Kino CRUISER Edition <strong>März</strong> <strong>2010</strong> «Nine» Allein unter Frauen Von Fellinis Meisterwerk, zum Broadway-Hit und zurück ins Kino 14
CRUISER Edition <strong>März</strong> <strong>2010</strong> Kino Mit «Nine» präsentiert Rob Marshall eine opulente Musical-Verfilmung, die auf Federico Fellinis «Achteinhalb» basiert. Nach einer erfolgreichen Broadway-Laufzeit findet die Story um einen verwirrten Regisseur ihren Weg zurück ins Kino. Oscar-Gewinner Daniel Day-Lewis lässt darin die weibliche Erstliga Hollywoods antanzen. Es spielen u.a. Nicole Kidman und Penélope Cruz neben Kinolegenden wie Judi Dench und Sophia Loren. Alles begann mit Federico Fellini. Dessen mit dem Oscar ausgezeichnetes Meisterwerk «Achteinhalb»(1963), eine ebenso surreale wie magische Fabel über einen Regisseur in der Schaffenskrise, avancierte zu einem der am meisten diskutierten Filme. Für viele wurde «Achteinhalb» durch seine überbordenden Bilder zum perfekten Kinoerlebnis, welches ein Gefühl der Rätselhaftigkeit des Menschseins vermittelte. Wie geschaffen für ein Musical, dachte sich der Komponist Maury Yeston. Dieser änderte die Geschichte in ein genreübergreifendes Bühnenmusical – mit dem kreativen Segen des Meisters Fellini. So wurde «Achteinhalb» zu «Nine». Denn Yeston war sich sicher, wenn er «Achteinhalb» um Musik und Tanz ergänzen würde, käme in der Summe «Nine» heraus. Als das Stück 1982 seine Premiere feierte, ging die Rechnung auf: «Nine» wurde ein riesiger Erfolg. Das Musical bot das seltene Bild eines einzelnen männlichen Hauptdarstellers, umgeben von 24 Schauspielerinnen, die jede Facette weiblicher Macht, Stärke und Schönheit verkörperten. Zurück ins Kino Doch «Nine» hatte eine weitere künstlerische Verwandlung vor sich: Zurück in das Medium, das einst seine Entstehung inspiriert hatte - das Kino. Und mit «Nine» liefert nun Rob Marshall, welcher schon «Chicago» und «Die Geisha» inszenierte, eine neue Variation ab. Genau wie Fellini einst Maury Yeston komplette künstlerische Freiheit hinsichtlich der Verwendung von Versatzstücken aus «Achteinhalb» gewährt hatte, liess nun auch Yeston selbst Marshall für seine Leinwand-Adaption freie Hand. Die Story zu «Nine» ist so simpel wie genretypisch: Regisseur Guido Contini ist ganz oben angekommen: Er gilt in den 60er-Jahren als bester Filmemacher der Welt, hat dem italienischen Kino zu internationalem Glanz verholfen und wird von den schönsten Frauen der Welt begehrt. Doch plötzlich stürzt er in eine kreative Schaffenskrise. Verwirrt, verführt und angeregt von den Frauen in seinem Leben, ringt er um Inspiration und Rettung. Die legendäre Bühne 5 in den Cinecittà-Studios in Rom wird dabei zum Schauplatz von Guidos wildesten Träumen. Einzigartiges Ensemble Marshall wollte das laut Pressetext «atemberaubendste und glamouröseste Kinoerlebnis des Jahres» abliefern. So engagierte er nur die Besten ihrer Klasse, u.a. Kameramann Dion Beebe (Oscar für «Die Geisha») oder Colleen Atwood (Oscars für «Chicago» und «Die Geisha»), welche bereits für ihn arbeiteten. Dies erklärt auch, warum «Nine» rein visuell stark an Marshalls Vorgänger erinnert. Dem stehen die teilweise neu komponierten Songs von Maury Yeston und das von Anthony Minghella («Der englische Patient») geschriebene Drehbuch entgegen. Einzigartig ist das Ensemble, das Marshall für «Nine» engagieren konnte: Mit Daniel Day-Lewis, Penélope Cruz, Marion Cotillard, Nicole Kidman, Judi Dench und Sophia Loren beweisen gleich sechs Oscar-Gewinner ihr musikalisches Talent. Ergänzt werden sie durch Kate Hudson und Pop- Superstar Fergie. Flop an US-Kinokasse Marschalls Verneigung vor Maury Yeston und Federico Fellini überzeugte jedoch nicht durchgehend. «Nine» erwies sich als Flop an den US-Kinokassen. Zwar liegt «Nine» mit vier Oscar-Nominationen fabelhaft im Rennen um künstlerische Anerkennung, dennoch dürften die Produzenten verärgert sein, erhoffte man sich doch einen weltweiten Erfolg. Das amerikanische Mainstream-Publikum kann offensichtlich mit einem europäisch angehauchten Musical nichts anfangen, ebenso wenig wie mit den Begriffen Fellini oder Cinecittà. Auch die zahlreichen Superstars, inklusive das Leinwand-Comeback von Diva Sophia Loren, vermochten die Massen nicht anzulocken. In Europa dagegen wird «Nine» mehr Chancen zugesprochen. Verdient hätte es das opulente Musical durchaus. Daniel Diriwächter / Ascot Elite Entertainment 15