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ERGSTE . . . UND WIR IM RUHRTAL! Das Bürgermagazin für die Bürger des <strong>Ruhrtal</strong>s November 2011<br />
Scherbenf<strong>und</strong> <strong>im</strong> Wietloh<br />
von Peter Rump<br />
Ende der 60-er Jahre siedelten wir mit unserer<br />
Familie, aus Luxembourg kommend, in<br />
<strong>Ergste</strong> <strong>und</strong> erwarben dort ein Reihenhaus.<br />
<strong>Ergste</strong> war damals noch eine selbständige<br />
Gemeinde <strong>im</strong> Landkreis Iserlohn. Der Hauserwerb<br />
mußte schnell vonstatten gehen; meine<br />
Frau <strong>und</strong> die drei Töchter hatten keine Gelegenheit,<br />
das Haus vorher zu begutachten. Um<br />
so mehr wurde nach dem blitzartigen Einzug<br />
alles in der näheren <strong>und</strong> weiteren Umgebung<br />
erforscht, kritisch untersucht <strong>und</strong> überprüft.<br />
Als gebürtiger Sauerländer hatte ich Ende der<br />
40-er Jahre das erste Mal - zu Fuß - <strong>Ergste</strong>r<br />
Boden unter den Sohlen gehabt - denn die<br />
Jugendherberge Bürenbruch war seiner Zeit<br />
ein begehrter Ausflugsort - zu <strong>Ergste</strong> gehörend<br />
- <strong>und</strong> oft bespöttelt als“ Festung der<br />
Riff-Kabylen „. Unser Häuschen war klein,<br />
das Gr<strong>und</strong>stück verhältnismäßig groß <strong>und</strong> der<br />
Garten anfangs noch öd‘ <strong>und</strong> leer.<br />
<strong>Wir</strong> beschlossen deshalb <strong>im</strong> Herbst 1970, ein<br />
2-zelliges Gartenhäuschen zu bauen - als<br />
Spiel- <strong>und</strong> Schlafhütte <strong>und</strong> hinten für Vaters<br />
Geräte. Das war die erste Berührung mit dem<br />
etwas tieferen Untergr<strong>und</strong> unseres Besitzes -<br />
nachdem die Oberfläche spatentief für Garten,<br />
Büsche <strong>und</strong> Sträucher bereits getestet<br />
war. „Birnbäume wachsen <strong>hier</strong> nicht ‚“ sagte<br />
ein älterer, erfahrener Nachbar; die haben<br />
Pfahlwurzeln <strong>und</strong> können den Ton-Mergel,<br />
der spätestens nach 30 cm unter der Oberfläche<br />
angetroffen wird, nicht durchdringen;<br />
Äpfel hingegen wachsen, - am Besten die uralten<br />
Sorten ‚“ rief er noch hinterher.<br />
Also pflanzten wir Apfelbäume.<br />
Es grünte bereits <strong>im</strong> zweiten <strong>und</strong> dritten Jahr,<br />
die gepflanzten Bäume, Hecken <strong>und</strong> Sträucher<br />
gediehen - <strong>und</strong> es wurde schön an der<br />
Oberfläche unserer Lehmwüste am Feldrand.<br />
Inzwischen wurden auch alle Ecken <strong>und</strong> Winkel<br />
von unserer Siedlungspflanzung erfaßt -<br />
so auch die „ Deponie ,,- der geparkte Aushub<br />
der Gartenhütte. Der Dreck sollte in die Wege<br />
als Unterbau verteilt werden. Kiesel, wichtige<br />
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Hinweise eiszeitlicher Geschiebe wurden aussortiert<br />
<strong>und</strong> als Zierde am Haus gelagert.<br />
Doch da kamen auch noch andere, steinharte<br />
Lehmstücke hervor, die zunächst ohne Beachtung<br />
zur Seite gelegt wurden .Doch gerade<br />
diese Stücke wurden, nachdem sie vom Regen<br />
etwas sauber gewaschen waren, wichtig; - für<br />
uns, für die Siedlung <strong>im</strong> oberen Wietloh <strong>und</strong><br />
für die Amtspersonen, die mehr davon verstanden.<br />
Scherben, nichts als Scherben aus gebranntem<br />
Ton.<br />
Doch be<strong>im</strong> groben Reinigen fielen seltsame,<br />
einfache Muster an der Oberfläche auf. Die<br />
gewölbten Formen ließen auf die Größe der<br />
Gefäße schließen, die sie mal gewesen waren;<br />
ein gewölbter, gebördelter Rand auf den oberen<br />
Abschluß- die Füllöffnung.<br />
Hatten wir einen Schatz gef<strong>und</strong>en?<br />
Lebten <strong>und</strong> siedelten wir auf historischem<br />
Boden? Jeder Junge denkt be<strong>im</strong> Sammeln<br />
seltener Steine oft an Schätze, die in den Büchern<br />
