Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Wilhelm Hausenstein - Adenauers erster Missionschef in Paris 673<br />
Als der gemeinsame Ausschuß dann endlich am 25. und 26. März 1957 zusammentrat,<br />
nahm Hausenstein an der Sitzung nicht teil 211 ; zwei Vorkommnisse hatten ihn in<br />
der Zwischenzeit einen Schlußstrich ziehen lassen. Zum einen sah er Mitte November<br />
seine „objektive Würde" durch eine völlig stillose Einladung zur Eröffnung des<br />
ihm so wichtigen Deutschen Hauses in der Cité universitaire derart verletzt, daß er<br />
sie umgehend absagte 212 . Zum anderen erhielt er Mitte November den versprochenen<br />
Brief Adenauers, der freilich in der Sprache wie der Substanz zu „karg" und<br />
„kahl" 213 war, als daß er ihn noch hätte umstimmen können. Adenauer bedauerte<br />
zwar den Umgang des Auswärtigen Amtes mit dem ehemaligen Botschafter, ließ<br />
aber keinerlei Bereitschaft erkennen, sich <strong>für</strong> ihn einzusetzen 214 .<br />
Hatte Hausenstein tatsächlich mehr von seinem ehemaligen Dienstherrn erwartet?<br />
Obwohl das persönliche Engagement des Kanzlers 1950 keine unwesentliche Rolle<br />
bei der Entscheidung zur Besetzung des Pariser Postens gespielt haben mag, blieben<br />
sie sich doch trotz der wiederholten kleinen Aufmerksamkeiten 215 durch Hausenstein<br />
fremd. Obschon Adenauer die Ernennung noch in seinen Memoiren als richtig<br />
hinstellte und ihm beim Abschied schrieb, „daß ich niemanden kenne, der diese<br />
schwere Aufgabe, die Fäden mit Frankreich wieder anzuknüpfen, in so ausgezeichneter<br />
Weise gelöst hat, wie Sie" 216 , vermochte er dessen Verdienste offenbar kaum<br />
richtig einzuschätzen. Wenngleich Hausenstein sein Kanzler-Bild bisweilen überhöhte<br />
und sich nicht eingestand, daß seine Abberufung eine Entscheidung Adenauers<br />
war, übersah er, trotz aller Ergebenheit doch nicht dessen charakterliche Schattensei-<br />
211 Aus der Ferne registrierte der ehemalige Botschafter, daß die Teilnehmer sich auf die Errichtung<br />
eines deutschen Kulturinstituts und die Gründung einer deutschen Schule in Paris einigten, wobei<br />
die deutsche Seite im Gegenzug in der lange umstrittenen Fremdsprachenfrage akzeptierte,<br />
daß Schüler auf Wunsch vom Unterricht des Französischen als zweiter obligatorischer Sprache<br />
befreit werden; vgl. PA, NL Hausenstein, Bd. 24, B1.210, Artikel von Francois-Poncet „Climat<br />
Nouveau", in: Figaro, 30.3. 1957; siehe auch ebenda, Bl.l78f., Maltzan an AA, Tel. 114, 14.2.<br />
1957; ebenda, B1.133 f., Tieschowitz an Generalkonsulat Marseille, Ku 401-00/1, 18.12. 1956,<br />
Konzept; ebenda, Bl.162, Maltzan an Heß, 2.1. 1957, Reinkonzept; ebenda, B1.165, Maltzan an<br />
AA, Tel.839, 23.11. 1956; ebenda, BStS, Bd.230, Trützschler-Vortragsnotiz an BStS, 6/1016/57<br />
Vort. Not. 24.1. 1957; ebenda, B1.178 f., Maltzan an AA, Tel. 114, 14. 2. 1957.<br />
212 Tagebuch Hausenstein, 23. 11. 1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 154 f., hier S. 155; siehe auch<br />
DLA, NL Hausenstein, 66.2309/12, Maltzan an Hausenstein, 15.11. 1956; ebenda, 66.1885/8,<br />
Hausenstein an Maltzan, 17. 11. 1956, Konzept.<br />
213 Tagebuch Hausenstein, 28.11. 1956, in: Hausenstein, Impressionen, S. 155f.<br />
214 DLA, NL Hausenstein, x84/113/16, Adenauer an Hausenstein, 10.11. 1956.<br />
215 Siehe die zahlreichen Dankesschreiben im DLA, NL Hausenstein und PA, NL Hausenstein,<br />
Bd.2, Bl.31, Hausenstein an Georg Adenauer, 15.4. 1953; ebenda, Bl.3, Kilb an Hausenstein,<br />
22.5. 1953; ebenda, Bd. 1, B1.54 f., Hausenstein an Franz v. Brentano, 24.3. 1952; ebenda, Bl.73,<br />
Hausenstein an Frank, 13.4. 1952; Adenauer an Margot Hausenstein, 26.5. 1951, in: Adenauer-<br />
Briefe 1951-1953, S.61; Adenauer an Hausenstein, 7.1. 1952, in: Ebenda, S.160; Adenauer an<br />
Hausenstein, 8.1. 1953, in: Ebenda, S.315; Hausenstein, Erinnerungen, S. 69-119; Brück, Schriftsteller,<br />
S. 264-275.<br />
216 DLA, NL Hausenstein, 66.1999/25, Adenauer an Hausenstein, 28.5. 1955; siehe auch ebenda,<br />
66.1999/27, Adenauer an Hausenstein, 23.11. 1955.