Musiker Magazin 01/2015
CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte
CLUESO: "Stadtrandlichter" – Ein Bauchalbum, keine Kopfplatte
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36 STORIES<br />
TEIL 1: RY COODER – Slide deluxe<br />
Ich liebe Musik! Doch etwas einschränken<br />
muss ich es schon: Rock-Musik. Und wenn<br />
ich es recht überlege, schlägt mein Herz am meisten<br />
für den Blues-Rock. Doch auch der hat so<br />
viele Facetten bis hin zu balladenhaften Stücken,<br />
sodass diese Musik sich letztlich einer passgenauen<br />
Kategorisierung entzieht und ein wunderbares<br />
Beispiel für Grenzenlosigkeit von Kunst ist.<br />
Als Mitte der 1960er-Jahre mein Interesse an Pop-<br />
Musik erwachte und man meistens von Beat-<br />
Musik sprach, wurde sie ganz schnell von der<br />
Elterngeneration als „Krach Langhaariger“ ab -<br />
qua lifiziert. Diese „Typen“ hängten sich doch „eben<br />
nur mal“ eine E-Gitarre um und veranstalteten<br />
Lärm, dem „Halbstarke“ allzu schnell verfielen.<br />
„Warum hörst Du nicht etwas Anstän diges, vielleicht<br />
einen schönen deutschen Schlager? Lys<br />
Assia?“ Doch schon nach dem Kauf meiner<br />
ersten Beatles-Single „A Hard Day’s Night“ waren<br />
meine Weichen gestellt.<br />
Blues ist sicherlich eine der grundlegenden<br />
Seelen der Rock-Musik. Ohne ihn gäbe es nicht<br />
den Rhythm and Blues, nicht den Rock ’n’ Roll<br />
Hintergrund der Versklavung von Afrikanern traten<br />
andere ethnisch-folkloristische Elemente<br />
hinzu, der sich vom Blues ableitende Jazz und<br />
der Reggae treffen auf die Rock-Musik, ganze<br />
Stil rich tungen verschmelzen miteinander. Ein un -<br />
glaub liches Füllhorn von Kombinationen mit<br />
Varia tionen voller Grooves, die große Emotionen<br />
bis hin zu rauschhaften Erlebnissen auszulösen<br />
vermögen.<br />
Die Beherrschung der Instrumente und die<br />
Virtuosität der <strong>Musiker</strong> stehen selbstverständlich<br />
im Vordergrund. Aber Fingerfertigkeit allein schlägt<br />
den Zuhörer nicht in den Bann. Musikalische Ideen<br />
sind die Basis der Erlebnisreisen, die zu magischen<br />
Ereignissen werden können. Zum Glück<br />
hat die Aufnahmetechnik so etwas festgehalten<br />
und macht Sternstunden wiedererlebbar. Natürlich<br />
ist das alles eine Frage des Geschmacks, über<br />
den sich bekanntlich nicht streiten lässt. Aber<br />
wenn man auf den Geschmack gekommen ist,<br />
ist das Erleben dieser Musik etwas Unvergleich -<br />
liches. Und immerhin gibt es Gleichgesinnte. Es<br />
ist wie bei Filmen: Schaut man sich einen urkound<br />
daher auch nicht das unendlich farbige Feld<br />
der Rock-Musik, aus der man heute schöpfen<br />
kann. Eines der zentralen Instrumente der Rock-<br />
Musik ist die Gitarre, schon als Konzert-Gitarre ein<br />
Instrument faszinierender Möglichkeiten. Doch<br />
die Elektrifizierung der Gitarre war geradezu eine<br />
musikalische Revolution. Die Möglich kei ten des<br />
Instruments wurden erweitert und fügten ihm völlig<br />
neue Elemente hinzu. Gewiss spielt die Laut stärke<br />
eine Rolle, aber vor allem technische Farb -<br />
tönungen, Effekte und Verzerrungen haben das<br />
Spektrum der Gitarre bereichert. Dazu kommt der<br />
rasante Fortschritt der Verstärker-Anlagen-Tech -<br />
nik, die aus heutiger Sicht die Ära bis etwa 1967<br />
in die technische Steinzeit zu verweisen scheint.<br />
Dennoch ist das wohl zu kurz gegriffen. Denn in<br />
die Zeit fällt eine kreative Explosion in der Rock-<br />
Musik, die bis etwa zum Ende des Jahrzehnts<br />
andauerte. Unglaublich, wie sich damals ein be -<br />
sonderes musikalisches Ereignis an das andere<br />
reihte.<br />
Rock-Musik speist sich aber nicht nur aus den<br />
Blues-Wurzeln. Zum Blues mit seinem bitteren<br />
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