Möbel
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„DAR" Armlehnstuhl, 1950, Charles &<br />
Ray Eames, glasfaserverstärkter Polyester<br />
(GPR), „elefant hide", verchromt<br />
„Eiffelturm"-Gestell, Ausführung Herman<br />
Miller, Zeeland, (Foto: Quittenbaum<br />
München, Auktion 93A, Taxe 500-<br />
600 Euro)<br />
einer gezielten Entwicklung und<br />
kontinuierlichen Verbreitung von<br />
Kunststoffen mit verschiedenen Eigenschaften.<br />
In der Vergangenheit<br />
waren „künstliche" Konsumartikel<br />
überwiegend pauschal mit dem Makel<br />
des minderwertigen Substituts<br />
oder Kitsches belastet. Das „Odium<br />
des Ersatzes" haftete Kunststoffen<br />
und ihren Erzeugnissen sowohl in ihrer<br />
technischen wie in ihrer gestalterischen<br />
Qualität an. Die massenhaft<br />
seit den Dreißigern produzierten,<br />
spritzgegossenen Polystyrolartikel<br />
rissen und brachen ebenso schnell<br />
wie die Zelluloidartikel früherer Zeiten.<br />
Entsprechend wurden Erzeugnisse<br />
aus Kunststoff bald verworfen,<br />
jedenfalls eher als solche aus herkömmlichen<br />
Materialien. Selten sah<br />
man eine Veranlassung, Kunststoffartikel<br />
noch über die Kriege zu führen.<br />
Dass diese Dinge heute gesammelt<br />
werden, ist aber nicht allein<br />
dem Umstand zu verdanken, dass sie<br />
rar geworden sind, sondern vor allem<br />
der Erkenntnis erwachsen, ein<br />
bedeutendes Kulturgut, als das es<br />
aus der gewachsenen Akzeptanz<br />
während der Jahrzehnte seines Gebrauchs<br />
hervorging, zu bewahren.<br />
Bakelit hat bereits die Hürde vom billigen<br />
Ersatzstoff zum sammelwerten<br />
Kulturgut genommen, was<br />
sicherlich auch daran liegt, dass das<br />
Erkennen von Bakelitprodukten relativ<br />
leicht ist. Nun rücken verstärkt<br />
auch die Möbel, Geräte und Leuchten<br />
der folgenden Kunststoffgeneration<br />
aus ihrer Anonymität heraus.<br />
Auch sie werden nach und nach als<br />
historische Zeugen unserer Kulturgeschichte<br />
wahrgenommen und geschätzt.<br />
Während uns in der ersten Hälfte<br />
des vergangenen Jahrhunderts vor<br />
allem Zelluloid, Galalith und die ersten<br />
Duroplaste wie die Phenolharze<br />
und Aminoplaste begleiteten, ebnete<br />
die kriegsbedingte Forschung<br />
durch zahlreiche bahnbrechende<br />
Neuentwicklungen wie Polyvinylchlorid<br />
(PVC), Polystyrol (PS), Polymethacrylat<br />
(PMMA), Polyethylen (PE),<br />
Polypropylen (PP), Polyurethane<br />
(PUR) und Polyamide (PA) neue Wege<br />
für weitere zahlreiche Varianten und<br />
so genannte „Blends" (Mischungen)<br />
und „Compounds" (Verbundstoffe)<br />
mit immer wieder überragenden,<br />
bald „maßgeschneiderten" Gebrauchswerteigenschaften.<br />
Diese<br />
Kunststofffamilien, deren Rohstoffe<br />
seit den 50er-Jahren dann die Petrochemie<br />
lieferte, beeindruckten ihr<br />
Publikum vor allem durch ihre Formbarkeit<br />
und ihre relative Belastbarkeit,<br />
die ganz neue Anwendungen<br />
nahe legten, aber auch durch ihre<br />
verlockende Farbgebung und nicht<br />
KUNSTSTOFFE 53<br />
zuletzt durch ihre relativ niedrigen<br />
Preise. Zeitgleich begann man den<br />
Begriff „Plastik", den vor allem die<br />
Amerikaner einführten und der eine<br />
neue Wertschätzung bezeugte, dem<br />
eher negativ konnotierten Begriff<br />
„Kunststoff" vorzuziehen. Allenfalls<br />
waren manchen Verbrauchern noch<br />
die von der Industrie beworbenen<br />
Handelsnamen geläufig. Plastik<br />
hatte sich vom billigen Ersatzstoff<br />
für teure Naturmaterialien, wie<br />
Elfenbein und Schildpatt, zum eigenständigen<br />
Werkstoff, der dem Designer<br />
und Künstler erlaubt, individuelle<br />
und neue Ideen in Formen,<br />
Farben und Funktionen zu realisieren,<br />
gemausert. Mit Beginn des so<br />
genannten Wirtschaftswunders<br />
wurde Plastik mehr und mehr zum<br />
Symbol für preisgünstigen Wohlstand,<br />
für einen neuen Lebensstil<br />
und demonstrativer Abgrenzung von<br />
der jüngsten politischen Vergangenheit.<br />
Die massenhaft verbreiteten<br />
stillen Helfer und Diener bezeugten