Heimatblatt 2004 Heft 5 September/Oktober - Kreis Groß Wartenberg
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Seite 6 <strong>Groß</strong> <strong>Wartenberg</strong>er <strong>Heimatblatt</strong> Nr. 5/<strong>2004</strong><br />
im Schlesischen Museum in Görlitz nicht<br />
nur die Vertreibung der Polen im Osten<br />
dargestellt wird, wie zur Zeit, sondern daß<br />
auch der Vertreibung der deutschen Bevöl-<br />
kerung ein grober Raum gewidmet wird.<br />
Zum Schluß wurde Dr. Bauer noch mit auf<br />
den Weg gegeben, doch bei den freundschaft-<br />
lichen Kontakten zu polnischen und tsche-<br />
chischen Museen darauf zu dringen, das<br />
neben der polnischen oder tschechischen<br />
Beschriftung der Exponate auch eine Be-<br />
schriftung in deutscher Sprache zu tinden ist,<br />
da gerade deutsche Besucher oft diese Mu-<br />
seen besuchen.<br />
Die Diskussion um die Arbeitsweise des<br />
Museums zeigte, wie interessiert die Schlei-<br />
ser an der Arbeit “ihres Museums“ in Görlitz<br />
sind, und so verabschiedete sich Dr. Bauer<br />
mit dem Versprechen, diese Diskussion in<br />
die Arbeit des Museums einfließen zu lassen.<br />
Die Landsmannschaft Schlesien werde ja<br />
satzungsgernaß bei allen Entscheidungen im<br />
Stiftungsrat stets dabei sein.<br />
Hessischer Rundfunk<br />
zu Eigentum Vertriebener<br />
Die Aussage von Bundeskanzler Gerhard<br />
Schröder in Zusammenhang mit Gedenk-<br />
feiern zum 60. Jahrestag der Landung der<br />
Alliierten in der Normandie, jetzt sei die<br />
Nachkriegszeit zu Ende, nahm der Hessische<br />
Rundfunk in seinem ersten Programm zum<br />
Anlaß für eine fast einstündige Sendung am<br />
8.6.<strong>2004</strong>. “Ist die Nachkriegszeit zu Ende<br />
- warum der Kanzler irrt”, unter dieses<br />
Thema war der Beitrag gestellt. Nach Aus-<br />
führungen über die NS-Zeit und ihre heutige<br />
Bewältigung wurde ausführlich die offene<br />
Eigentumsfrage der Vertriebenen bespro-<br />
chen.<br />
Dabei bezeichnete eine Sprecherin des Sen-<br />
ders die Bemühungen der PreuMischen<br />
Treuhand als vernünftig und die Äußerungen<br />
der Führung als sachlich ohne aufhetzerische<br />
Untertöne. Sie verwies ausdrücklich aufdie<br />
von der Treuhand angestrebten Lösungen,<br />
die durch deutsche Investitionen auch dem<br />
Land Polen helfen würden. So muten die<br />
hitzigen Reaktionen in Polen unverständlich<br />
an, insbesondere Rufe wie “Die Preuben<br />
kommen ins Land“.<br />
Die in Polen bedeutende Zeitung “Rzecz-<br />
pospolita” sieht dagegen in der Absicht, in<br />
Berlin ein Zentrum gegen Vertreibungen zu<br />
errichten, in der Treuhand den Versuch,<br />
deutsche Geschichte zu revidieren.<br />
Daß nicht alle Polen die Rechte der Vertrie-<br />
benen mißachten, bewies Miroslaw Szypow-<br />
ski, Vorsitzender des Dachverbandes der<br />
polnischen Organisationen für die Rückgabe<br />
illegal enteigneten Besitzes, der ohne Wenn<br />
und Aber für die Rückgabe deutscher Eigen-<br />
tumsrechte eintrat. Als Sachverständiger zu<br />
den Anliegen der Treuhand befragt, unter-<br />
stützte der Rechtsanwalt und Wirtschafts-<br />
prüfer Thomas F. Spemann von der Wirt-<br />
schaftsprüfungsgesellschaft AUDITPUR<br />
GmbH die Bemühungen um eine gerechte<br />
Losung der offenen Eigentumsfrage. Die<br />
Gründung der Preuhischen Treuhand durch<br />
Vertriebene nannte er eine kluge Entschei-<br />
dung. Die Beitrittsländer könnten sich in der<br />
EU nicht nur der Speckseite bemächtigen,<br />
sondern müßten auch die Verpflichtungen<br />
aus der Rechts- und Wertegemeinschaft er-<br />
füllen, so Spemann. Die Eigentumsfragen<br />
dürften nicht weiter schwelen, ihre Lösung<br />
ist für eine friedliche Entwicklung von be-<br />
sonderer Bedeutung. Sowohl Spemann als<br />
auch der Moderator der Sendung sahen die<br />
Bundesregierung in der Pflicht, sich für ihre<br />
vertriebenen Bürger einzusetzen, hierzu<br />
könne die Treuhand als “juristische Daumen-<br />
schraube“ entscheidend sein. Restitutionsre-<br />
gelungen dürften Menschen nicht diskrimi-<br />
nieren, d.h., sie wegen ihrer Abstammung<br />
oder Staatsangehiirigkeit unterschiedlich<br />
