlamentarische<br />
Form überzeugt ihn nicht.<br />
Bei beiden Modellen konnen jãhrlich<br />
9 Millionen Franken eingespart werden.<br />
Die Sildung von Profilgemeinden führt<br />
zu Mehrkosten von I MilIionje Gemeinde<br />
und jahr. Daftir bi"ingt eine gemeinsame<br />
Liegenschaftenverwaltung mehr Mittel<br />
ein. Oie Projektleitung glaubt, beide Modelle<br />
ohne Entlassungen umsetzen zu<br />
kOnnen .<br />
Hier wie don aber kãme es zur Neuoder<br />
Umnutzungvon Kirchen. Im Modell<br />
Alpha würde die Kirchgemeinde der<br />
Stadt Eigentümerin aller Kirchen. Die<br />
Nutzungsrechte verblieben bei den Ortsgemeinden<br />
- was allerdings die Anhãnger<br />
des Modells Seta bezweifeln. Die frei wer-.<br />
denden Kirchen konnen auch von den<br />
Profilgemeinden genutzt werden. Die<br />
Streetchurch oder die neue Partykirehe<br />
hâtten ihr eigenes Kirchengebãude.<br />
Auch der Kanton baut um<br />
Weniger Kirchgemeinden<br />
Im Kanton lauft zurzeit ebenfalls ein grosses<br />
Umbauprojekt. miI dem grOssere Kirchgemeinden<br />
geschaffen werden sollen. Ab April<br />
wird in einer Reihe von Regionalkonferenzen<br />
Ober das Projekt KirchGemeindePlus<br />
debattiert, das im September durch einen<br />
Entscheid der Kirchensynode angestossen<br />
wurde. Der Kirchenral pladierte damals fOr<br />
eine Reduktion der 179 Kirchgemeinden auf<br />
ein Driltel und schlug ZusammenschlOsse in<br />
der GrOsse van 5000 Milgliedern vor.<br />
Die genaue Zahl soll im Meinungsbildungs·<br />
prozess mii den Kirchgemeinden festgelegt<br />
werden. Fest steht, dass die aktuelle Zahl<br />
angesichts der schrump!enden re!ormierlen<br />
BevOlkerung viel zu hoch ist. Im ganzen<br />
Prozess gehl es um struklurelle. aber auch<br />
um inhallliche Belange - insbesondere um<br />
die Frage. wie die Re!ormierten auch als<br />
Minderheilskirche gesellschaftlich bedeulsam<br />
bleiben kOnnen. So ist auch au! Kantonsgebiel<br />
die Bildung von Profilgemeinden<br />
fOr bestimmle Lebenswellen moglich. Das<br />
Projekt 50112018 abgeschlossen sein. (mm.)<br />
<strong>Pressespiegel</strong> der <strong>Evangelisch</strong>-reformierten Landeskirche Graubünden