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Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte

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Bonn und die Apartheid in Südafrika 681<br />

kanischen Justiz- und Verteidigungsministers Oswald Pirow, dessen Vorfahren aus<br />

Deutschland stammten und der ein Bewunderer Hitlers war 6 , florierte der bilaterale<br />

Handel auf der Basis von Gegenseitigkeitsabkommen. Rohstoffe wie Mangan, Vanadium,<br />

Wolle und Industriediamanten gelangten im Austausch <strong>für</strong> Maschinen, Flugzeuge<br />

und Eisenbahnmaterial ins Reich 7 .<br />

Auch sonst reifte das deutsch-afrikaanse Sonderverhältnis zwischen 1933 und 1939<br />

zu besonderer Blüte. Nicht mit den britischstämmigen Südafrikanern, da<strong>für</strong> aber um<br />

so intensiver mit afrikaansen Studenten und Professoren entspann sich ein reger Austausch,<br />

der durch die rührige Aktivität einer Afrikaans-Deutschen Kulturvereinigung<br />

flankiert wurde 8 . Gelegentlich trachteten nationalsozialistische Südafrika-„Experten"<br />

auch danach, die Deutschland-Begeisterung der Afrikaaner im Interesse einer langfristigen<br />

Herauslösung Südafrikas aus dem Britischen Empire auszunutzen 9 .<br />

Die nationalsozialistische Rassenideologie fand in der Union insofern Beachtung,<br />

als afrikaanse Antisemiten sich bemühten, antijüdische Gesetze des Dritten Reiches<br />

auf ihre Anwendbarkeit auf die jüdische Bevölkerung Südafrikas hin zu prüfen. Umgekehrt<br />

sahen deutsche Südafrika-„Experten" die strenge Rassentrennungspolitik<br />

von Premierminister Hertzog als genuin südafrikanischen Versuch, das Rassenproblem<br />

des Landes zu lösen. Der rassistische Ansatz dieser Segregationspolitik wurde<br />

zwar als Bestätigung der eigenen Politik grundsätzlich begrüßt, deutscherseits fehlte<br />

es aber nicht an einzelnen kritischen Stimmen, die ein langfristiges Scheitern dieser<br />

Politik aus ökonomischen und finanziellen Gründen <strong>für</strong> denkbar hielten 10 .<br />

Südafrika trat in den Zweiten Weltkrieg als Mitglied des Empire ein. Während die<br />

britischstämmigen Südafrikaner diesen Schritt begrüßten, sympathisierten viele Afrikaaner<br />

mit Deutschland; nicht wenige von ihnen waren Anhänger des Nationalsozialismus.<br />

Aus ihren Reihen rekrutierten sich 1945 auch die Gründer des „Dietse Kinderfonds",<br />

einer Hilfsorganisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, deutsche<br />

Kriegswaisen nach Südafrika zu holen und dort afrikaansen Ehepaaren zur Adoption<br />

zu übergeben. Der Erfolg war freilich gering: Erst 1948 trafen 83 Kinder in Kapstadt<br />

ein. Das ursprüngliche Ziel, etwa 10000 Kindern eine neue Heimat zu bieten,<br />

wurde ebenso verfehlt wie die hintergründige Absicht der Aktion, mit den ausgewählten<br />

norddeutschen Kindern eine Auffrischung des Afrikaanervolkes mit „ari-<br />

6<br />

Vgl. dazu Albrecht Hagemann, Südafrika und das „Dritte Reich". Rassenpolitische Affinität und<br />

machtpolitische Rivalität, Frankfurt a.M. 1989, S. 175.<br />

7<br />

Ebenda, S. 157-168.<br />

8<br />

Werner Schellack, Sechzig Jahre SADK 1932-1992, Pretoria 1992. SADK steht <strong>für</strong> Suid-Afrikaans-<br />

Duitse Kultuurvereniging.<br />

9<br />

Dabei hätten die Afrikaaner mit ihrem etwa fünfzigprozentigen Anteil an der weißen Bevölkerung<br />

die Rolle eines „Trojanischen Pferdes" bei der Durchsetzung des nationalsozialistischen Herrschaftsanspruchs<br />

in Südafrika spielen sollen; vgl. dazu im einzelnen Hagemann, Südafrika, S. 83-<br />

90.<br />

10<br />

Vgl. etwa den Vortrag vor dem Kolonialausschuß der Deutschen Akademie in München im Juni<br />

1939 von Karl-Heinrich Dietzel, Segregationspolitik und Rassenrecht in der Südafrikanischen<br />

Union (vertraulich), in: Bundesarchiv Koblenz (künftig: BAK), R 22/2365, Bl. 133-153.

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