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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Wilhelm Hausenstein - Adenauers erster Missionschef in Paris 661<br />

Ramckeprozesses <strong>für</strong> eine anti-französische Kampagne ... die Einstellung zu dem<br />

Gesamt-Problem der noch in sehr erheblicher Zahl bevorstehenden Prozesse ... auf<br />

französischer Seite nur verhärten" könne 142 . Da das Auswärtige Amt in dieser gerade<br />

in Frankreich psychologisch besonders delikaten Frage den Rechtsanwalt Karl<br />

Roemer als „Gesandten in besonderer Mission" zu Verhandlungen mit der französischen<br />

Regierung entsandte, konnte Hausenstein seine Einwirkung auf einzelne Vorschläge<br />

wie der Einrichtung eines gemischten deutsch-französischen Gerichts zur<br />

Beendigung der noch schwebenden Verfahren und insgesamt „stillzähe" Bemühungen<br />

beschränken. Stets bedauerte er, daß auf französischer Seite kein Interesse bestand,<br />

die durch die Kriegsgefangenenproblematik gegebene Belastung der politischen<br />

Arbeit rascher zu beheben 143 .<br />

Anfragen zur Verwendung <strong>für</strong> deutsche Kriegsgefangene leitete Hausenstein meist<br />

an den zuständigen Sachbearbeiter Dr. Weinhold weiter; bisweilen wandte er sich<br />

aber auch persönlich an höchste französische Stellen, wenn sein „weites Herz" ein<br />

solches Eingreifen wie etwa im Falle des früheren Botschafters Abetz als notwendig<br />

erkannte 144 . Aber selbst dann achtete er behutsam auf die sensible Psychologie der<br />

Franzosen. Als Adenauer ihn im Oktober 1951 zur Kranzniederlegung bei der Feier<br />

der Umbettung des Gefängnispfarrers der französischen Widerstandskämpfer, Franz<br />

Stock, in der Absicht aufforderte, den Boden <strong>für</strong> neue Verhandlungen über die noch<br />

in Frankreich Internierten zu bereiten, lehnte er eine Teilnahme aus Sorge vor einem<br />

Zwischenfall ab und entsandte Gebhard von Walther als seine Vertretung 145 .<br />

Aus denselben allgemeinen politisch-psychologischen Erwägungen beschränkte<br />

Hausenstein die Totengedenkfeier anläßlich des Volkstrauertages im November<br />

1952 auf den Besuch der deutschen Kriegsgräber auf dem Friedhof „Les Gonards"<br />

bei Versailles. Ein Jahr später weitete die Pariser Vertretung das Gedenken dann auf<br />

den Besuch zweier Friedhöfe aus und flaggte Halbmast. Mit neugewonnenem Selbstbewußtsein<br />

nach der Unterzeichnung der Pariser Verträge bezog Hausenstein dann<br />

1954 auch den deutschen Soldatenfriedhof Solers bei Melun in das Gedenken mit<br />

142<br />

Ebenda, Bd.9, Bl. 111 f., Aufzeichnung [Frank], 27.3. 1951, Anlage zum Bericht 51504 E Nr. 1022<br />

an AA, Ang.2. Schuman teilte Adenauer persönlich am 31.5. 1951 die bevorstehende Entlassung<br />

Ramckes mit der Bitte mit, den Zeitpunkt nicht vorzeitig bekanntzugeben; vgl. PA, BStS,<br />

Bd.267, Schuman an Adenauer, Übersetzung 104-01 I Spr. 4071/51, 31.5. 1951; vgl. auch Lenz-<br />

Tagebuch, 3. und 9.4. 1951, S.64, 66.<br />

143<br />

PA, BStS, Bd.281, Hausenstein an Hallstein, 1.7. 1953; vgl. auch Lenz-Tagebuch, 5.10. 1951,<br />

S.142f.<br />

144<br />

PA, NL Hausenstein, Bd. 4, Bl. 171 ff., Theodor Friedrich an Hausenstein, 24.5. 1954; ebenda,<br />

Bl. 88, Freiherr von Lersner (Verband der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißten-Angehörigen<br />

Deutschlands) an Hausenstein, 23.4. 1954; ebenda, Bd. 1, B1.243, Hausenstein an Anni<br />

Ostertag, 10. 1. 1953; Otto Abetz, Das offene Problem. Ein Rückblick auf zwei Jahrzehnte deutscher<br />

Frankreichpolitik, Köln 1951.<br />

145<br />

PA, NL Hausenstein, Bd.27, Bl. 63 f., Hausenstein an Blankenhorn, 442 Tgb. Nr.3934, 29.10.<br />

1951. „Ein moralisches und politisches Plus, das aus meiner persönlichen Teilnahme sich hätte ergeben<br />

können, wäre zu den Folgen einer unliebsamen Scene ... auf dem Friedhof ... in gar keinem<br />

Verhältnis gestanden."

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