Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte - Institut für Zeitgeschichte
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Otto Heckmann im Dritten Reich 589<br />
mäßiger Assistent an der Göttinger Sternwarte war 36 , also die dortigen Verhältnisse<br />
aus eigener Anschauung kannte, nahm seine frühere abwartende Haltung zurück<br />
und stellte fest: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß Herr Dr. Heckmann sich eifrigst<br />
bemüht hat, sich das Wesensgefüge des Nationalsozialismus in seiner ganzen Einstellung<br />
zu eigen zu machen und an dem Aufbau des Dritten Reiches durch seinen persönlichen<br />
Einsatz mitzuwirken." 37 Die Tatsache, daß der NSDAP-Kreisleiter Göttingens<br />
zufällig ein Astronom war und Heckmann persönlich gut kannte, ist <strong>für</strong> die seit<br />
1935 zunehmend wohlwollende Beurteilung Heckmanns durch die NSDAP-Kreisleitung<br />
von erheblicher Bedeutung gewesen 38 .<br />
Doch nicht nur Gengler, sondern auch der Leiter der Dozentenschaft der Technischen<br />
Hochschule Hannover kam in einem wenig später verfaßten Gutachten zu einer<br />
verhalten positiven Bewertung des „etwas grüblerisch und sehr überlegend" veranlagten<br />
Heckmann, der „zu der gerade in Göttingen so verbreiteten Sekte der hochgezüchteten<br />
Wissenschaftler [gehöre], die sich früher nie um politische Dinge gekümmert<br />
haben und aus diesem Grund mit großer Skepsis an jede Umstellung auf<br />
diesem Gebiet herangehen" 39 . Auch hier finden sich die <strong>für</strong> Gutachten von Mitgliedern<br />
der scientific Community typischen apologetischen Bemerkungen, mit denen<br />
die frühere Einstellung Heckmanns entschuldigt wird, bei dem es „lange gedauert<br />
[habe], bis er sich innerlich auf die große Linie eingestellt hat":<br />
„[Es] hat eine politisch leitende Hand gefehlt, die diesem an sich prachtvollen Menschen<br />
das nötige politische Denken vermittelte. Da Heckmann, soviel ich weiß, von<br />
jeher sozial eingestellt war, darf man taktlose Äußerungen, die er vielleicht in der<br />
Übereilung gemacht hat, nicht als Maßstab <strong>für</strong> seine Einstellung zum Nationalsozialismus<br />
werten, sie sind, wie ich ihn als übereifrigen Wissenschaftler kenne, wohl lediglich<br />
aus gewissen persönlichen Verärgerungen heraus entstanden. Kurz gesagt<br />
kann ich heute voll und ganz <strong>für</strong> ihn eintreten und würde mich freuen, wenn seine<br />
wissenschaftliche Kraft der Deutschen Astronomie erhalten bleibt." 40<br />
36<br />
Wie aus Gutachten Kienles und Schulers über Gengler vom 22. bzw. 29.6. 1933 hervorgeht, war<br />
Gengler ein von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft bezahlter Assistent Professor<br />
Schulers, der in der Uhrenabteilung arbeitete, UAG-K, Abt. XVI, IV C. Ursprünglich wollte Geng<br />
er zum 1.8. 1934 wegen der hauptamtlichen Übernahme der NSDAP Kreisleitung ausscheiden,<br />
doch nahm er diese Entscheidung im Oktober 1934 wieder zurück und bat lediglich um Beurlaubung<br />
und Vertretung seiner Stelle durch Dr. J. Wempe, dem diese Stelle bereits übertragen worden<br />
war; vgl. ebenda, Korrespondenz 20.7., 16.10. und 3. 12. 1934, die Stellungnahme Kienles über die<br />
Beurlaubung des außerplanmäßigen Assistenten Dr. Gengler, 20.6. 1935, und die Stellungnahme<br />
des REM vom 9.7. 1935, in dem die weitere Beurlaubung Dr. Genglers untersagt wird. Zum dadurch<br />
erzwungenen endgültigen Ausscheiden Genglers siehe ebenda, Gengier an den Kurator der<br />
Universität Göttingen, 9.9. 1935, sowie Hans Kienle, Jahresbericht der Göttinger Universitäts-<br />
Sternwarte, in: Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft 7 (1936), S. 189-192, hier S. 189.<br />
37<br />
BDC, Heckmann, Dr. Gengler an den Leiter der Dozentenschaft, Pg. Dr. W.Blume, Göttingen,<br />
11.3. 1935.<br />
38<br />
Dies zeigt u. a. BDC, Heckmann, Brief von Gengler an den Gaudozentenbundsführer Prof. Dr.<br />
Schürmann, 25. 11. 1938 (Hervorhebung im Original).<br />
39 BDC, Heckmann, Hase [?] an Gengler, 25.3. 1935, Durchschlag.<br />
40 Ebenda.