Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Wilhelm Hausenstein - Adenauers erster Missionschef in Paris 637<br />
sches Hauptwerk, die „Kunstgeschichte", wurde auf Anweisung des Reichspropagandaministeriums<br />
„als mit der national-sozialistischen Weltanschauung unvereinbar"<br />
eingestampft, weil sich Hausenstein geweigert hatte, Namen jüdischer Künstler zu<br />
streichen und den Textteil über die moderne Kunst nach den nationalsozialistischen<br />
Richtlinien zu überarbeiten 10 . Immerhin ermöglichte ihm aber ein Erlaß des Ministers<br />
vom 12.5.1939 aufgrund des erwähnten Paragraphen den Verbleib in der Berufsliste<br />
der Schriftleiter und damit die weitere Tätigkeit bei der „Frankfurter Zeitung".<br />
Hausenstein gab sich damit indes nicht zufrieden, wollte weiterhin publizieren<br />
und bemühte sich deshalb abermals mit Unterstützung seines Arbeitgebers "um die<br />
Wiederaufnahme in die Reichsschrifttumskammer. Doch er änderte sein Ansinnen,<br />
nachdem er erfahren hatte, daß eine Doppelmitgliedschaft in der Reichspresse- und<br />
der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen war und er daher <strong>für</strong> Buchveröffentlichungen<br />
lediglich einen „Freischein" benötigte 11 . Nachdem der Reichspressechef<br />
Otto Dietrich sich <strong>für</strong> ihn eingesetzt hatte, weil er in ihm den „besten Schilderer<br />
deutscher Landschaften" sah, schlug die Reichsschrifttumskammer ihrerseits im<br />
April 1940 gar einen allgemeinen Dispens von der Mitgliedschaft in ihrer Organisation<br />
vor, um ihn nicht dem Zwang einzelner „Befreiungsscheine" <strong>für</strong> seine Schriften<br />
zu unterwerfen 12 - vergeblich. Auf Anordnung Goebbels' vom 19.9. 1940 wurde<br />
Hausenstein als Schriftleiter der Frauenbeilage seiner Zeitung abgelöst; zwar blieb<br />
seine Mitarbeit weiterhin gestattet, doch durfte sein Name künftig nicht mehr im Impressum<br />
erscheinen 13 .<br />
Im Zuge der verschärften Rassenpolitik geriet Hausenstein Anfang 1943 abermals<br />
ins Visier der Nationalsozialisten, als ihm die Gauleitung München-Oberbayern, zu<br />
deren Zuständigkeitsbereich sein Wohnsitz Tutzing gehörte, auf Anfrage des Landesverbandes<br />
Bayern im Reichsverband der deutschen Presse die politische Zuverlässigkeit<br />
unter Berufung auf die „nichtarische" Ehe absprach 14 . Damit war sein Schicksal<br />
als Journalist und Publizist endgültig besiegelt. Wenige Monate später, am 30. April<br />
1943, veranlaßte Goebbels seine Entlassung bei der „Frankfurter Zeitung" gemeinsam<br />
mit jener der übrigen nichtarischen bzw. nichtarisch verheirateten Redakteure<br />
Benno Reifenberg und Dolf Sternberger. Seit dem am 19. Mai folgenden Ausschluß<br />
aus der Reichspressekammer stand Hausenstein „unter einem völligen Berufsverbot"<br />
15 .<br />
10<br />
Zit. nach Der Spiegel, Nr. 18, 4.5. 1950, S.7; siehe auch Sulzer, Nachlaß, S.19.<br />
11<br />
BDC, Hausenstein an Reichsschrifttumskammer, 30.11. 1939; ebenda, Frankfurter Societäts-Verlag<br />
an Reichsschrifttumskammer, 1.4. 1940.<br />
12<br />
BDC, Reichsschrifttumskammer an Reichsminister <strong>für</strong> Volksaufklärung und Propaganda, II D<br />
1-015693-Kru., 12.4. 1940.<br />
13<br />
BDC, Notiz RSK II D 1-015693-Kru., [7.1. 1942]; Sulzer, Nachlaß, S.19.<br />
14<br />
BDC, Landesverband Bayern im Reichsverband der deutschen Presse an Gauleitung München-<br />
Oberbayern, 29.1. 1943; ebenda, Gauleitung München-Oberbayern an Landesverband Bayern,<br />
24.2. 1943.<br />
15<br />
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes (künftig: PA), Bonn, Nachlaß (künftig: NL) Hausenstein,<br />
Bd. 9, Bl.272 f., Hausenstein an den Landrat von Starnberg, 13.2. 1952, Konzept. Ich danke