Möbel
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stellung „Schaffendes Volk" (1937) in<br />
Düsseldorf liefen die Besucher erstmals<br />
über PVC-Böden. In England<br />
wurden die ersten Kunstlederprodukte<br />
für die Londoner Verkehrsbetriebe<br />
1941 geliefert. Und zum Ende<br />
des Krieges war die Herstellung von<br />
Kunstleder und PVC-beschichteten<br />
Produkten in den beteiligten Ländern<br />
soweit verbessert, dass mit<br />
„vinylite" nicht nur militärische und<br />
öffentliche Fahrzeuge aufgepolstert<br />
wurden, sondern auch PVC-beschichtete<br />
Stoffe (z.B. „Skai") nun<br />
vielfältige Anwendung im Wohnbereich<br />
fanden. Mitte der 60er-Jahre<br />
eröffnete es als transparentes Material<br />
für die PVC-Flasche und für aufblasbares<br />
Spielzeug oder Möbel wieder<br />
ganz neue Märkte. PVC trat so<br />
vielfältig auf, dass manche es als die<br />
tragende Säule des Kunststoffzeitalters<br />
bezeichneten und überzeugt<br />
waren, alles daraus herstellen zu<br />
können. Nachteile waren bis dahin<br />
nicht bekannt oder blieben unveröffentlicht.<br />
Von vergleichbarer Bedeutung<br />
für die Rüstung war Polymethylmethacrylat<br />
(PMMA), das der<br />
deutsche Chemiker Otto Röhm bis<br />
1936 entwickelte und „Plexiglas"<br />
nannte. In den USA wurde es etwas<br />
später als „Lucite" und in England als<br />
„Perspex" vertrieben. Als splitterfreier<br />
und leichter Ersatz für Glas<br />
fand es vielseitige Verwendung, vor<br />
allem für Flugzeugkanzeln. Nach<br />
dem Krieg interessierten sich zunächst<br />
nur die Hersteller der neuen<br />
„Jukeboxes" für das PMMA. Ihnen<br />
folgten die Schildermacher, die nun<br />
aufwändige Leuchtreklamen in Auftrag<br />
gaben, und erst danach die<br />
Automobilhersteller und Elektrofabrikanten.<br />
„Invisible Group”, Modell „Champagne”,<br />
Erwine und Estelle Laverne, nach 1957,<br />
Polymethylmethacryat, getönt, mit Sitzkissen,<br />
Ausführung Laverne Originals,<br />
New York, USA (Foto: Quittenbaum<br />
München, Auktion 73, Taxe 8.000 Euro)<br />
Polyethylen, der heute meistverwendete<br />
Kunststoff der Welt, konnte<br />
erstmals 1933 in den ICI-Laboratorien<br />
entwickelt werden. Um 1937/1938<br />
konnte die erste Polyethylenfabrik<br />
eröffnet werden und zum Ende des<br />
Jahres verkauften die Briten schon<br />
PE in die Vereinigten Staaten. Weil er<br />
sich als ein idealer Isolator für Leitungen<br />
erwies, in denen hochfrequente<br />
elektromagnetische Wellen<br />
sich in entgegengesetzte Richtungen<br />
bewegen konnten, wurde der<br />
größte Teil des britischen Polyethylens<br />
für Radarkabel verwendet. Sie<br />
ermöglichten die elektronische Abwehr<br />
nun auch in der Luft und brachten<br />
trotz der Übermacht der Nazis<br />
einen entscheidenden Wendepunkt<br />
des Krieges. Eine zivile Anwendung<br />
erfolgte erst nach dem Krieg.<br />
Ab 1938 nahmen Du Pont und die I.G.<br />
Farben die Produktion ihrer Polyamidfasern<br />
Nylon bzw. Perlon auf.<br />
Diese ersten vollständig synthetisch<br />
hergestellten Fasern spielten für die<br />
Kriegsindustrie eine wichtige Rolle,<br />
u.a. als Ausgangsmaterial für Fallschirme,<br />
wasserdichte Kleidung,<br />
Flugzeugreifen, für Schiffstaue ebenso<br />
wie für chirurgische Nähfäden. In<br />
der zivilen Produktion verwendete<br />
man das Polyamid zunächst nur für<br />
Zahnbürsten, bis 1940 in den USA<br />
der große Boom der Nylonstrümpfe<br />
begann, der nach dem Krieg mit<br />
Ankunft der Amerikaner nach Europa<br />
überschwappte und auch hier die<br />
Modewelt revolutionierte. Mit Polyamiden<br />
ließen sich ebenso Fasern<br />
wie große technische Teile, z.B.<br />
Schiffsschrauben, im Spritzgussverfahren<br />
herstellen. Als eindrucksvoll<br />
erwiesen sich die ersten Versuche<br />
der US Rubber Company, den Kunststoff<br />
mit langen Glasfasern für Flugzeugradarkanzeln<br />
und Parabolantennen<br />
zu verstärken. Auf deutscher<br />
Seite fanden erstmals geschäumte<br />
Kunststoffe im Flugzeug- und U-<br />
Bootbau als Ersatz für das leichte<br />
Balsaholz Verwendung. Die Entdeckung<br />
der Polyurethanschaumstoffe<br />
war Otto Bayer im Jahre 1937 gelungen.<br />
In der Nachkriegszeit übten sie<br />
dann Einfluss auf die Polstermöbelindustrie<br />
aus.<br />
VIERZIGER JAHRE<br />
KUNSTSTOFFE 55<br />
Nach dem Krieg war das Interesse<br />
für Kunststoffe wohl riesig, obwohl<br />
ihre Verwendung in der Geräte- und<br />
Möbelindustrie zunächst noch sehr<br />
verhalten blieb. Das änderte sich,<br />
nachdem das New Yorker Museum<br />
of Modern Art im dritten Friedensjahr<br />
1948 die Beiträge des Wettbe-