Heimatblatt 2004 Heft 5 September/Oktober - Kreis Groß Wartenberg
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Seite 16 <strong>Groß</strong> <strong>Wartenberg</strong>er <strong>Heimatblatt</strong> Nr. 51<strong>2004</strong><br />
Ich habe von meiner Heimatfreundin Emmchen Böttcher geb. Schwarz einen Reisebericht von ihrer Fahrt in die alte Heimat be-<br />
kommen, und habe sie überredet, diesen an das <strong>Heimatblatt</strong> geben zu dürfen. Nun wünschen wir beide unseren Heimatfreunden<br />
viel Freude beim Lesen. Horst Titze<br />
Eine Reise nach Festenberg<br />
Es war nun endlich soweit, und wir wollten<br />
unseren lang gehegten Wunsch, eine Fahrt<br />
in meine alte Heimat Schlesien nach Festcn-<br />
berg, jetzt Twardogora. verwirklichen. Un-<br />
sere Kinder. Hildbrecht (54). Wolfgang (49)<br />
und Karin (46), haben schon immer großes<br />
Interesse gexigt, endlich mal nach Schlesien<br />
zu fahren.<br />
Nun hatte Hildbrccht einen jungen Mann<br />
kennengelernt. dei- solche Fahrten ausführt.<br />
insbcsonderc nach J>olcn. da seine Freundin<br />
Joanna Polin i\t. in Warschau wohnt und<br />
pefckt deutsch spricht. Sie war mit von der<br />
Partie. und uns konnte nichts besseres pas-<br />
sieren, wir hatten unsere Dolmetscherin<br />
dabei! Reitle sind sehr nette Personen und<br />
Burkhard aul3erdem ein guter. sicherer Fah-<br />
rcr (cr hat cincn Kleinbus).<br />
Am Samstag. den 3.7., ging CS morgens um<br />
7.00 Uhr los. Von Walpernhain nach Festen-<br />
berg sind es ca. 600 km. In Gera fuhren wir<br />
auf’ die Autobahn Richtung Giirlit7. Vol<br />
Görlitc fahrt man durch einen langen Tunnel<br />
und der Grenzübergang iht jetzt auch außer-<br />
halb der Stadt. es ist eben alles anders als<br />
vor 40 Jahren! An der Grenze kein Stau.<br />
Burkhard hat unsere 6 Ausweise zum Fens-<br />
ter rausgehalten, aber sie haben uns nur<br />
durchgewinkt.<br />
Um 12.00 Uhr waren wir in Breslau. Wir<br />
sind aber erbt einmal nur durchgefahren,<br />
problemlos, denn unser Fahrer kennt sich<br />
durch seine hiiufigen Fahrten gut aus. Es ging<br />
Richtung Hundsfeld, Sakral. mit Gedanken<br />
an meine ßre5lauer Schul/eit und an Onkel<br />
und Tante. die ich von dort in Sakrau besucht<br />
habe. Wir fuhren durch Oels. aber daran habe<br />
ich gar keine Erinn~rungcn mehr, da/u<br />
kannte ich Ocl\ auch /LI wenig. Von ~CI<br />
Hauptstrauch. die wohl Richtung Warschau<br />
fiihrt. fuhren wii- dann \o ah. dal!~ 1% ir iihei-<br />
Schiin\\ald nach Festcnbcrg hxwn.<br />
Ich wul~tc schon von Horst Titie, daß sich<br />
111 Fe\tenberg in punkto Wauen viel getan<br />
hiitte, und ich war auch wirklich iibcrra\cht.<br />
Jede Ecke i\t /uFcbaut. So Gnd aus unscrcn<br />
ur\priinglichcn 4.000 tinwohncrn in/w-<br />
schcn 7.000 geworden. Gleich am Anf’ang<br />
der Stadt stehen große Fabrikgcbiiude. Ab<br />
und XI liest man “mebli”. so ist wohl der<br />
Kern unseres Tischlerstädtchens doch noch<br />
nicht ganz verloren gegangen! Am “Schwei-<br />
nemarkt” machten wir das erste Mal halt.<br />
und es wurden die ersten Bilder geknipst.<br />
Aber dort wird bestimmt kein Viehmarkt<br />
mehr abgchaltcn. Er ist anlagenmäßig aus-<br />
gestattet mit Bushaltestelle, Blumenrabatten<br />
usw.<br />
Und dann fuhren wir natürlich zuerst in<br />
unsere Breslauer Straf3e und standen wieder<br />
mal aufunserem Grundstück. Als wir vor 40<br />
Jahren hier waren, lernten wir ein jüngeres<br />
Ehepaar kcnncn, die vom Bug übergesiedelt<br />
wnren. Sic hatten sich den Maschinenraum<br />
eines separaten Häuschens in der Ecke des<br />
Grundstücks als Wohnung omxhtgemacht.<br />
Unser Wohnhaus und die Werkstatt waren<br />
von den Russen 1945 abgebrannt worden.<br />
Sie konnten kein Wort deutsch. waren aber<br />
sehr freundlich und luden uns ein, immei<br />
wicdcrzukommen. Nun sind beide tot. die<br />
Kinder leben in dem Haus, das der Vater noch<br />
gebaut hatte - er war Maurer. Die älteste<br />
Tochter war auch noch da. aber natürlich<br />
konnte niemand deutsch, zum Glück hatten<br />
wir unsere Joanna! In unserem Hof gab es<br />
noch unseren alten betonierten Gehweg, da<br />
von der Haustür schräg zur Werkstatt f’ührte.<br />
Da muß man schon sagen, bei dem Anblick<br />
und der Erinnerung tut einem schon das Her/<br />
ein bissel weh. Und der alte knorrige Chaus-<br />
seebaum steht auch noch fast vor dem Tor.<br />
Da haben wir als Kinder immer die BLitt-<br />
chen. die herunterfielen, auseinander ge-<br />
macht und aufdie Nase gesetzt. Es war eine<br />
sehr schiine Kinder- und Jugendzeit!<br />
Wir sind die Breslauer Straße auch weit<br />
rausgef’ahren. Da ist 7wischen der ßahnstre-<br />
cke und der Negersiedlung ein neuer Fried-<br />
hof angelegt. Bei der Siedlung schimmern<br />
noch ein paar dunkle Hiiuser durch. ansons-<br />
ten alles Neubauten, überhaupt rechts und<br />
links der Stral3e alles vollgebaut, den Weg<br />
nach Winkelmühle gibt CS nicht mehr. zuge-<br />
baut. Mein Schulweg. am Wendehaus vorbei,<br />
alles anders, nur noch Wege zu den Häusern