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Jahresbericht - Hannah-Arendt-Gymnasium

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sitive Welt“ folgen. Die Ungewissheiten, Alpträume, Ängste und Wünsche, die Sie<br />

mit dem Motto vielleicht auch andeuten, weisen aber durchaus auch auf Szenarien des<br />

„Apokalyptischen“ hin.<br />

So etwa dem, sich aus der Realität zurückzuziehen, der man unterworfen ist, sein<br />

„Heil“ in einer Entpersonalisierung zu suchen.<br />

Die Bewältigung der Realität aber fordert, so ist Ihnen klar, andere Formen und Strategien<br />

heraus, um in unserer heutigen „Risiko – Gesellschaft“ bestehen zu können.<br />

Solche Gedanken der Unsicherheit geben angesichts der von Ihnen noch zu treffenden<br />

oder schon getroffenen Entscheidung über Ausbildung oder Studium nicht nur ein unbestimmtes<br />

Gefühl individueller Schwierigkeiten wieder, ihre Ursache ist gerade auch<br />

im gesellschaftlichen Umfeld zu suchen. Das haben Sie längst in ihrer Umgebung erleben<br />

können: gestern noch „sichere“ Berufe wie im Bereich der Verwaltung, der<br />

Banken, des Gesundheitswesens sind genauso wenig vor Entlassung gefeit wie solche<br />

im industriellen Sektor.<br />

„Die Angst, überflüssig zu sein“, lautet die Überschrift eines Artikels in der Wochenzeitung<br />

„DIE ZEIT“ vom 19. Mai. Darin führt der amerikanische Soziologe Richard<br />

Sennett aus, dass der alte „soziale Kapitalismus“ sich auflöst, dass neue Institutionen<br />

ein geringes Maß an Loyalität und Vertrauen, dafür eine hohes Maß an Angst vor<br />

Nutzlosigkeit erzeugen. Trotz eines unvergleichlichen Reichtums, zumindest in Ländern<br />

des Nordens, sei es zu ökonomischer und materieller Ungleichheit gekommen.<br />

Entscheidend sei deshalb, so Sennett, die Angst der Menschen vor ihrer Überflüssigkeit<br />

zu stoppen.<br />

In einem weiteren Artikel derselben ZEIT - Reihe „Enjoy Capitalism“ ist von einer<br />

„entfesselten Ökonomie“ die Rede, die unsere ökologischen und kulturellen Grundlagen<br />

zerstöre.<br />

In einer Konsumgesellschaft, in der nur noch über Produkte Illusionen, Bilder von<br />

Glück, Freiheit und Schönheit, also Einstellungen und Lebensweisen verkauft werden,<br />

verblasst die Bedeutung substanzieller Lebensziele.<br />

Diese eher skeptisch bis pessimistisch bewerteten ökonomischen, sozialen und kulturellen<br />

Veränderungen in unserer Gesellschaft fordern uns zu einer Auseinandersetzung<br />

heraus, liebe Abiturientinnen und Abiturienten, liebe Eltern, bei der ich auch<br />

den Gedanken der Realitätsbewältigung wieder aufgreifen möchte.<br />

Dazu ein Bild, das dem Modell der „produktiven Realitätsverarbeitung“ des Pädagogen<br />

und Soziologen Klaus Hurrelmann nachempfunden ist:<br />

Ein junger Mensch (Frau oder Mann) balanciert auf einem dünnen, schwankenden<br />

Drahtseil (hier in der Drahtseilfabrik Gempt gut vorstellbar) mit einer Balancierstange.<br />

Hinter ihm oder ihr das Gestern, vor ihm das Morgen und unter seinen Füßen das Heute.<br />

Rechts von ihm seine persönliche, innere Realität, sein Selbstbild, die individuelle<br />

Identität , links die Gesellschaft, die äußere Realität, mit ihren sozialen, gesellschaftlichen<br />

Forderungen, zwischen denen, im Sinne der Persönlichkeits-entwicklung, die<br />

Balance gefunden und aktiv handelnd gehalten werden muss.<br />

Wo sehen Sie sich bei diesem „Drahtseilakt“? Streben Sie mit großen sicheren Schritten<br />

dem „Morgen“ entgegen, stehen Sie ganz im „Heute“ oder schauen Sie lieber auf<br />

das „Gestern“ zurück?<br />

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