13.11.2012 Aufrufe

Heimatblatt 2004 Heft 5 September/Oktober - Kreis Groß Wartenberg

Heimatblatt 2004 Heft 5 September/Oktober - Kreis Groß Wartenberg

Heimatblatt 2004 Heft 5 September/Oktober - Kreis Groß Wartenberg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Nr. 51<strong>2004</strong> <strong>Groß</strong> <strong>Wartenberg</strong>er <strong>Heimatblatt</strong> Seite 17<br />

hin. Der ev. Friedhof ist nur noch eine Wiese.<br />

Wir sind von der Straße her rübergelaufen<br />

zu dem Kreuz, das mit deutscher Initiative<br />

errichtet wurde.<br />

Die Superindentur ist eine Gaststätte, wir<br />

sind kurz eingekehrt, das polnische Bier<br />

mußte ja mal probiert werden! Dann sind wir<br />

wieder ein Stück gelaufen, bei Koscholleks<br />

vorbei, unserem Bücker Gottschling, zum<br />

“Tigerviertel”. Ich habe meinen Kindern<br />

erklärt, warum das früher so hieß, weil lauter<br />

Familien mit Tiernamen rundherum wohnten:<br />

Fuchs. Hase, Wolf und auch Hering. Auf<br />

dem Weg zum Grundstück meiner Grobeltern<br />

kamen wir am kath. Friedhof vorbei, der an<br />

Prunk, Marmorplatten und Blumen kaum zu<br />

überbieten ist. Er mu13 aber wohl belegt sein,<br />

sonst gäbe es ja keinen neuen. Da habe ich<br />

den Kindern gezeigt, wo wir ungefähr unseren<br />

GroRvater begraben haben, der in der<br />

Zeit zwischen Mai 1945 bis Sept. 1946, als<br />

wir nochmal zurück in der Heimat waren,<br />

gestorben ist. Unsere <strong>Groß</strong>eltern (mütterlicherseits)<br />

waren im Jan. 45 nicht mit ge-<br />

Flüchtet. Sie sind von den Russen vertrieben<br />

worden ins nächste Dorf, und als sie nach<br />

ein paar Tagen zurückkamen, war ihr Haus<br />

abgebrannt. Es stand an dem Weg, der zu<br />

Frl. Lipinski führte, jetzt steht auf dem<br />

Grundstück ein Flachbau. Dann wollten wir<br />

noch zum Grundstück Titze, aber wir haben<br />

einfach keinen richtigen Weg gefunden.<br />

Rundrum ist einfach alles zugebaut. Auf der<br />

StraBe sprach uns dann eine Frau an - auf<br />

deutsch, wir kamen ins Gespräch, sie kannte<br />

den Titze Horst, der erst kürzlich dagewesen<br />

war, und sic lud uns für Sonntag zum<br />

Kaffee ein. Ein nettes Erlebnis am Rande!<br />

Am Amtsgericht haben wir eine Weile gehalten,<br />

sind zur Mittelschule gelaufen. die<br />

jetzt ein Wohnhaus ist, und zur Kirche gegangen.<br />

Da konnten wir nur in den kleinen<br />

Vorraum und durch die Glastür ins Innere<br />

c oucken. Eine alte Frau saß dort und sagte<br />

uns, daß die Kirche erst ab 17.00 offen sei.<br />

Dann sind wir wieder runtergelaufen bis zum<br />

Amtsgericht, das ja jetzt der Amtssitz von<br />

Twardogora ist, und wo auch das Auto stand.<br />

Und immer wieder habe ich den Kindern<br />

erzählt, hier war das und das, die Sparkasse,<br />

die Apotheke an der Ecke usw. Ich freue mich<br />

eigentlich immer wieder, daß alle drei mit<br />

viel Freude mit auf diese Fahrt gegangen<br />

sind und so viel Interesse<br />

Heimat zeigen.<br />

an meiner alten<br />

Inzwischen regnete es ein bißchen mehr und<br />

so stiegen wir ein und fuhren an der Apothekenecke<br />

vorbei zur Stauanlage. Es ist jetzt<br />

im wahrsten Sinne eine Stauanlage, ausgemauert,<br />

kein Schwimmbad mehr. Wir stiegen<br />

wegen des Regens nicht aus, sondern fuhren<br />

die Straße am Schwerin-Haus vorbei - in<br />