behandeln, so der Appell an alle Staaten.<br />
Es ist dem Sender zu danken, dafi er ein<br />
drängendes Thema aufgegriffen hat und<br />
damit auch positive Berichterstattungen in<br />
anderen Medien hierzu fortgesetzt hat. Für<br />
die Vertriebenen ist es nach Jahrzehnten<br />
unsachlicher Darstellungen erfreulich, wenn<br />
Probleme aus der Vertreibung in der richtigen<br />
Form öffentlich behandelt werden.<br />
Rudi Pawelka<br />
Späte (polnische)<br />
Wiedergutmachung<br />
Fast völlig von der deutschen und polnischen<br />
Medienlandschaft unbemerkt, verkündete<br />
das polnische Berufungsgericht ein Urteil,<br />
in dem zwei ehemaligen Insassen des polni-<br />
schen Nachkriegslagers Jaworzno in Ost-<br />
Oberschlesien eine Haftentschädigung in<br />
Höhe von je 28.000 Zloty (ca. 6.000 Euro)<br />
zugesprochen wurde.<br />
Der Kläger, ein im Arbeitslager geborener<br />
Nachkomme von Volksdeutschen, die aber<br />
erst 1943 die Deutsche Volksliste (DVL)<br />
unterschrieben haben, verlangte ursprünglich<br />
eine Rente und eine Entschädigung in Höht<br />
von lOO.OOO Zloty (ca. 21 .OOO Eure) als<br />
Wiedergutmachung für die Sklavenarbeit<br />
seiner Eltern und für die entstandenen ge-<br />
sundheitlichen Schaden. Adam Schubert, der<br />
das Licht der Welt im Arbeitslager Jaworzno<br />
erblickte und den Rechtsweg mit Erfolg<br />
beschritten hat, ist der Auffassung, da13 die<br />
Verhaftung im Jahr 1945 und die anschlie-<br />
IJende 2,5jährige Lagerinternierungszeit<br />
seiner Eltern und der damals Sjährigen<br />
Schwester in diesem polnischen Nachkriegs-<br />
lager für Deutsche ein Akt der politischen<br />
Willkür gewesen war, zumal erst 1946 ein<br />
Dekret der polnisch-kommunistischen Re-<br />
gierung erlassen wurde, nach dem polnischen<br />
Bürgern der Vorkriegszeit, die sich während<br />
des Zweiten Weltkrieges in die Deutsche<br />
Volksliste eintragen liehen, strafrechtliche<br />
Verfolgung drohte.<br />
Somit hat auch das Berufungsgericht ein<br />
Urteil des zuständigen Bezirksgerichtes re-<br />
vidiert, das nur dem Kläger, aber nicht seiner<br />
Schwester, eine tinanzielle Entschädigung<br />
zugesprochen hat. Damian Spielvogel<br />
Die geplante EU-Verfassung<br />
Die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-<br />
Staaten haben es unlangst geschafft, einen<br />
‘Vertrag über eine Verfassung für Europa“<br />
auszuarbeiten. Da13 wir eine einheitliche<br />
Europäische Verfassung brauchen. daran<br />
bestand kein Zweifel, selbst Euroskeptiker<br />
konnten sich von dieser Notwendigkeit<br />
überzeugen.<br />
Die geplante EU-Verfassung beinhaltet alles,<br />
auch wenn stellenweise nur sehr oberflächig<br />
behandelt. was für das Funktionieren der<br />
Europäischen Union als dienlich erscheint.<br />
und man könnte meinen. daß eine gute zu-<br />
kunftsweisende Rechtsgrundlage geschaffen<br />
wurde. zumal im zweiten Teil dieser auch<br />
die Charta der Grundrechte zu finden ist.<br />
Soweit so gut! Doch kann man Zukunft ohne<br />
Vergangenheit aufbauen‘?<br />
Wenn fast alles in der neuen EU-Verfassung<br />
zu finden ist, dann warum hat man bewußt<br />
auf die Werte verzichtet, die für alle Euro-<br />
päer von historischer, gegenwärtiger und<br />
zukünftiger Wichtigkeit sind, warum tinden<br />
wir keinen Gottesbezug?<br />
Mit Recht hat Papst Johannes Paul 11. das<br />
Fehlen des Gottesbezuges in der EU-Vcrfas-<br />
sung-Präambel sehr scharf mit folgenden<br />
Worten kritisiert: “Man schneidet nicht die<br />
Wurzeln ab, aus denen man stammt“. Es geht<br />
doch um unsere Wert- und Weltvorstellung.<br />
die auf den christlich-abendländischen<br />
Grundwerten aufgebaut sind. Gerade die<br />
christlichen Werte des Abendlandes würden<br />
die beste Plattform der Gemeinsamkeiten in<br />
der Europaischen Union bilden. Diese ge-<br />
schichtlich gewachsene Gemeinsamkeit ist<br />
doch viel besser als eine Vielzahl von Ver-<br />
ordnungen oder Bestimmungen.<br />
Oder wollte man nur durch das Weglassen<br />
des Gottesbezuges die EU-Mitgliedschafts-<br />
möglichkeit auch nichteuropäischen Ländern<br />
geben‘? Damian Spielvogel<br />
cus: SN 14/<strong>2004</strong>