Musiker Magazin 01/2015
CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte
CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte
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22 STORIES<br />
der Hand hat, kann ein Label nicht arbeiten. Das<br />
heißt, mein Kreativprozess ist nicht beeinflusst.<br />
Das finde ich sehr gut. Ich muss keine Label ent -<br />
scheidung treffen, während ich Musik produziere.<br />
Das finde ich ganz gut. Das war für mich ein<br />
Hauptgrund: zu wissen, dass ich in meinem<br />
Kreativ prozess nicht zu krass beeinträchtigt bin.<br />
MM: Welche positiven Effekte haben die<br />
Arbeit und Veröffentlichung unter einem<br />
eigenen Label?<br />
CLUESO: Erst einmal die Freiheit, selber entscheiden<br />
zu können. Jeder versucht, etwas für sich zu<br />
erreichen, und man wird als Künstler oft umgangen.<br />
Die Leute müssen jetzt den Dialog direkt mit<br />
uns führen und das ist schon mal etwas anderes,<br />
als wenn sie mit einem Label reden. Man diskutiert<br />
nicht um die Chefposition herum. Sie müssen<br />
direkt zu mir kommen und das mit mir ausdiskutieren.<br />
Das ist eine große Freiheit. Das macht<br />
sich bemerkbar, wenn man vor Ort an der Location<br />
steht, einen Partner hat, an dem man auch Inte -<br />
resse hat, der aber versucht, seine Interessen<br />
durchzudrücken, und da sagt man: Du musst zu<br />
mir kommen, ich möchte das nicht oder gute Idee.<br />
MM: Auf welche Herausforderungen seid ihr<br />
gestoßen und wie seid ihr damit umgegangen?<br />
CLUESO: Scheiße viel Arbeit – das ist die größte<br />
Herausforderung. Man hat viel zu tun und der Tag<br />
hört nicht auf, die Leute werden müde, die Span -<br />
nung und der Druck steigen, es gibt Abgabe ter -<br />
mine, ständig sind Sachen auf dem Schreib tisch,<br />
die nicht verschoben werden können, weil Ar -<br />
beiten, die man davor geleistet hat, wochenlang<br />
gefährdet sind. Es gab Momente, wo kein Land<br />
mehr in Sicht und mein Team sehr kaputt war. Wir<br />
machen das zum ersten Mal, müssen entscheiden.<br />
Unter Hochdruck Prioritäten herauszufiltern ist eine<br />
große Schwierigkeit für ein Team, das eine Sache<br />
zum ersten Mal macht, finde ich. Alles ist super<br />
wichtig. Jeder, der irgendetwas möchte, drückt<br />
und sagt: Das muss jetzt fertig sein, das ist<br />
super wichtig. Dann zu entscheiden, was das<br />
Aller wichtigste ist, ist eine große Auf gabe. Ich bin<br />
da knallhart, weil ich einen festen Freundes kreis,<br />
mein Team und einen Schwerpunkt habe: Musik.<br />
Ich bin so happy, Musik machen zu können.<br />
MM: Wird es in Zukunft auch Veröffent lichun -<br />
gen anderer Künstler unter „Text und Ton“<br />
ge ben?<br />
CLUESO: Ich habe darüber nachgedacht, aber<br />
aufgrund der vielen Arbeit kann ich mir nicht vor -<br />
» Ich halte nicht viel davon,<br />
lange Verträge<br />
zu unterschreiben.<br />
Das kann die ganze Zukunft<br />
beeinflussen. «<br />
stellen, noch jemanden herauszubringen. Wenn<br />
man das macht, muss man sich in die Musik vergucken.<br />
Aber sollte das der Fall sein, dass ich<br />
mich in eine Musik verliebe, dann wäre der Schwer -<br />
punkt Text und Ton, also die Lyrik in Deutsch und<br />
die Musik, die mich berührt.<br />
MM: Von Oktober bis Ende Dezember können<br />
deine Fans dich wieder in vielen Städten<br />
live erleben. Neben zahlreichen Terminen in<br />
Deutsch land geht es für dich auch nach<br />
Luxem burg und Amsterdam. Wie schafft<br />
man den Sprung über Deutschland hinaus?<br />
CLUESO: Keine Ahnung. Ich glaube, dass die<br />
Leute sich informieren, dass man über das Internet<br />
schnell ein Profil von Künstlern kriegt und weiß:<br />
Die sehen so aus, die machen diese Art von Musik,<br />
das schaue ich mir mal an. Dann ist es so, dass<br />
die Benelux-Länder sehr interessiert an deutscher<br />
Musik sind. Wir haben in Amsterdam ausverkauft<br />
gehabt, aber da waren sehr viele<br />
Deutsche, und ansonsten geht es nicht viel weiter.<br />
Ich habe Freunde, die englische Musik machen,<br />
und die können in Paris spielen. Ich bin an den<br />
deutschen Raum gebunden. Das finde ich manchmal<br />
schade.<br />
MM: Nach der langen Liveabstinenz – worauf<br />
freust du dich am meisten?<br />
CLUESO: Das Coolste ist diese angenehme Un -<br />
sicherheit, die sich an verschiedenen Abenden<br />
ent lädt. Es gibt Abende wie in Berlin, da will man<br />
es sehr gut machen und man geht auf die Bühne<br />
und es geht alles Mögliche schief. Es ist eine Art<br />
Perlentauchen. Es gibt Konzerte, da wird die Luft<br />
knapp, man weiß nicht, ob man es schafft, aber<br />
man findet dann doch diese Perle und die Leute<br />
sind begeistert. Das ist genau das, wofür ich an -<br />
getreten bin. Ich gehe nicht als Showact, der alles<br />
wegmäht, auf die Bühne, sondern ich möchte die<br />
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