dem ich 1946 bei einem polnischen Zahnarzt<br />

bei deren 4jähriger Bojenka Kindermädchen<br />

war - Richtung Goschützer Straße.<br />

Wir fuhren auch Richtung Geschütz und<br />

überholten dort viele Menschen mit Regen-<br />

schirmen, die von irgendeiner Veranstaltung<br />

kamen. Hinter Geschütz ging es dann rechts<br />

ab auf der Suche nach unserem Quartier. Mit<br />

Hilfe von Karten - teilweise von Horst Tit-<br />

ze -, auf denen deutsche und polnische<br />

Ortsnamen standen, kamen wir letztlich in<br />

dem früheren Wildbahn an. Es war in der<br />

Nähe des Jagdgebietes Heinrichsdorf und<br />

Umgebung, das mein Vater Hermann<br />

Schwarz mit seinen Freunden Hermann<br />

Titze und Paul Lukas gepachtet hatte. Früher<br />

wurde dorthin mit den Rädern gefahren. Und<br />

da ich als Mädchen auch ein paarmal dabei<br />

war, kamen mir die Ortsnamen sehr bekannt<br />

vor. Aus den Dörfern brachte mein Vater auch<br />

iifter Geflügel mit und selbstgemachte Butter.<br />

Die war zwar sehr gut und kernig, aber ich<br />

kann mich erinnern, daß ich als Kind auch<br />

gerne “Molkerei”-Butter ab. die war leichter<br />

und cremiger. Margarine gab es damals als<br />

Brotaufstrich noch nicht.<br />

Noch eine Erinnerung: Meine Mutter hatte<br />

am 6. <strong>Oktober</strong> Geburtstag und dazu brachte<br />

mein Vater immer eine Ente mit als Braten<br />

- vielleicht aus Charlottental? Meistens war<br />

es eine mit dunklen Federn, und als die<br />

Mama mal die Nase voll hatte von den dunk-<br />

len Stoppeln, wurde für den Geburtstags-<br />

braten ein Hase geschossen, ab 1. IO. war das<br />

ja möglich. Hasen gab es immer massig.<br />

Wenn Treibjagd war, fuhr ein Leiterwagen<br />

mit und abends hing er krachend voll.<br />

Ja, nun waren wir also in Wildbahn, heute<br />

Wrobliniec, angekommen, und unser Quar-<br />

tier war ein Forsthaus. Joanna hatte diese<br />

Pension übers Internet gefunden, da die von<br />

Horst empfohlene Agro-tourist Farm “Hu-<br />

bert” in Poreby leider an diesem Wochenende<br />

besetzt war. Vielleicht aber zum Glück für<br />

uns!<br />

Hier kamen wir in ein wunderbar ausge-<br />

stattetes Haus mit Jagdtrophäen aller Art,<br />

überhaupt mit einem tollen Ambiente rund-<br />

herum. Warmes Essen war für uns bestellt<br />

worden, und so empfing uns in einem großen<br />

Zimmer eine festlich gedeckte Tafel. Es gab<br />

Wildschweinbraten mit Kartoffeln und Salat,<br />

der mit Kräutern und Sahne angemacht war,<br />

zu trinken selbstgemachten Johannisbeersaft<br />

- einfach köstlich. Alles war so super, man<br />

kann es nicht gut genug beschreiben! Es ist<br />

eine staatliche Einrichtung, und die Wirtin<br />

ist wohl für diese Pension mit angestellt. Sie<br />

kann kein Deutsch. aber abends kam ihre<br />

Tochter. die Germanistik studiert hat und<br />

Deutschlehrerin in Militsch ist. Mit ihr<br />

konnten wir uns dann noch sehr nett unter-<br />

halten. Danach wurde uns noch Kaffee an-<br />

geboten mit selbstgebackenem Kuchen. auf<br />

den noch Konfitüre gestrichen wurde. Alles<br />

einfach köstlich!<br />

Bei dem Gespräch mit der Lehrerin erfuhren<br />

wir auch, daß es in diesem Dorf auch ein<br />

Gymnasium gibt, sehr verwunderlich, aber<br />

wir sind am nächsten Tag dran vorbeige-<br />

fahren. Nach all den Köstlichkeiten sind wir

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!