vertrieb - Staufenbiel
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03 2011 <strong>Staufenbiel</strong> Karrieremagazin<br />
TITEL Networking<br />
nicHT verneTzT<br />
niemAnd<br />
Hilfe, ich bin nicht vernetzt. Ich zwitschere nicht,<br />
wenn ich gerade unter der Dusche stehe. Ich teile<br />
niemanden online mit, wenn ich gerade einkaufen<br />
gehe (außer meiner Madame vielleicht, falls<br />
wir noch Pecorino brauchen oder Pellegrino).<br />
Zeitweise glaubte ich, dass ich überhaupt kein<br />
Profil besitze, doch jetzt habe ich eine neue<br />
Sprachregelung: Ich habe kein Profil bei Xingeling,<br />
gar keins, nicht mal eins, dass nur angemeldete<br />
Besucher ansehen dürfen.<br />
Wahnsinnig toll, was ich da von Xingeling<br />
Gruppen gehört habe. Erst stellen sie ihre Profile ins<br />
Netz und dann treffen sie sich persönlich, irgendwo an<br />
dem Ort, wo sie wohnen. Und wer kommt bevorzugt<br />
dahin? Leute, die Versicherungen verkaufen, Seminare<br />
anbieten oder sonst etwas losschlagen wollen und auch<br />
einsame Herzen. Prima, denke ich, dass brauche ich<br />
weder on noch offline.<br />
Ich mach' nicht mit beim Facebooking, weil ich nicht<br />
möchte, dass ich mich immer melden muss, wenn ich<br />
eine neue Idee der FacebookMillionäre – Gesichtserkennung!<br />
– nicht gleich goutiere. Ich möchte nicht,<br />
dass andere meine Daten monetarisieren. Ich will auch<br />
keine 500 sogenannten Freunde, von denen ich vielleicht<br />
fünf persönlich kenne. Ich möchte keine Followers,<br />
weil ich manchmal auch möchte, dass mir niemand<br />
folgt. Früher nannte man das Alleinsein, Muße,<br />
Ruhe. Aber das ist natürlich total altmodisch.<br />
Hilfe, ich bin altmodisch. Denn ich kann Wein kaufen,<br />
ohne einen Browser zu öffnen. Ich gehe einfach zu<br />
meinem Lieblingsweinhändler und bespreche mit ihm<br />
meine speziellen Wünsche. Er empfiehlt mir dann etwas<br />
und – Überraschung! – es ist oft etwas, was ich<br />
ohne seine Hilfe nicht entdeckt hätte. Ja, ja, ich weiß,<br />
dass es Foren gibt und Bewertungsportale, ich finde<br />
aber Kirchenportale im toskanischen Hinterland viel<br />
interessanter, weil ich sie selbst betreten kann, die Wärme<br />
der Steine, die Kühle der Kirche selbst spüren kann<br />
und den Duft eines Espresso aus dem naheliegenden<br />
Café mit meiner eigenen Nase wahrnehmen kann.<br />
Hilfe, ich bin nicht vernetzt. Wenn mir etwas wirklich<br />
gefällt, dann sage ich es auch und drücke keinen Button.<br />
Ich muss nicht liken, posten oder adden. Ich sage<br />
es direkt zu einer Person (meiner Madame vielleicht zu<br />
selten) und ich will auch nicht, dass gleich jeder in der<br />
Galaxie weiß, welche Webseiten mir persönlich gefallen,<br />
ja persönlich. Wirklich total altmodisch. Wenn ich<br />
mit Freunden telefoniere, kann niemand sonst zuhören,<br />
niemand sonst weiß, wo ich gerade bin (außer meiner<br />
Madame vielleicht) und im Netz steht auch nicht, wer<br />
meine Freunde sind.<br />
Ich bin Niemand – aber nicht gläsern.<br />
Nick Name<br />
38 staufenbiel.de<br />
© ISTOCKPHOTO/SAMBURT<br />
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