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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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668 Ulrich Lappenküper<br />

Entlassung<br />

Die Unterzeichnung des Kulturabkommens vom 23. Oktober 1954 leitete die letzte<br />

Phase des Wirkens von Wilhelm Hausenstein in Paris ein. Am 10. November ließ<br />

Adenauer ihn betont geschäftsmäßig wissen: „Mit der Unterzeichnung des Pariser Vertragswerkes<br />

hat der Aufbau und die Wiederherstellung unserer auswärtigen Beziehungen<br />

einen gewissen Abschluß erreicht. ... Ich beabsichtige, auch in der Leitung der<br />

deutschen Diplomatischen Vertretung Paris eine Veränderung eintreten zu lassen, die<br />

zum 1. Februar 1955 wirksam werden soll." 174 Wie diese Veränderung aussehen sollte,<br />

blieb zunächst „geheim". Erst zum Jahreswechsel setzte Adenauer Francois-Poncet davon<br />

in Kenntnis, Hausenstein nach der Umwandlung der diplomatischen Vertretung<br />

in eine Botschaft durch Vollrath von Maltzan ablösen zu wollen, ein Plan, den der<br />

Botschafter seinerseits schon am 26. Oktober 1954 seiner Regierung eröffnet hatte 175 .<br />

Hausenstein hatte sich zu Beginn seiner Tätigkeit an der Seine ein zeitliches Limit<br />

von drei bis fünf Jahren gesetzt. Im Winter 1954/55 beschlich ihn dann das Gefühl,<br />

den Höhepunkt seiner Wirkung erreicht zu haben. Daher schien es ihm an der Zeit,<br />

seine Präsenz allmählich zu Ende gehen zu lassen. Als er die Entscheidung traf, das<br />

Auswärtige Amt über seine Absichten zu informieren, waren dort die Würfel über<br />

ein umfassendes Revirement jedoch bereits gefallen 176 . Trotz dieser Koinzidenz wichen<br />

die beiderseitigen Vorstellungen über die Frage des Zeitpunktes der Abberufung<br />

aber erheblich voneinander ab. Wenngleich sich Hausenstein und Adenauer<br />

aus organisatorischen Gründen bald darauf verständigten, daß der Wechsel nicht<br />

zum 1. Februar, sondern zum 31. März erfolgen solle 177 , hatte er doch gehofft, noch<br />

das Beglaubigungsschreiben eines Vollbotschafters überreichen und nach dem<br />

14. Juli ausscheiden zu dürfen 178 . Adenauer lehnte diesen Wunsch ab, weil ihm ein<br />

derartiges „Hin- und Herschwanken" <strong>für</strong> die deutschen Interessen nicht förderlich<br />

schien 179 . So mußte Hausenstein im April auf telegraphische Anweisung von Hallstein<br />

das Agrement <strong>für</strong> Maltzan einholen und durfte ihn auch nicht mehr bei der<br />

französischen Regierung einführen 180 . Zwei Tage bevor der neue Botschafter am<br />

174<br />

DLA, NL Hausenstein, 66.1999/19, Adenauer an Hausenstein, 10. ll. 1954, abgedruckt in: Migge,<br />

Hausenstein, S. 154, im Auszug auch in Frank, Hausenstein, S. 152.<br />

175<br />

PA, NL Hausenstein, Bd. 11, Bl.34, Löns an [Hausenstein], Tel.14, 11.1. 1955, Geheim; AMAE,<br />

All, Bd.142, Bl.42, Francois-Poncet an MAE, Tel.5307/11, 26.10. 1954, Réservé; ebenda,<br />

B1.52f, Francois-Poncet an Mendès France, Nr.2626, 18.11. 1954, Confidentiel.<br />

176<br />

Vgl. Hausenstein an Breitbach, 9.1. 1955, abgedruckt in: Sulzer, Nachlaß, S.145 f.; ähnlich DLA,<br />

NL Hausenstein, 66.1847/8, Hausenstein an Heuss, 11. 1. 1955.<br />

177<br />

Ebenda, 66.1999/21, Adenauer an Hausenstein, 20.12. 1954; ebenda, 66.1752/13, Hausenstein an<br />

Adenauer, 8.1. 1955, Konzept.<br />

178<br />

Ebenda, x84.112/ll, Hausenstein an Adenauer, 31.3. 1955; ebenda, 66.1752/16, Hausenstein an<br />

Adenauer, 20.4. 1955; Tagebuch Hausenstein 25.9. 1955, in: Wilhelm Hausenstein, Impressionen<br />

und Analysen. Letzte Aufzeichnungen, hrsg. v. W.E.Süskind, München 1969, S.74 ff, hier S.75.<br />

179<br />

DLA, NL Hausenstein, 66.1999/24, Adenauer an Hausenstein, 13.4. 1955.<br />

180 Ebenda, 66.1885/1, Hausenstein an Maltzan, 6.5. 1955.

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