Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
672 Ulrich Lappenküper<br />
den aufgrund ungeklärter Kompetenzfragen zwischen Bund und Ländern monatelang<br />
um die Verteilung der von ihnen zu besetzenden Stellen 203 . Um nicht als „Feigenblatt<br />
<strong>für</strong> gewisse Unergiebigkeiten" des Auswärtigen Amtes zu dienen 204 , zog<br />
Hausenstein im April 1956 seine Zusage zur Mitarbeit aus Enttäuschung über die unüberbrückbaren<br />
Hindernisse, aber auch aus Sehnsucht nach der vita contemplativa<br />
zurück und begann wieder mit publizistischen Arbeiten 205 . Damit stieß er jedoch<br />
auf den Widerstand des Kanzlers, der sich im Juli 1956 in die Angelegenheit einschaltete<br />
und ihn zur baldigen Übernahme des Präsidiums des deutsch-französischen Kulturgremiums<br />
aufforderte 206 . Hausenstein hielt das Ersuchen aber <strong>für</strong> „etwas fehl im<br />
Tone - so, als ob Adenauer etwas von mir ganz einfach erwarten könne", und lehnte<br />
es mit markigen Worten ab 207 . Adenauer gab jedoch keine Ruhe, schickte ihm Mitte<br />
August eine durchaus verbindliche vorläufige Antwort 208 und bat ihn im Oktober<br />
um ein Treffen. Für Hausenstein war klar, daß diese Hartnäckigkeit nicht zuletzt<br />
wahltaktische Gründe hatte, da seine ungeklärte Altersversorgung mittlerweile von<br />
der SPD zur Wahlkampfparole und zu parlamentarischen Anfragen gegen den Regierungschef<br />
gemacht worden war 209 . Folglich hielt er seine Position <strong>für</strong> stark genug,<br />
um in dem am 29. Oktober 1956 stattfindenden Rendez-vous als Vorleistung eine befriedigende<br />
Pension zu verlangen, woraufhin Adenauer zwar die prekäre persönliche<br />
Lage des Botschafters beklagte, aber in der Sache nur einen weiteren Brief zusagte 210 .<br />
nach seinem Ausscheiden aus dem Amt durch seinen Nachfolger Roger Seydoux ersetzt), Lucien<br />
Paye (Direktor d. Abteilung Universitäten und ihre Auslandsbeziehungen im Erziehungsministerium);<br />
PA, NL Hausenstein, Bd.24, Bl. 135, MAE an Deutsche Botschaft, Verbalnote, [20.1.1956].<br />
203<br />
Vgl. PA, BStS, Bd.230, Trützschler-Vortragnotiz an Hallstein, Abt.6 (Kult), Geheim, 14. 10. 1955.<br />
204<br />
DLA, NL Hausenstein, 66.1879/4, Hausenstein an Lenz-Medoc, 6.7. 1956, gedruckt in: Sulzer,<br />
Nachlaß, S.149; siehe auch PA, BStS, Bd.230, Trützschler-Vortragsnotiz an Hallstein, Abt.6<br />
(Kult), Geheim, 14.10. 1955.<br />
205<br />
Vgl. Tagebuch Hausenstein, 28.4. 1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 114f.; Eintragung 20.3.<br />
1956, S.106-110; Sulzer, Nachlaß, S.23 f. Bestärkt wurde Hausenstein in diesem Entschluß noch<br />
durch die persönliche Enttäuschung, die Brentano ihm durch die Rücknahme früher gemachter<br />
Zusagen bereitete. Sie rührte auch aus der Tatsache, daß er sich 1950 entschieden <strong>für</strong> die Ernennung<br />
Franz von Brentanos zum Konsul von Lille eingesetzt hatte. Tagebuch Hausenstein, 12.5.<br />
1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 118; siehe auch Eintragung 24.9. 1955, S.73 und 31.3.<br />
1957, S.204; DLA, NL Hausenstein, 66.2064/7, Heinrich v. Brentano an Hausenstein, 18.2.<br />
1956; PA, NL Hausenstein, Bd. 1, Bl. 54 f., Hausenstein an Franz v. Brentano, 24.3. 1952; ebenda,<br />
Bl. 72, Franz v. Brentano an Hausenstein, 7.4. 1952; ebenda, Bl. 73, Hausenstein an Frank,<br />
13.4. 1952; ebenda, Bd. 7, Bl. 146, Hausenstein an Kessel, 22.8. 1950; ebenda, Bl. 147, Vermerk<br />
von Kessel, 28.8. 1950; ebenda, Bl. 149, Hausenstein an Haas, 2.9. 1950, Konzept.<br />
206<br />
Vgl. DLA, NL Hausenstein, 66.1999/29, Adenauer an Hausenstein, 10.7. 1956.<br />
207<br />
„Er wird dergleichen Briefe in seinem Leben als Kanzler wenig erhalten haben." Tagebuch Hausenstein,<br />
23.7. 1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 123 f., hier S. 124; vgl. das Schreiben in:<br />
DLA, NL Hausenstein, 66.1752/18, Hausenstein an Adenauer, 23.7. 1956.<br />
208<br />
Ebenda, 66.1999/30, Adenauer an Hausenstein, 25.7. 1956; Tagebuch Hausenstein, 15.8. 1956, in:<br />
Hausenstein, Impressionen, S. 128-131, hier S. 131.<br />
209<br />
Vgl. Tagebuch Hausenstein, 12.10. 1956, in: Ebenda, S. 145 f.<br />
210<br />
Vgl. DLA, NL Hausenstein, 66.1847/25, Hausenstein an Heuss, 30.10. 1956; Tagebuch Hausenstein,<br />
1. ll. 1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 146-149, hier S. 148.