von Karl May oder Robinson anregend<br />
beschrieben wurden. Gehe<strong>im</strong>nisvoll gingen<br />
wir mit unseren Schätzen um. Es galt die Devise:<br />
„ Nicht drüber sprechen“ oder gar den<br />
Schatz verraten. <strong>Ergste</strong> war plötzlich für uns<br />
ein bedeutenderer Ort geworden - <strong>und</strong> wir<br />
fühlten uns, wie die Wächter dieser Scholle.<br />
Nun ist der Umgang mit Schätzen nicht so<br />
ganz einfach, wie schon Karl May ausführlich<br />
beschrieben hat. Wessen Besitz? Welche Berechtigung?<br />
Besteht gar Meldepflicht? Vokabeln,<br />
die uns bisher nie tangiert hatten.<br />
Wie, was also anfangen - damit?<br />
Der Familienrat wurde wieder berufen <strong>und</strong><br />
kam zu dem Schluss: Vorsichtig zu recherc<strong>hier</strong>en<br />
<strong>und</strong> zunächst Stillschweigen zu üben.<br />
Denn - -zu jener Zeit residierte ein sehr berühmter<br />
<strong>und</strong> energischer Museumsleiter in<br />
Schwerte - zu dem <strong>Ergste</strong> inzwischen einge-<br />
meindet worden war: - Josef Spiegel .<br />
Weit über Nordrhein-Westfalens Grenzen bekannt<br />
<strong>und</strong> geachtet - ja, als einer der besten<br />
Schatzsucher bereits geadelt. Bedeutende<br />
F<strong>und</strong>e; so z.8. die Schmelztiegel von Kückshausen<br />
gehen auf seine Initiative zurück.<br />
Dorthin mußten wir behutsam <strong>und</strong> mit taktischem<br />
Geschick Kontakt aufnehmen, das war<br />
klar - aber wie?<br />
Eines sonntags <strong>im</strong> Winter 1973 steckten wir<br />
unsere Scherben in die Manteltasche <strong>und</strong><br />
fuhren mit unseren Kindern in‘s Schwerter<br />
Museum. Die Besichtigung war eine reine<br />
Tarnung. <strong>Wir</strong>klich interessieren taten nur die<br />
Scherben Josef Spiegels, die in einer Vitrine<br />
hinter Glas lagen <strong>und</strong> den unsrigen ähnlich<br />
sahen. Es waren die Gleichen; <strong>und</strong> sie stammten<br />
von den Siegburger Keramikwerkstätten<br />
etwa zwischen 700 - bis 800 nach Christi - als<br />
Gefäße mit dem typischen Stempeldruck hergestellt.<br />
Also doch keine von den Neandertalern<br />
oder Römern. Doch wir waren stolz, daß<br />
in unserem Garten Reste von Gegenstäden<br />
lagen, die vor über 1200 Jahren hergestellt<br />
worden waren - wie auch <strong>im</strong>mer. Da ist selbst<br />
<strong>Ergste</strong> mit seiner 900-jährigen Geschichte<br />
noch verhältnismäßig jünger.<br />
Welchen Wert wir in den Händen hielten,<br />
konnten wir nicht ermessen.<br />
Welcher Art des Gebrauchs die Gefäße waren,<br />
von denen die Scherben stammten, ebenfalls<br />
nicht. Vielleicht Graburnen, Wassertöpfe oder<br />
Aufbewahrungsgefäße für Nahrungsmittel?<br />
Die nächsten Schritte mußten jetzt sorgfältig<br />
geplant werden; denn die Tücke liegt <strong>im</strong><br />
Detail:<br />
Wieder schritten wir eines sonntags ins<br />
Schwerter Museum. Ein paar unserer Schätze<br />
tief in der Manteltasche vergraben. Es gab<br />
nicht viele Besucher <strong>und</strong> so konnten wir Josef<br />
Spiegel in ein Gespräch verwickeln, <strong>und</strong><br />
listig hinterfragen, was dann geschehe, wenn<br />
irgendwo <strong>im</strong> Stadtbereich, beispielsweise,<br />
interessante F<strong>und</strong>e auftauchen. „ Dann wird<br />
natürlich weitergegraben „ , war die spontane<br />
Antwort; „ Baustellen werden erst einmal<br />
still gelegt <strong>und</strong> wenn es sein muß, wird mit<br />
schwerem Gerät gearbeitet“ !<br />
Gerade das hatten wir befürchtet. Nun war‘s<br />
amtlich! Jahre vergingen. Der ehrwürdige<br />
Josef Spiegel verstarb am 29.12.1984 inzwischen<br />
83-jährig <strong>und</strong> wurde durch viele Nachrufe<br />
verehrt. Eines Tages hörten wir dann, daß<br />
bereits ein Nachfolger auserwählt sei, der nun<br />
die Museumsangelegenheiten weiter vertreten<br />
würde. Wieder machten wir