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Cruiser März 2010

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CRUISER Edition <strong>März</strong> <strong>2010</strong><br />

Politik<br />

Wählt Pink<br />

Rot / Grün?<br />

Zürich wählt am 7. <strong>März</strong> den<br />

Gemeinde- und Stadtrat<br />

Überall nur strahlende Gesichter.<br />

Zürcher Parteien, die<br />

etwas auf sich halten, haben<br />

die Februar-Ausgabe des<br />

<strong>Cruiser</strong> für Wahlwerbung genutzt,<br />

um die eine oder andere<br />

schwule Stimme für sich zu<br />

verbuchen. Die SVP war die<br />

einzige der «Grossen», die sich<br />

nicht für ein Inserat in dieser<br />

Zeitung interessierte. Haben<br />

die Bürgerlichen die schwullesbischen<br />

Wähler denn schon<br />

von ihrer Liste gestrichen.<br />

Und diese Wähler die Bürgerlichen?<br />

In der Februar-Ausgabe erschien ein Überblick<br />

über die schwullesbischen Kandidierenden der<br />

Zürcher Stadt- und Gemeinderatswahlen vom<br />

7. <strong>März</strong>. Die Sozialdemokraten stellen mit Corine<br />

Mauch und André Odermatt gleich zwei offen<br />

homosexuelle Kandidaten zur Wahl in die<br />

Exekutive. Dies ist ja nicht weiter verwunderlich,<br />

denn über viele Jahre hinweg war die SP die<br />

unumstrittene Partei für Schwule und Lesben.<br />

Sie setzte sich wie keine andere national aktive<br />

Partei für die Rechte der Community ein.<br />

Beim Kampf um die 125 Sitze im Gemeinderat<br />

scheint dies allerdings Glanz vergangener<br />

Zeiten zu sein. Die Grünen starten nämlich mit<br />

acht offen schwulen / lesbischen KandidatInnen,<br />

die SP stellt nur deren fünf. Weicht der schwule<br />

Politnachwuchs auf linke Alternativen aus?<br />

Andrea Sprecher, Co-Präsidentin der SP Stadt<br />

Zürich, sieht das nicht so. «Das ist doch völlig<br />

wurscht, in welcher Partei Homosexuelle kandidieren.<br />

Was mir eher auffällt, ist, dass es insgesamt<br />

nur 13 sind –- das entspricht ja in keiner<br />

Art und Weise einem Abbild der Gesellschaft.<br />

Die SP setzt sich nach wie vor stark für die Bedürfnisse<br />

der schwullesbischen Gemeinschaft<br />

ein.»<br />

Bürgerliche Parteien haben einen<br />

Aufholbedarf.<br />

Bei den Bürgerlichen sind die Tendenzen steigend,<br />

denn mit Markus Hungerbühler kandidiert<br />

der einzige nicht linke Schwule. Er findet<br />

es schade, dass alle anderen Homo-Kandidaten<br />

aus Parteien links der seinigen kommen. Optimistisch<br />

blickt er allerdings in die schwulkonservative<br />

Zukunft. «Die SP war von Anfang<br />

an mit dabei, wenn es um Schwulenrechte ging,<br />

da haben bürgerliche Parteien natürlich einen<br />

Aufholbedarf. Seit dem Partnerschaftsgesetz<br />

gab es einen Wandel – auch bei den Rechts- und<br />

Mitteparteien», sagt der CVP-Mann.<br />

Die SVP ist zwar nicht an Inseraten im <strong>Cruiser</strong><br />

interessiert, mit der Gründung einer Schwulensektion<br />

namens GaySVP ist nun jedoch<br />

auch die Volkspartei auf die «Gay Flower» aufgesprungen.<br />

Leider hat sie mit Nachwuchsproblemen<br />

zu kämpfen, da sie schweizweit gerade<br />

mal 27 Mitglieder hat. Thomas Fuchs, einer der<br />

wenigen offen schwulen Politiker im rechten<br />

Lager, sieht die Ursachen für die zu geringe Zuwanderung<br />

in der Angst vor dem Coming-out.<br />

«Viele schwule Bürgerliche fürchten sich vor<br />

dem Irrglauben Wählerstimmen zu verlieren,<br />

wenn sie sich öffentlich zu ihrer Homosexualität<br />

bekennen.» Auf die Frage, warum die Linken<br />

diese Angst wohl nicht teilten antwortet<br />

Fuchs prompt: «In den linken Kreisen scheint<br />

es hip zu wirken, schwul zu sein und seine sexuelle<br />

Orientierung jedem unter die Nase zu<br />

reiben».<br />

Offen bleibt die Frage, ob eine Partei, deren Mitglieder<br />

aus Angst vor negativen Reaktionen ihrer<br />

Stammwählerschaft nicht zu ihrer sexuellen<br />

Orientierung stehen, auf die politischen<br />

Bedürfnisse der Community eingehen kann.<br />

Thomas Fuchs würde sie eindeutig mit Ja beantworten.<br />

«Dies ist sicherlich eine Generationenfrage,<br />

aber mit der Gründung der GaySVP versuchen<br />

wir, diesem Denken entgegenzutreten».<br />

Auch Sébastien Rouiller von Smartvote pflichtet<br />

dem bei. Aus seiner Sicht gibt es immer mehr<br />

Gay-Sektionen bürgerlicher Parteien. «Dies<br />

kann als eindeutiges Zeichen gewertet werden,<br />

dass in Parteien rechts der politischen Mitte<br />

schwule Politiker akzeptiert sind.»<br />

Müssen sich Schwule und Lesben dazu<br />

verpflichtet fühlen, Schwule und Lesben<br />

zu wählen?<br />

Dass die absolute Gleichstellung nur mit der<br />

Vertretung homosexueller Parlaments- und Regierungsmitglieder<br />

Schritt für Schritt erreicht<br />

wird, liegt auf der Hand. Da Alternativen fehlen,<br />

würde dies zwangsläufig bedeuten, dass man<br />

Linken den Vorzug geben müsste.<br />

In der Politik geht es jedoch darum, Mehrheiten<br />

zu finden, mit der Abstimmungen gewonnen<br />

werden können. Es ist daher nur logisch, dass<br />

die Wahrscheinlichkeit steigt, ein Anliegen<br />

durch das Parlament zu bringen, wenn sich<br />

möglichst viele Parteien dafür erwärmen können.<br />

Ergo wäre es sinnvoll so viele Schwule und<br />

Lesben mit unterschiedlichen politischen Gesinnungen<br />

wie möglich zu wählen. Das kann<br />

jetzt so verstanden werden, dass schwul einfach<br />

nur schwul wählen soll.<br />

Nein.<br />

Dies hat bereits Corine Mauch in ihrer Kampagne<br />

ums Stadtpräsidium richtig erkannt. Die<br />

eigene sexuelle Orientierung sollte nicht zum<br />

dominierenden Argument für eine Person werden.<br />

So wird keine Mehrheit gefunden. Aber es<br />

ist ein «nice to have» - oder in diesem Fall «nice<br />

to be».<br />

<br />

Von Alex Rudolf<br />

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